BANK UND TECHNIK

Cloud Computing in der Finanzbranche - es führt kein Weg vorbei

Jens Prommer, Foto: Union Investment

Finanzdienstleister im deutschsprachigen Raum dürfen sich dem weltweiten Trend in die Cloud nicht verschließen, wenn sie nicht abgehängt werden wollen. Dessen sind sich die Autoren sicher. Die Erkenntnis, dass die Cloud zum Schlüsselelement zukünftiger Leistungsfähigkeit wird, setze sich jedoch immer mehr durch. Treiber dabei sind Innovationsdruck, Compliance und Regulierung. Der Sorge um die Datensicherheit halten die Autoren die Fülle an Vorgaben und Standards entgegen, die Anbieter erfüllen müssen. Unter dem Strich, so ihr Fazit, überwiegen die Vorteile der Cloud. Red.

Für Unternehmen in der Finanzdienstleistung verspricht die Auslagerung von IT in die Cloud höhere Effizienz. Kein Wunder also, dass der Schritt in die Cloud gerade voll im Gange ist. Damit folgt die Finanzindustrie einem Trend, der in anderen Branchen bereits viel weiter fortgeschritten ist. Denn die Anforderungen an die Finanzdienstleister sind im Spannungsfeld Sicherheit - Verfügbarkeit - Wirtschaftlichkeit denkbar hoch.

Schlüsselelement zukünftiger Leistungsfähigkeit

Was genau treibt Unternehmen aus der Finanzbranche zum Einsatz von Cloud-Anwendungen, welche Herausforderungen bestehen und welche Rolle nimmt die Datensicherheit dabei ein? In der explorativen Studie "Communication 4.0 - Communication & Collaboration in der Cloud" geben Führungskräfte und Technologie-Verantwortliche aus der Finanzdienstleistungsbranche Antworten.

"Mit der Digitalisierung erleben wir den größten Wandel der Arbeitswelt seit der industriellen Revolution", so das Statement von Microsoft vor drei Jahren. Heute gibt es wohl kaum jemanden mehr, der daran zweifelt. Getrieben wird dieser Wandel von den veränderten Erwartungen der Mitarbeiter, richtungsweisenden Technologien, wie Künstliche Intelligenz und einem immer komplexeren und konkurrenzgetriebenen Arbeitsumfeld.

Die Cloud wird zum "Business Enabler"

Auch Finanzdienstleister sehen sich heute einem zunehmenden Wettbewerbsdruck durch Fintechs gegenüber. Sie müssen daher ihre Abläufe rationalisieren und ihren Kunden ein differenziertes Nutzungserlebnis bieten. Diese Entwicklung in Verbindung mit der wachsenden Belastung durch die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sowie der Datenschutz und Sicherheitsaspekte treiben Führungskräfte und IT-Verantwortliche dazu, die technologischen Grundlagen ihrer Institutionen grundlegend zu überdenken und zu verändern.

Effiziente Informationstechnologie, insbesondere Cloud-Technologie, wird dabei als ein Schlüsselelement zukünftiger Leistungsfähigkeit angesehen. Finanzdienstleister beginnen die Cloud als Business Enabler zu betrachten, denn durch die richtige Cloud-Plattform können sie deutlich effizienter arbeiten und Neuerungen schneller an den Markt bringen.

Innovationsdruck und Kosten als treibende Faktoren

Die Cloud bietet die Möglichkeit, vernetzt zusammen zu arbeiten - von jedem Ort, zu jeder Zeit - und das, ohne Abstriche in Sachen Wissenstransfer und Austausch. Für die Herausforderung, immer mehr Themen in unterschiedlicher Zusammensetzung mit Menschen an verschiedenen Standorten (und mit verschiedenen Endgeräten) zu bewältigen, werden Workrooms (zum Beispiel in einer Cloud) in den regulären Arbeitsprozessen immer weniger verzichtbar. Jederzeit und überall Zugriff auf seine Daten und Unter lagen zu haben, wird immer mehr zur Normalität.

Uneingeschränkter und schneller Datenzugriff, Entlastung interner Ressourcen und Kostensenkung sind weitere Gründe, die Finanzdienstleister von Cloud Lösungen überzeugen. Zudem treiben der Innovationsdruck und der schnelle technische Fortschritt die Einführung von Cloud-Software entscheidend voran. Viele Dienste gibt es nur noch cloudbasiert. Außerdem wird die Komplexität der On-Premise-Lösungen nicht geringer. Daher ist man bestrebt, immer mehr in Richtung Cloud-Services zu gehen.

Compliance-Anforderungen gerecht werden

Die rechtlichen Rahmenbedingungen verändern sich immer schneller. Neue und überarbeitete Regularien in der Finanzbranche haben erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmens- und Kundenkommunikation. Etablierte Finanzdienstleister müssen ihre Geschäftsmodelle, Organisationsstrukturen und Technologieinfrastrukturen flexibel anpassen.

