VERBUNDSTRATEGIE

"Sparkassen-Finanzportal: Symbiose von Kommunikation und Technik" Interview mit Stefan Roesler

Stefan Roesler, Foto: DSV

Das Sparkassen-Finanzportal bündelt Kommunikation und digitale Dienste für die Sparkassen-Finanzgruppe. Eben in dieser Symbiose von Kommunikation und Technik liegt der USP, meint Stefan Roesler. Jedes für sich genommen, wäre austauschbar. Die zentrale Bündelung der Kommunikation ist nicht zuletzt eine Effizienzfrage. Denn im digitalen Zeitalter werden Kampagnen immer kleinteiliger. Etwa 80 Kampagnen laufen pro Tag parallel. Um auch die Kunden zu erreichen, die keine Zustimmung zur Nutzung ihrer Daten für werbliche Ansprache erteilen, bleibt jedoch auch klassische Werbung unverändert wichtig. Red.

Welche Aufgaben hat das Sparkassen-Finanzportal?

Die DSV-Gruppe hat ein Geschäftsfeld "Mediales Angebot". Dort geht es um Fachmedien und Weiterbildung (angesiedelt beim Deutschen Sparkassenverlag), um Kommunikation und digitale Services (beim SFP) sowie Markt- und Mehwertservices (S-Markt und Mehrwert, S-MM).

Das SFP realisiert im Auftrag des DSGV und der Regionalverbände die zentralen Kommunikationskampagnen. Kampagnen wie zum Beispiel die Kwitt-Kampagne werden im Wesentlichen vom SFP produziert. Zudem betreiben wir die bundesweiten Sparkassen-Kanäle und -Portale. So betreibt das SFP sparkasse.de, befüllt die Internetfiliale mit Inhalten und bespielt Online-Kanäle wie Social-Media-Communities. Darüber hinaus stellt das SFP digitale Dienste wie Chatbots bereit und integriert Partner wie WISO für die digitale Steuererklärung in die Internetfiliale.

Die Kombination von Kommunikation und digitalen Diensten macht ein Stück weit den USP des SFP aus, da wir direkt mit den Daten, über die wir verfügen, Kunden ansprechen können. Kommunikation bedeutet für uns immer 360°, das heißt wir reduzieren hier nicht auf Online-Kanäle, sondern decken komplett in der ganzen Bandbreite auch Fernsehwerbung, Printmedien und Plakate mit ab.

Wie sieht die Rollenverteilung in Sachen Kommunikation mit dem DSGV aus?

Der DSGV hat die Aufgabe, die Marke Sparkasse aufzubauen, zu fördern und zu schützen. Entsprechend ist der DSGV für Teilaufgaben der Auftraggeber, stellt bei nationalen Kampagnen das Gesamtbudget bereit und legt Inhalte sowie Zielrichtung der Kampagnen in Abstimmung mit den Gremien fest. Das Sparkassen-Finanzportal ist hier der Realisierungspartner.

Performance-Marketing-Kampagnen, bei denen es originär um den Verkauf von Produkten und Diensten oder Aktivierungen geht, sind hingegen nicht originäre Aufgabe des DSGV. Das übernimmt in der Arbeitsteilung das SFP.

Gegebenenfalls zusätzlich benötigte Agenturen beauftragt und steuert das SFP in Abstimmung mit dem DSGV. Zudem verfügt das SFP über eine eigene Kreativabteilung. Dort ist beipielsweise die aktuelle Kampagne der Landesbausparkassen (LBS) entstanden. Von Fall zu Fall unterschiedlich kaufen wir Agenturen mit ein oder entwickeln selbst und bespielen die Kanäle. Letzteres läuft ebenfalls komplett über das SFP.

Wozu brauchen die Sparkassen noch Agenturen und setzen nicht komplett auf die eigene Kreativabteilung?

Hier geht es um Spezialistentum. Zum Beispiel kaufen wir für die Produktion von Youtube-Kampagnen auch Kamerateams ein. Es ist schon aus Kostengründen gar nicht das Ziel, in der Breite und Tiefe alles mit eigenen Leuten aufzubauen. Insofern ist es sinnvoll, mit Agenturen im Markt zusammenzuarbeiten. Es muss auch nicht immer dieselbe sein. Ab und zu etwas Wechsel tut ganz gut.

Sparkassen werben auch viel regional - zum Beispiel über Plakate oder in regionalen Tageszeitungen ...

Die Sparkassenwerbung unterteilt sich in Dach-, Regional- und Lokalkampagnen. Bei den Dachkampagnen ist das SFP immer mit dabei, bei den Regionalkampagnen teils, teils. Manchmal entwickeln Regionalverbände Kampagnen auch in Eigenregie mit einer örtlichen Agentur. Und bei den Lokalkampagnen nutzen 60 bis 70 Prozent der Sparkassen die Angebote, die wir zentral bereitstellen, und 30 Prozent entwickeln ihre Kampagnen aus unterschiedlichen Gründen individuell.

Ist das eine Frage der Institutsgröße?

Nein, eher im Gegenteil. Bei den größten 25 Sparkassen nutzen 80 Prozent der Institute unsere Angebote.

Die Lokalkampagnen sind in jedem Fall ein schönes Geschäftsfeld, weil es permanent wächst. Hier gibt es noch einen Markt zu erobern.

Wäre eine Vollabdeckung durch das SFP wünschenswert? Oder tut ein bisschen Wettbewerb vielleicht sogar ganz gut?

