VERBUNDSTRATEGIE

Firmenkundengeschäft - die Generation der Nachfolger einbeziehen

Bertram Theilacker, Foto: Naspa

Im Firmenkundengeschäft konnten die Sparkassen ihren Marktanteil seit 2013 ausbauen, sagt Bertram Theilacker. Auf diesen Lorbeeren dürfen sie sich jedoch nicht ausruhen. Denn wenn die Kundebeziehung viele Jahre gut funktioniert läuft jede Bank Gefahr, sich zu sehr an den langjährigen und bisherigen Entscheidungsträgern zu orientieren. Altbewährte Strukturen werden selten hinterfragt. Deshalb gilt es, Nachfolger, die oft bereits im Unternehmen sind, frühzeitig einzubinden und sich auf deren Agenda einzustellen, die signifikante Änderungen vorsehen kann. Wenn das gelingt, kann die Unternehmensnachfolge zur Chance für die Hausbank werden. Red.

Die Zeiten sind schnelllebig. Viele Branchen werden von schnellen und disruptiven Veränderungen heimgesucht. Da hilft es nicht, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Professionelle Firmenkundenberatung und das Know-how von Banken und Sparkassen kann bei der zukunftsgerichteten Aufstellung des Firmenkundengeschäfts eine wichtige Rolle spielen. Diese ist nicht zu unterschätzen, wie eine nähere Betrachtung der Marktzahlen nahelegt: Die geschätzten Bruttoerlöse (Zins- und Provisionsüberschuss) von Banken im deutschen Firmenkundengeschäft sind nach einer Berechnung von Roland Berger1)seit 2011 rückläufig; die Anzahl der Bankverbindungen, die Mittelstandsunternehmen - das Gros der deutschen Wirtschaft - pflegen, sind seit 2010 um gute 25 Prozent zurückgegangen.2)

Dazu kommt: Die Banken selbst stehen in einem herausfordernden Umfeld von steigender Regulatorik und anspruchsvoller Digitalisierung. Gleichzeitig fallen aufgrund eines intensiveren Wettbewerbs, höherer Transparenz und einer längeren Zinsbindung die Margen: Für Neuabschlüsse von Investitionskrediten über eine Million Euro wurden 2012 durchschnittlich noch zwei Prozent Zins verlangt; im Jahr 2018 lag dieser Wert bei 1,3 Prozent.

Regional punktet

Zuletzt waren die Regionalbanken mit klassischen Erfolgsfaktoren die Gewinner im Verdrängungswettbewerb innerhalb der Banken: Seit 2013 haben die Sparkassen mit Marktnähe, Betreuungskontinuität und kompetenten Entscheidern vor Ort ihre Ertragsmarktanteile von 24 Prozent auf 27 Prozent ausbauen können, während Landesbanken, Großbanken und Sonstige an Boden verloren haben.3) Die Nassauische Sparkasse (Naspa) kann da mithalten und bewirtschaftet ein attraktives Geschäftsgebiet, wie ein Blick auf die regionale Verteilung des Ertragspotenzials zeigt:4) Die Rhein-Main-Region kann in dieser Hinsicht als privilegiert bezeichnet werden.

Auf die Naspa vertrauen in der Region insgesamt 2 100 Firmen-, 8 000 Gewerbe- und 11 000 Geschäftskundenverbünde. Die jungen Unternehmer hat die Sparkasse dabei fest im Blick. Um diese Kundengruppe proaktiv und individuell anzusprechen, wurde eine Arbeitsgruppe mit den jüngsten Beratern in jedem Firmenkundenbereich zusammengestellt, die sich systematisch mit den Herausforderungen der Unternehmensnachfolge befasst haben.

Nachfolgeplanung - den Kontakt zu den Jungen suchen

Kompetenzen in der Nachfolgeplanung sind gefragt: Gerade die regionalen Institute nehmen in der engen Zusammenarbeit mit dem Unternehmer meist eine führende Rolle bei der Organisation der Nachfolge ein. Dies umfasst die Koordination vieler an derer beteiligter Akteure, wie Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und anderer Berater. Nicht nur die große Anzahl benötigter Fachexperten, auch ihre Vielschichtigkeit macht die Disziplin komplex: Die Nachfolgeplanung bewegt sich in einem weiten Spektrum von Finanzmathematik bis hin zur Psychologie.

