Digitalwährungen

"Einen effektiven Schutz kann es jetzt noch nicht geben" / Interview mit Matthias Hach

Matthias Hach, Mitglied des Vorstands, comdirect Bank AG, Quickborn Quelle: comdirect Bank AG

Zwischen dem Potenzial der Blockchain-Technologie und der Kryptowährungen muss eine klare Trennlinie gezogen werden, meint Matthias Hach. Kryptowährungen an sich eignen sich als Spekulationsobjekt nur für erfahrene, risikofreudige Anleger. Insofern, so Hach, ist es vielleicht positiv zu bewerten, dass die Notwendigkeit, für den Erwerb zunächst eine Wallet einzurichten, unerfahrene Anleger abschreckt. Die Kooperation mit einer Plattform, mit der sich diese Hürde vermeiden lässt, ist für die Comdirect nicht zuletzt der unzureichenden Regulierung wegen kein Thema. Red.

Das Interesse an digitalen Währungen ist Ende 2017 stark gestiegen. Auch bei der Comdirect zählte die Bitcoin Group zu den meistgehandelten Papieren. Hält dieser Trend auch 2018 an?

Die Aktien der Handelsplatzanbieter für Kryptowährungen sowie Zertifikate auf Kryptowährungen gehörten in den letzten Monaten immer wieder zu den meist gehandelten Wertpapieren. Hintergrund ist die hohe Volatilität bei diesen digitalen Währungen, die die Anleger nutzen. Dieser Trend kann so lange Bestand haben, bis sich das Interesse für Kryptowährungen und damit einhergehend das Interesse für Wertpapiere aus diesem Segment verringert oder die Volatilität abnimmt.

Wie ist der "Bitcoin-Hype" aus Sicht der Comdirect zu bewerten? Sehen Sie auch Risiken? Wenn ja, welche?

Risikolose Anlageklassen gibt es nicht. Durch die mangelnde Regulatorik im Bereich Kryptowährungen bietet sich die Anlage nur für erfahrene Investoren und Trader an, die mit hohen Kursschwankungen umgehen können. Die Kurssteigerungen der letzten Monate deuteten bereits auf eine klassische Spekulationsblase hin. Die Gefahr von Kurskorrekturen und den zuletzt auch eingetretenen crashartigen Kursrückgängen lag bereits seit Wochen in der Luft.

An der Börse gibt es den alten Spruch, dass Finanzplätze keine Einbahnstraßen sind. Es wurde in diesem Kontext auch immer wieder das Potenzial der Blockchain-Technologie mit den Kryptowährungen verwechselt. Hier muss eine klare und erkennbare Trennlinie gezogen werden.

Unterscheiden sich die verschiedenen Kryptowährungen in dieser Hinsicht?

Sicherlich spielt die Akzeptanz und Bekanntheit der jeweiligen Kryptowährung eine maßgebliche Rolle. Mit der zunehmenden Berichterstattung über die einzelne Kryptowährung ist auch zeitgleich deren Kurswert angestiegen. Die Ernüchterung fiel im Anschluss bei allen Kyptowährungen gleich aus.

Bitcoin-Investments werden manchmal mit der Anlage in Gold vergleichen, weil beide endlich sind. Passt dieser Vergleich?

Bedingt können solche Analogien gezogen werden. Allerdings sind die Kryptowährungen nicht unbedingt endlich, denn auch der Bitcoin wurde bereits geteilt - in Bitcoin und Bitcoin Cash.

Außerdem ist die Intransparenz bei einigen Kryptowährungen sehr hoch. Und während Gold seit Jahrhunderten als Anlageform akzeptiert ist, sprechen wir bei den meisten Kryptowährungen von einer erst seit rund zehn Jahren entwickelten Technologie.

Welche Nutzergruppen sind im Bereich Digitalwährungen aktiv? Sind das eher die Trader oder hat die breite Medienberichterstattung inzwischen schon bewirkt, dass auch normale Wertpapiersparer auf Digitalwährungen anspringen?

