BANKENINFRASTRUKTUR

Zustimmung zu neuen Entgelten - aber wie?

Oliver Wibbe, Foto: Swiss Post Solutions

Am 27. April 2021 erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) die Änderungsklauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Banken und Sparkassen verwendeten, mit der sogenannten Zustimmungsfiktion für ungültig. Durch den neuen gesetzlichen Rahmen sind Banken gezwungen, neue Wege in der Kundenkommunikation zu gehen und ihre Prozesse anzupassen. Denn von Versand bis hin zur Überwachung des Rücklaufs müssen nun die Entgelt- und Vertragsänderungen durch die Banken nachverfolgt und bearbeitet werden.

Bislang haben Banken ihren Kunden die angepassten AGBs zwar zukommen lassen, allerdings mussten die Kunden diesen nicht aktiv zustimmen. Selbst wenn die Nachricht sie gar nicht erreichte, galt eine nicht stattgefundene aktive Ablehnung als Zustimmung. Mit der bis April 2021 eingesetzten Formulierung waren sogar uneingeschränkte Vertragsänderungen ohne das ausdrückliche Einverständnis der Bankkunden möglich. Gegen diese Praxis klagte die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mit Erfolg. Durch den Urteilsspruch müssen Banken und Sparkassen nun die aktive Zustimmung ihrer Kunden für Anpassungen der AGB einholen, was sie vor enorme Herausforderungen stellt - technisch, finanziell und logistisch. Laut DSGV benötigen allein die Sparkassen rund 2 700 Tonnen Papier, um ihre Kunden zu informieren.

Kommunikation neu denken und optimieren

Eine erfolgreiche Kommunikation funktioniert in der Regel nach dem Sender-Empfänger-Prinzip. Eine Nachricht wird vom Sender an den Empfänger geschickt, die dieser im besten Fall erhält, interpretiert und anschließend auf die Nachricht reagiert. Seit April muss den AGB aktiv zugestimmt werden, um sicherzustellen, dass der Empfänger die Informationen erhalten, verstanden und akzeptiert hat. Das setzt einen integrierten Prozess voraus, in dem auch der Rücklauf überwacht wird. Sei es, um die Nichtrückmeldungen zu finden und zu verfolgen oder um weitere Schritte bei einem Widerspruch durch den Kunden einzuleiten.

Um hierfür einen internen Prozess zu gestalten, müssen zunächst die Grundvoraussetzungen geschaffen werden. Dies ist oft mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden, da hier sowohl personelle als auch strukturelle Ressourcen einfließen. Mit dem Urteilsspruch müssen Banken und Sparkassen sowohl den Versand als auch die Antwortmöglichkeiten per Post oder digital anbieten, um alle Rückläufer erfassen zu können.

Hybrides Kommunikationsmodell

Im Bankensektor werden noch überwiegend Formulare und Fragebögen per Postweg auf Papier versendet. Dadurch haben Kunden keine einfache und schnelle digitale Antwortmöglichkeit - selbst wenn sie grundsätzlich Onlinebanking nutzen. Eine digitale Erfassung und Verarbeitung der Formulare bietet ein besseres Nutzererlebnis, geringere Kosten und schnelle Verarbeitungszeiten. Besonderer Vorteil hierbei ist, dass die klassischen Kommunikationskanäle, wie Papier oder E-Mail und andere Online-Drittanbieter, auch weiterhin nach Kundenpräferenz nutzbar bleiben. P Mit einem hybriden Kommunikationsmodell wie dem von Swiss Post Solutions (SPS) werden alle Formulare, seien sie physisch oder digital, mit einem QR-Code und Link versehen. Das ermöglicht eine kanalunabhängige Antwort. Mit dem Abfotografieren oder Anklicken des Links werden Kunden direkt auf das digitale Formular inklusiver vorausgefüllter Daten geführt. Die Daten lassen sich applikations- und betriebssystemunabhängig vervollständigen, digital signieren und anschließend einreichen. Eine digitale Kopie des eingereichten Formulars kann lokal gespeichert werden.

Dieser Workflow stellt einen ganzheitlichen Prozess zur Einholung der Kundenakzeptanz dar. Bereits bei der Erstellung des Anschreibens und der Antwortdokumente sollten alle Vorgänge so vorbereitet sein, dass die Eingangsbearbeitung maximal effizient arbeiten kann. Des Weiteren sieht das Konzept vor, dass der Kunde über seinen bevorzugten Kanal bedient wird. Ob E-Mail, Web-Formular oder klassischer Brief - alle Dokumente verfügen über die gleichen Klassifizierungsmerkmale und können dadurch im Eingang hochautomatisiert bearbeitet werden. Die strukturierten Datensätze gehen dann digital an das Banksystem zurück.

Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass sich die Rücklaufquoten bei etwa 10 Prozent befinden. Daher empfiehlt es sich, die Kommunikationskette um weitere Prozessschritte zu erweitern. Das kann ein zweites Anschreiben sowie eine telefonische oder schriftliche Nachverfolgung sein.

Ein durchdachter End-to-End Workflow hilft Banken und Sparkassen, die Kosten im Griff zu behalten. Wo vorher mehrere Arbeitsschritte und -abläufe nötig waren, kann nun ein stringenter Ablaufplan glänzen. Beides hat direkte Auswirkungen auf die Kostenersparnis. Mit dem hybriden Kommunikationsmodell können Kunden weiterhin alle Kanäle nutzen. Das wirkt sich mitunter positiv auf das gesamte Kundenerlebnis aus.

Oliver Wibbe , Geschäftsführer , Swiss Post Solutions GmbH
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