ERTRAGSPOLITIK

Die hybride Finanzberatung schafft Transparenz

Stephan Schug, Foto: wealthpilot

In der hybriden Anlageberatung geht es um Transparenz in zweierlei Hinsicht, sagt Stephan Schug: Gerade für die bisher schwer adäquat zu bedienenden Mass Affluents lässt sich mit Datenaggregation ein detaillierter Gesamtüberblick über die Vermögensanlagen schaffen. Zum anderen erhält der Kunde auch eine Kostenübersicht zu den Produkten in seiner Vermögensbilanz. So können Kostenfallen offen gelegt und perspektivisch neben dem reinen Kostenvergleich auch eine Kosten-/Nutzen-Bilanz gezogen werden. Red.

Schon lange vor Corona hatte sich in der Bankenbranche ein Trend abgezeichnet: Von der Überweisung über den Kauf einer Geldanlage bis hin zum Erwerb einzelner Aktientitel - Endkunden wickeln ihre Bankgeschäfte immer häufiger online ab. Die aktuelle Pandemie hat diesen Effekt sogar noch weiter verstärkt. Die klassischen Servicetätigkeiten bei einem Filialbesuch sind damit rückläufig. Nur noch in vereinzelten Fällen suchen Kunden ihre Hausbank auch persönlich auf. Die großen Banken reagieren darauf mit Fusionen, suchen Synergien in den Filialnetzwerken und schließen damit auch immer wieder einzelne Niederlassungen. Dennoch halten mehr als 80 Prozent der Kunden ihren Bankberater für unentbehrlich und wünschen sich im Rahmen ihrer Finanzplanung auch ausdrücklich mehr persönlichen Austausch. Das gilt gerade in Krisenzeiten, in denen es an der Börse auf und ab geht.

Auch unabhängig von diesen aktuellen Bedingungen zeichnen sich weitere Trends mit Blick auf Digitalisierung ab, wie unter anderem auch der World Fintech Report 2020 von Capgemini zeigt. So sehen sich rund zwei Drittel der Bankkunden nach einem neuen Anbieter für ihre Online-Bankgeschäfte um, weil sie mit der Benutzerfreundlichkeit bei den traditionellen Anbietern aktuell nicht zufrieden sind. Mehr als die Hälfte der Bankkunden hat nicht die Möglichkeit, über eine einzige Plattform all ihre Konten und Assets, beispielsweise bei der Hausbank, der Direktbank und bei ihrem Onlinebroker in einer Übersicht zusammenzubringen.

Anforderungen der Mass Affluents immer schwerer zu erfüllen

Überhaupt erwarten die Kunden einen besseren digitalen Service, der über die Aggregation und verständliche Präsentation ihrer Daten hinausgeht: Der Mehrzahl wäre es wichtig, auch eine Online-Beratung von ihrer Bank angeboten zu bekommen. Wenn auch die klassischen Bank-Services bereits häufig online genutzt werden, erwarten die Kunden bei Anlagethemen wie Aktienkauf, Depot-Rebalancing oder Geldanlagen in Fonds eine entsprechend professionelle Beratung.

Gestiegene Anforderungen in der Beratung treffen also auf ein Filialnetzwerk, das immer mehr zusammenfasst, konsolidiert und weniger Abdeckung bietet. Gerade bei der Zielgruppe der Mass Affluents, also der gehobenen Mittelklasse, die über Assets in Höhe von 100 000 Euro und mehr verfügt, wird das für die Banken zum Dilemma. Immerhin stellt diese Gruppe weltweit eine halbe Milliarde potenzielle Kunden. Die Banken wollen diese finanzkräftige Klientel nicht verlieren, es wird aber zunehmend zu einer Herausforderung, den Ansprüchen dieser Zielgruppe gerecht zu werden. Einen 100 Prozent persönlichen Beratungsansatz wie im Private Banking zu fahren, wäre für die Banken mit einem zu hohen Aufwand verbunden.

Hier kommt der hybride Beratungsansatz mit Wealthpilot ins Spiel. Die Software ermöglicht es dem Kunden, all seine Assets in einer digitalen Übersicht zu sammeln: Vom Girokonto bei der Hausbank zusammen mit anderen Sichteinlagen und strukturierten Geldanlagen über die Aktienfonds der Direktbank bis hin zu einzelnen Aktientiteln aus dem Online-Broker. Sogar die fondsgebundene Lebensversicherung fließt nebst Immobilie und der dazugehörigen Finanzierung oder den physischen Goldreserven mit ein. Erstmals hat ein Kunde eine anbieterübergreifende und damit umfassende Übersicht über all seine Assets, ohne die aufwendige Pflege einer selbst erstellten Vermögensübersicht.

Neue Transparenz über alle

Finanzdaten Früher musste hier die Tabellenkalkulation herangezogen werden, dabei war die Übersicht aber nie auf einem aktuellen Stand und vollkommen frei von Fehlern, da sie händisch gepflegt werden musste. Anschließend war der Informationsgehalt der Auswertungen aufgrund der begrenzten Datenbasis und technischen Möglichkeiten begrenzt.