Apropos Psychologie: Familienunternehmen tun sich erfahrungsgemäß schwer, eine Nachfolgeplanung frühzeitig einzuleiten. Die Hausbank sollte daher mit allen ihr zur Verfügung stehenden Argumenten und Erfahrungswerten darauf aufmerksam machen, dass eine rechtzeitige Initiation der Unternehmensübergabe im Interesse aller Beteiligten ist - insbesondere der jungen Nachfolger. Diese profitieren am meisten, wenn das Unternehmen geordnet und sukzessive übergeben wird. Ein plötzliches Ableben des Eigentümers ohne Vorbereitungen ist der Fall, der in der Praxis leider immer wieder auftaucht und unbedingt verhindert werden sollte. Oftmals wird eine Nachfolgeplanung auch angestoßen und dann nicht vollendet.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass für den Bankvertrieb der Stabwechsel im Unternehmen ein Moment der Chancen, aber auch des Risikos sein kann: Die Agenda der Jungen sieht oft signifikante Änderungen im Unternehmen vor, darunter meist auch das Reporting.

Mit den veränderten Steuerungsmodellen ergeben sich auch veränderte Schnittstellen zur Bank. Sensibel zu sein für die gegebenenfalls anderen Anforderungen der nächsten Generation, ist die Grundlage guter Beratung. Finanzinstitute sind gut beraten, den Kontakt zu jungen Nachfolgern zu suchen - und somit voneinander zu lernen.

Drei Erfolgsfaktoren

Bei einer auf die Zukunft ausgerichteten Strategie im Firmenkundengeschäft gibt es drei konkrete Anknüpfungspunkte - drei Zauberworte, wenn man so will:

- strukturiertes Vorgehen,

- Fokussierung,

- Mitarbeitern Orientierung geben.

Zu oft geht der Vertrieb von Banken reaktiv statt aktiv vor und legt den Fokus nicht auf Kunden mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit. Außerdem werden Kundentypen häufig nicht unterschieden, und es gibt keine systematische Maßnahmenplanung.

Die Lösung ist eine Beraterunterstützung durch ein systematisches Zielkundenkonzept. Der richtige Kunde muss auf das Richtige angesprochen werden - und zwar genau dann, wenn der Bedarf da und unser Angebot die passende Lösung zur richtigen Zeit ist. Eine coachende Kundenbegleitung mit Einbindung der verfügbaren Spezialisten ist dabei erfolgskritisch, denn das nutzt dem Kunden essenziell, und auch für die Bank folgen nachhaltige Ertragssteigerungen.

Alle Firmen- und Gewerbekunden durchlaufen deshalb bei der Naspa jährlich ein Benchmarking, bei dem ihr Bedarf - also auch für die Bank offene Potenziale - ermittelt werden. Anschließend werden 20 Prozent der Kunden als Zielkunden definiert und verbindliche Maßnahmen geplant.

Themen der jungen Generation berücksichtigen

Die Berater, das Know-how der hausinternen Spezialberater und die konkrete Einzeldurchsicht aller Zielkunden gewährleisten, dass die Zielkunden auf ihre konkrete Situation mit den passenden Lösungen angesprochen werden.

Die Hausbank-Beziehung ist oft von einem besonderen Vertrauen geprägt, aber welche Personen sind eigentlich persönlich involviert? Wenn der junge Nachfolger oder die Nachfolgerin, wie in vielen Fällen, nicht oder nicht ganz dazugehört, sollte man sich als Bank Sorgen machen. Sie müssen einbezogen werden.

Gleichzeitig ist im Mittelstand die Bank beziehungsweise Sparkasse als unternehmerischer Gestaltungspartner auch oft nur noch in zweiter Linie gefragt: Ein typisches Bankenthema wie Finanzierung findet sich laut der zeb-Firmenkundenstudie 6.0 aus dem Jahr 2017 auf der Prioritätenliste erst auf Platz acht wieder.

Themen wie Innovation, Fachkräftegewinnung/-bindung und Digitalisierung dominieren den Diskurs. Das sind offensichtlich auch in besonderer Weise Themen der jungen Generation.