So hat sich durch die neue Fassung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II das regulatorische Umfeld für Banken verschärft. Der Gesetzgeber fordert eine komplette, beweissichere Dokumentation und Archivierung aller Gespräche im Rahmen von Finanz- und Anlageberatung, die zu einem Abschluss führen oder führen können. Eine Lösung zur rechtssicheren Aufzeichnung sowie zur manipulationssicheren Dokumentation und Speicherung von Beratungsgesprächen über sämtliche Kommunikationskanäle hinweg ist daher obligatorisch.

In der täglichen Praxis ist die Abgrenzung, ob das Gespräch aufzeichnungspflichtig ist oder nicht, schwer zu treffen. Unternehmen benötigen deshalb eine enorme Menge an Speicherkapazität und Rechenleistung. Der Bedarf nimmt mit immer weiter steigenden Datenmengen exponentiell zu, sodass zwangsläufig jede rein intern organisierte Unternehmens-IT an ihre Grenzen gelangt.

Zudem stellt sich das Problem, dass viele On-Premise-Lösungen in der Finanzbrache über Jahrzehnte gewachsen sind und ein Umbau nur mit hohen Kosten vonstattengehen kann. Hier bietet die Cloud die Möglichkeit, Lösungen flexibel, günstig und schnell bereitzustellen. Entscheidend ist, dass man heute nicht mehr kaufen muss, was in fünf Jahren eventuell benötigt wird.

Datensicherheit oftmals sogar besser

Insbesondere für Banken muss neben der Einhaltung von Compliance-Vorgaben auch die Datensicherheit gewährleistet sein. Die Weitergabe und Speicherung vertraulicher Inhalte ist äußerst sensibel. Daher muss der Cloud Anbieter genauestens auf seine Sicherheitsmechanismen, Datentransport, Datenspeicherung, Datenadministration und Ort der Datenhaltung überprüft werden.

Für viele Unternehmen ist die gefürchtete Unsicherheit der Daten der Hauptgrund, warum sie aktuell vor der Cloud zurückschrecken. Deshalb ist es ausschlaggebend, dass Cloud-Anbieter diese Anforderungen erfüllen und dahingehend Klarheit und Transparenz schaffen, wenn sie im Wettbewerb um neue Kunden ihre Chancen wahren wollen.

Mittlerweile gibt es eine Fülle an Standards, die Vorgaben hinsichtlich Sicherheit, Datenschutz und gesetzlicher Vorschriften regeln. Erfüllt ein Cloud-Anbieter solche Standards, wissen Kunden, dass ihre Daten ordnungsgemäß verarbeitet und gespeichert werden. Unter dem Strich kann bei einer Cloud-Architektur das Sicherheitsthema sogar in vielen Fällen besser abgebildet werden als bei einer On-Premise-Lösung. Cloud Service Anbieter haben meist umfangreiche Erfahrungen in Bezug auf Normen und behördliche Auflagen und führen weltweit einen regen Austausch mit Regulatoren. So steht das Thema Sicherheit bei Cloud Dienstleistern stärker im Vordergrund als in vielen hierauf nicht spezialisierten Unternehmensrechenzentren.

Die Vorteile überwiegen

Bei immer mehr Instituten setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Vorteile von Cloud Computing überwiegen. Zudem kann die Cloud sogar die Antwort auf viele gesetzliche Anforderungen in der Finanzbranche sein. Denn der Betrieb von umfassenden Governance-, Risiko- und Compliance-Programmen stellt eine große Herausforderung dar. Es gilt Risiken in allen Geschäftsbereichen, globale gesetzliche Regelungen und eine große Anzahl von Mitarbeitern zu steuern und zu verwalten.

Durch die Bereitstellung von praktisch unbegrenzter Rechen- und Speicherkapazität und der Integration unterschiedlicher Datenquellen kann die Cloud eine gute Alternative sein. Umfangreiche Sicherheitszertifizierungen und -akkreditierungen und eine umfassende physische Sicherheitsstrategie des Cloud-Anbieters, aber auch der konsequente Einsatz von Verschlüsselungstechnologien sind dabei wichtige Faktoren.

Auch wenn es unterschiedliche Anforderungen, Strukturen und Rahmenbedingungen in den Unternehmen gibt, dürfen Finanzdienstleister im deutschsprachigen Raum sich der globalen Entwicklung nicht komplett verschließen. Ansonsten werden sie mittel bis langfristig von der internationalen Konkurrenz abgehängt.

Für die explorative Studie "Communications 4.0 - Communication & Collaboration in der Cloud" der ASC Technologies AG wurden 15 Experten aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Luxemburg in Tiefeninterviews befragt, darunter hauptsächlich Führungskräfte und Technologie-Verantwortliche aus Banken, Versicherungen, Organisationen der öffentlichen Sicherheit und Contact Centern. Die Studie ist kostenfrei erhältlich unter: www.asc.de/german/Cloud_Study.html

Jens Prommer, Senior Business Expert, Union Investment Service Bank AG
Gerald Kromer, CEO, ASC Technologies AG
Jens Prommer , Senior Business Expert, Union Investment Service Bank AG
Gerald Kromer , CEO, ASC Technologies AG

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