Die neu hergestellte Transparenz über alle Finanzdaten ermöglicht nun eine ganzheitliche Anlageberatung durch den Bankberater. Denn auch für die Bank sind diese Informationen essenziell; beispielsweise kann anhand der Übersicht schnell und effizient festgestellt werden, ob der Kunde in seinem Gesamtvermögen in volatile Anlageformen investiert ist und ob diese mit seiner eigentlichen Risikobereitschaft und seinen finanziellen Zielen übereinstimmen. Ebenfalls kann der Berater dem Kunden zeigen, wie er seine riskanteren Investments mit zunehmendem Alter reduzieren sollte, um für den Ruhestand ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben.

Vermögensstruktur sichtbar gemacht

Doch der Deep Dive ins eigene Vermögen reicht noch weiter. So kommt es in so manchem Depot vor, dass sich dieselben Aktien zweimal dort wiederfinden: Einmal als direkte Beteiligung an einem Unternehmen, einmal indirekt in Form eines Fonds, der in Aktiengesellschaften investiert. Damit hat sich der Anleger ein sogenanntes Klumpenrisiko ins Depot geholt. Noch schwerer nachzuvollziehen ist es, welche Einzelwerte in ETFs, in strukturierten Anlageprodukten oder in fondsgetriebenen Lebensversicherungen enthalten sind. Wealthpilot macht diese Doppler sichtbar - so können sich Kunde und Berater zusammen überlegen, wie sie auf diese Unwuchten in der Vermögensstruktur des Kunden reagieren.

Dasselbe Prinzip gilt für die Renditen: Auch diese können in der Übersicht gegenübergestellt werden. So erkennen Berater und Kunde gemeinsam, ob sich das eingegangene Risiko auch lohnt, oder ob eine andere Anlageform gewählt werden muss, um die gewünschten Ziele zu erreichen. Ist die Aufstellung der bestehenden Assets und Finanzierungen klar, geht es darum umzuschichten. Über Wealthpilot sehen die Kunden nicht nur, in welchen Ländern und in welchen Produkten ihre bestehenden Vermögenswerte zu verorten sind, sie können darauf basierend auch gemeinsam mit ihrem Berater eine passende Anlagestrategie zur Diversifizierung ausarbeiten.

Kostenfallen offen legen

Zu einer modernen hochwertigen Dienstleistung gehört neben einer transparenten und datengetriebenen Vermögensberatung ebenfalls ein transparentes Preis- und Kostenmodell. Hier rücken vor allem die Kosten und Aufschläge der einzelnen Finanzprodukte in den Vordergrund der Beratung. Schon heute erhält der Kunde in Wealthpilot auf Einzelproduktebene eine Kostenübersicht zu den Produkten in seiner Vermögensbilanz.

Perspektivisch ist es geplant, auch hier weitere Funktionen zur Unterstützung für Kunden und Berater zur Verfügung zu stellen, bei denen der Kosten-/Nutzen-Vergleich in den Vordergrund tritt, da eine reine Kostenbetrachtung in manchen Fällen irreführend ist. Den Banken wird das sicher auch helfen, Kunden dauerhaft an sich zu binden, da sie hier noch transparenter agieren können.

All die genannten Punkte haben eines gemein: Sie fördern Transparenz. Auf Basis dieser datengetriebenen Auswertungen kann der Bankberater dem Kunden genau erklären, wo Kostenfallen lauern, Lücken in der Anlagestrategie zu finden sind oder einfache Optimierungen vorgenommen werden können. So gewinnt und bewahrt der Berater das Vertrauen des Kunden.

Die Vorteile eines hybriden Vermögensmanagements liegen auf der Hand und zeigen, dass es nicht ausreicht, wenn ein Bankberater nur ein einzelnes Bankkonto einsehen kann. Nur wer in der Lage ist, alle Vermögenswerte zu aggregieren und abzubilden, kann als Berater ein finanzielles Zuhause für seine Kunden bieten. So gelingt durch eine ganzheitliche Betrachtung eine wesentlich hochwertigere Beratung, da durch die Analyse der liquiden und illiquiden Vermögenswerte der Berater Handlungsempfehlungen geben kann, die ihm bei isolierter Betrachtung des nur bei der eigenen Bank hinterlegten Vermögens so nicht möglich wären. Nur mit dieser neu gewonnenen Transparenz haben Endkunden die Chance, gemeinsam mit dem Berater notwendige Änderungen beim Gesamtvermögen umzusetzen, um finanzielle Lebensziele zu erreichen.

Ist ein Berater erst einmal so weit gekommen, dass er mit dem Endkunden die finanziellen Lebensziele fixiert hat, ist auch der Grundstein für eine langfristige Beratung gelegt und der Kunde bleibt dem Berater und seiner Bank treu. Wird dieses Beziehungsmanagement in der gesamten Bank gelebt, kann der Kundenstamm gehalten und dank der zusätzlichen Transparenz bei der Beratung weiter ausgebaut werden.

Stephan Schug, Geschäftsführer, wealthpilot GmbH, München
Stephan Schug , Geschäftsführer, wealthpilot GmbH, München
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