Verbraucherschutz

Vertragstreue angemahnt

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Zuerst waren Bausparkassen in die Kritik geraten. Nun kritisieren Verbraucherschützer, dass auch Kreditinstitute zunehmend versuchen, ihre Kunden aus gut verzinsten, langfristigen Sparverträgen hinaus zu drängen oder diese Verträge zu kündigen.

Eine eigene Untersuchung dazu hat das Marktwächterteam der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Basis bundesweit erhobener Verbraucherbeschwerden zum Thema durchgeführt (die vollständige Untersuchung ist in unserem Research-Bereich unter kreditwesen.de nachzulesen). Ihr Fazit: Die aufgezeigten Finanzinstitute stellen das Prinzip der Vertragstreue infrage.

Das Verhalten der Unternehmen, so die Untersuchung, setzt sich meist aus verschiedenen Facetten zusammen. Weil bei langlaufenden Sparverträgen häufig keine Kündigung seitens der Anbieter vorgesehen ist, werde versucht, den Kunden zu beeinflussen, damit er einer Vertragsauflösung zustimmt. Das geschieht den Verbraucherschützern zufolge zum Beispiel im Beratungsgespräch, was für die Bank oder Sparkasse den Vorteil hat, dass es in diesem Fall keine Widerrufsfrist gibt. Zudem könnten Berater im persönlichen Gespräch Dinge behaupten, die rechtlich kaum durchsetzbar sind. Mündliche Falsch aussagen sind aber nur schwer nachweisbar.

Häufig werden den Erfahrungen der Verbraucherschützer zufolge Verträge auch einseitig dargestellt, etwa indem allein auf die Nachteile bestehender Verträge hingewiesen wird, während neue Angebote als vorteilhaft geschildert werden. Dadurch können Kunden verunsichert werden, sodass sie glauben, es bestehe Handlungsbedarf, und den bestehenden Altvertrag kündigen.

Klappt die Beeinflussung der Kunden nicht, dann versuchen manche Anbieter, Verträge zu kündigen. Etliche Sparkassen haben sich dabei dem Marktwächterteam zufolge auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit berufen, das sie dazu zwinge, Prämiensparverträge zu beenden. Nur in wenigen Fällen wurden dabei alle vereinbarten Zinsen vorab bezahlt oder den Kunden zumindest ein finanzieller Ausgleich angeboten.

Als positives Beispiel hervorgehoben wird die HKB Bank, die ihren Kunden im Juni 2017 mitteilte, sie habe sich aufgrund der "aktuellen Markt- und Wettbewerbssituation innerhalb des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes" entschieden, sich vom Einlagengeschäft zurückzuziehen. Kunden mit bestehenden Festgeldanlagen bot sie deshalb an, das Festgeldkonto vorzeitig aufzulösen und den Anlagebetrag diesmal zuzüglich der bis zum ursprünglichen Laufzeitende zustehenden Zinsen auszuzahlen. Die Bank erfüllte damit die Verträge vorzeitig, was nach Einschätzung der Verbraucherschützer ein faires Vorgehen im Sinne der Kunden ist.

Inwieweit bei langfristigen Sparverträgen tatsächlich ein Kündigungsrecht seitens der Bank oder Sparkasse besteht, ist nicht immer ganz eindeutig, zum Beispiel dann, wenn das Vertragsende nicht aus den Vertrags- oder Verkaufsunterlagen hervorgeht, die bei Vertragsabschluss ausgehändigten Produktflyer jedoch den Eindruck erwecken, der Zeitpunkt der Vertragsbeendigung liege ganz im Belieben des Kunden. Insofern haben die Verbraucherschützer vermutlich recht, wenn sie das Fazit ziehen, dass die Frage der Kündigungsrechte bei langlaufenden Sparverträgen wohl gerichtlich wird geklärt werden müssen, ähnlich wie bereits die Kündigung von Bausparverträgen die Gerichte beschäftigt hat.

Klar ist jedoch schon heute: Nachvollziehbar ist der Wunsch der Anbieterseite, sich von teuren Altververträgen zu trennen, auf jeden Fall. Ob sich ein Vorgehen, wie es die Verbraucherschützer kritisieren, tatsächlich rechnet, ist aber eine andere Frage. Denn selbst dann, wenn die genannten Vorgehensweisen letztlich zum Ziel führen, hat dies einen Preis, und zwar in Form negativer Berichterstattung in den Medien und entsprechender Mund-zu-Mund-Propaganda. Wer den Grundsatz "Pacta sunt servanda" nur dann zur Maxime macht, wenn er den eigenen Interessen dient, der kann sich damit nicht als vertrauenswürdiger Anbieter positionieren. Gerade darauf jedoch sind Sparkassen und Volksbanken angewiesen, wenn sie schon im Konditionenwettbewerb häufig nicht mit Direktbanken und Fintechs mithalten können.

Dass dies viele Institute verstanden haben, zeigt die Auswertung der Verbraucherzentrale Stuttgart ebenfalls. Denn es ist nur eine Minderheit, der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die die kritisierten Vorgehensweisen praktiziert. Unter den Sparkassen liegen den Verbraucherschützern Fälle bei gerade einmal 16 Instituten vor. Red.

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