Banken und Sparkassen tun also gut daran, sich bei ihrem Angebot breit und offen aufzustellen. Die Nachfolgeplanung kann da als Einstieg sicherlich hilfreich sein. Denn neben der Gründung gibt es kaum ein tiefer greifendes Ereignis im Leben eines Unternehmens als das Management eines Generationenwechsels.

Das Volumen ist dabei beachtlich: In 2018 hatten nach der KfW-Studie "Generationenwechsel im Mittelstand" 236 000 Inhaber kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) den Rückzug aus ihrem Unternehmen geplant; sie wollen das Unternehmen definitiv in die Hände einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers legen. Das sind allein sechs Prozent aller kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland bis Ende dieses Jahres.

Generationenwechsel blockiert Investitionsfreude

Der zeitnah bevorstehende Generationenwechsel in der Inhaberschaft, gepaart mit einem generell recht hohen Alter des Inhabers blockiert Investitionsfreude.

- Einerseits herrscht bei Alteigentümern von kleinen und mittelgroßen Unternehmen vor ihrem Rückzug Unsicherheit, ob ein potenzieller Nachfolger den künftigen Ertrag einer Investition gleich hoch bewertet wie sie selbst - und dies entsprechend im Kaufpreis berücksichtigt.

- Andererseits besitzen viele Investitionen bei fortgeschrittenem Alter aus der Sicht des Inhabers eine zu lange Amortisationszeit. Der Wunsch, in hohem Alter keine langjährigen finanziellen Verpflichtungen einzugehen ist dann ausgeprägt.5)

Stabübergabe als Chance für die Hausbank

Daher ist es nicht verwunderlich, dass direkt nach dem Wechsel die Investitionen deutlich ansteigen. Einen besseren Zugang kann sich keine Bank oder Sparkasse wünschen.

Dabei haben die Jungen auch Verständnis dafür, dass das Firmenkundengeschäft nicht per se hochkomplex und individuell ist: Standardisierbares darf standardisiert werden. Komplexes wird bei der Naspa künftig auch weiterhin persönlich bearbeitet, aber der Preis für den Maßanzug muss natürlich stimmen. Der Vertrieb agiert dabei immer nach einer festen Ablaufstruktur, ein zentrales Vertriebsmanagement und -controlling übernimmt die Steuerung.

Ein finanzielles Sorgenfeld der jungen Nachfolger in weiten Teilen des Mittelstandes sind zweifelsohne die noch nicht geklärten Fragen bei der Anwendung des neuen Erbschaftsteuergesetzes. Nach Angaben der IHK treibt dieses Thema so viele Unternehmer wie noch nie um (25 Prozent).6) Banken und Sparkassen sind aufgefordert, hier unterstützend zur Seite zu stehen und finanzielle Engpässe mit Krediten zu überbrücken.

Private Seite und persönliches Banking verbinden

Das Firmenkundengeschäft hat eine private Seite: Der Unternehmer und seine Familie sollten auch mit anderen Finanzdienstleistungen wie Wertpapiergeschäft/Vermögensverwaltung oder privaten Finanzierungen versorgt werden.

Erfolgreiches Firmenkundengeschäft vergisst diese nicht, sondern - ganz im Gegenteil - bietet sie aktiv an. Denn im Gegensatz zu amerikanischen Internetkonzernen, die per Algorithmus weitere passende Produkte anbieten, kennen die Berater aus langjähriger Erfahrung, was Kunden in ähnlichen Situationen auch geholfen hat. Hier zahlt sich die persönliche und regionale Nähe, gepaart mit dem Know-how der Sparkassen-Finanzgruppe für die Firmenkunden aus und bietet einen deutlichen Mehrwert - für die ältere und für die neue Generation.

Fußnoten

1) Vgl. Roland Berger (2017): Corporate Banking 2020, S. 4

2) Vgl. zeb (2017): zeb-Firmenkundenstudie 6.0, S. 7

3) Vgl. zeb (2017): zeb-Firmenkundenstudie 6.0, S. 13

4) Vgl. Roland Berger (2017): Corporate Banking 2020, S. 9

5) Vgl. KfW (2018): Generationenwechsel im Mittelstand, S. 6

6) Vgl. DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2018, S. 8

Bertram Theilacker, Mitglied des Vorstands, Nassauische Sparkasse (Naspa), Wiesbaden
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Bertram Theilacker , Mitglied des Vorstands , Nassauische Sparkasse (Naspa), Wiesbaden
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