Es sind vor allem junge, technikaffine und tradingorientierte Gruppen. Für den "Normal-Investor" war die Eröffnung einer Wallet, die für den direkten Kauf von Kryptowährungen notwendig ist, oftmals schon eine zu große Hürde.

Ist diese Hürde vielleicht sogar in gewisser Hinsicht positiv zu bewerten, weil auf diese Weise unerfahrene Anleger nicht in Versuchung geraten?

Hürden halte ich grundsätzlich für wenig hilfreich. Wichtiger ist sicherlich, dass Anlegern ganz transparent gemacht wird, auf was sie sich bei einer solchen Geldanlage einlassen. Da dies aber aufgrund der mangelnden Regulatorik derzeit nicht der Fall ist, kann so eine Hürde vielleicht tatsächlich als positiv angesehen werden.

Welchen Schutz bietet die Investition über Zertifikate im Vergleich zum direkten Bitcoin-Kauf?

Zertifikate sind sicherlich einfacher zu handeln, da der Anleger hierfür nur ein Depot benötigt, über das er die an der Börse gehandelten Zertifikate kaufen kann. Das Risiko hoher Kursschwankungen ist bei Zertifikaten zum Teil sogar höher, wenn es sich um Hebelprodukte handelt.

Hinzu kommt bei Zertifikaten ein sogenanntes Emittentenrisiko. Der Anleger leiht dem Emittenten, der das Papier herausgibt, sein Geld. Geht der im schlimmsten Fall pleite, ist das Geld verloren.

Beim direkten Kauf von Kryptowährungen besteht das Risiko darin, dass man hier auf unseriöse Anbieter oder Anbieter mit schlechtem Service oder sehr komplizierter Abwicklung stoßen kann.

Wäre für die Comdirect auch eine Kooperation mit einer Plattform interessant, die die Abwicklung beim direkten Kauf von Kryptowährungen erleichtert? Oder haben Sie sich ganz bewusst dagegen entschieden?

Derzeit eignen sich diese Plattformen für das breite Retail-Geschäft nicht, da sie die vorgeschriebenen rechtlichen oder technischen Voraussetzungen nicht erfüllen. So mussten zuletzt viele Trader auf den Handelsplattformen große Latenzen, sprich Verzögerungen hinnehmen. Einige Handelsplattformen sind sogar komplett ausgefallen. Die hohen rechtlichen deutschen Standards werden ohnehin nur von wenigen Anbietern erreicht.

Auch die "Marktwächter Finanzen" haben sich jetzt des Themas Kryptowährungen angenommen. Sie warnen nicht nur vor schwarzen Schafen, sondern - des spekulativen Charakters wegen - auch vor der Investition in Kryptowährungen bei seriösen Anbietern. Zu Recht?

Der Sektor ist nicht beziehungsweise nur schwach reguliert und bietet unseriösen Anbietern und Marktteilnehmern eine offen zugängliche Bühne. Somit war die Warnung notwendig, um die teilweise unbedarften neuen Anlegergruppen vor den Machenschaften unseriöser Marktteilnehmer zu warnen.

Einen effektiven Schutz kann es zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht geben, da die Regulatorik nicht definiert ist. Hier bedarf es noch der Nacharbeit durch Politik und Verbände. Auf jeden Fall sollten die Finanzinstitute und Banken hier nah dran bleiben und ihre Erfahrungen aus den etablierten Finanzmärkten mit einfließen lassen.

Sind Bitcoin-Plattformen ausreichend reguliert? Oder wie müsste eine Regulierung aussehen?

Die Betreiber der bisher etablierten Plattformen müssen sich den Vorgaben der jeweiligen Länder unterwerfen. Hierbei gibt es noch stark unterschiedliche Auslegungen und gesetzliche Vorgaben. Dies macht eine pauschale Aussage unmöglich. Eine in Deutschland etablierte Handelsplattform wird anders behandelt als eine in beispielsweise Hongkong oder Russland.

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