Wettbewerb innerhalb der Finanzgruppe sollten wir vermeiden. Wir müssen eher schauen, was der Wettbewerb draußen tut, und uns daran messen. Insofern wäre es wünschenswert, dass die Kommunikation komplett über das SFP läuft. Realistisch ist das aber nicht. Es wird immer 10 bis 15 Prozent der Institute geben, die eigene Kampagnen schalten.

Die Kampagnen des SFP sind nicht immer Standard. Sondern wir verproben oftmals bestimmte Dinge mit einzelnen Häusern und gehen erst danach in die Breite. Das sind häufig Themen, für die wir von einzelnen Sparkassen oder auch Regionalverbänden Hinweise oder Anregungen erhalten. So testen wir, was möglicherweise gar nicht oder nur regional funktioniert und was sich dafür eignet, in der Breite für alle Sparkassen ausgespielt zu werden. Hier zeigt sich ein Vorteil der dezentralen Organisation.

Stichwort Media-Mix: Sparkassen werben vergleichsweise viel im TV. Lohnt sich das noch?

In den letzten Jahren hat die Sparkassen-Finanzgruppe die TV-Budgets ein Stück weit reduziert und ist verstärkt in die Online-Kanäle gegangen. Das halte ich für den richtigen Weg, weil die Kunden in den digitalen Kanälen ganz anders angesprochen werden können.

Diese Veränderung sehe ich allerdings nicht dogmatisch. Ich glaube nicht daran, dass man sich von klassischer Werbung komplett verabschieden und nur noch auf digitale Kanäle setzen sollte. Sondern es muss beides geben. Um in der Werbeerinnerung weit oben zu sein, sind die Fernsehkanäle immer noch Instrument Nummer eins. Das lässt sich anders so nicht erreichen, obwohl die Sparkassen-Finanzgruppe in den letzten Jahren sehr große Erfolge mit ihren Online- und Multikanal-Kampagnen gefeiert hat - und zwar sowohl, was Kreation angeht als auch mit Blick auf die Abschlusszahlen.

Wir benötigen also immer beides: Wir brauchen eine Markenkommunikation, um die Marke aufzuladen - wer sind wir, wofür stehen wir, welche Haltung haben wir - und wir brauchen auch Leistungskampagnen.

Was ist denn besonders gut gelaufen?

Ein Beispiel ist "S-Kredit per Klick" im Bereich Privatkredite, das unsere Sparkassen mit dem Ja-Nein-Spot beworben haben. Das hat sehr gut funktioniert. Andere Beispiele sind die PS-Lose-Kampagne oder Aktivierungskampagnen für neue Online-Funktionen in der Internetfiliale.

Der leuchtende Stern unter all diesen Kampagnen ist die Kwitt-Kampagne, die zunächst über Social Media viral verprobt und erst danach im TV eingesetzt wurde.

Ein erfolgreiches Beispiel für Print war im vergangenen Jahr die Paydirekt-Kampagne mit Axel Prahl. Diese Kampagne weist übrigens noch eine Besonderheit auf. Denn das SFP hat sie für alle drei kreditwirtschaftlichen Säulen entwickelt und umgesetzt. Auftraggeber war in diesem Fall die Paydirekt GmbH.

Kommt es häufiger vor, dass Sie Kampagnen für Kunden außerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe entwickeln?

Wir sind schon sehr fokussiert auf die Finanzgruppe. Hier generieren wir 97 Prozent der Umsätze. Das heißt umgekehrt jedoch auch, dass das SFP 3 Prozent der Umsätze mit Kunden außerhalb des Verbunds macht - beispielsweise für die Deutsche Rentenversicherung.

Wir wägen dabei immer ab, wie weit das wettbewerbsdifferenzierend ist. Paydirekt wollen alle kreditwirtschaftlichen Säulen gemeinsam positiv in den Markt bringen. Und die Rentenversicherung ist ein ganz anderer Markt. Eine Baufinanzierungskampagne oder Suchmaschinenoptimierung für einen Sparkassen-Wettbewerber könnte ich mir hingegen nicht vorstellen.

Im Sparkassen- und Verbundumfeld haben wir noch genug zu tun. Hier sind die Wachstumspotenziale noch lange nicht ausgeschöpft.

Gibt es auch Dinge, die nicht gut gelaufen sind?

2015 haben wir als Vorläufer des Personal Finance Management ein digitales Haushaltsbuch entwickelt. Das wurde nicht so gut angenommen. Es war den Kunden noch zu kompliziert, die Umsätze zuzuordnen. Hier ist die Technologie der Mustererkennung heute weiter.

Wozu braucht die Sparkassen-Finanzgruppe einen Newsroom?

Unser Co-Working-Newsroom gemeinsam mit dem DSGV dient dazu, auf Trends und aktuelle Themen reagieren und darauf Kampagnen aufsetzen zu können. Hier fahren wir viele datengetriebene, kleine Kampagnen in ganz spitzen Zielgruppen. Auch dazu zwei Beispiele, die mich selbst in der Klarheit des Erfolgs überrascht haben:

Als Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, haben wir gemeinsam mit der Deka Interviews hinterlegt zu der Frage, was das fürs eigene Depot bedeutet. Das ist sehr gut gelaufen.

Ein regionales Beispiel ist die Springflut an der Nordsee - verbunden mit der Frage, wie Kunden mit ihren Schäden umgehen können und welche Versicherung künftig schützen kann.

So gehen wir Stück für Stück einen anderen Weg als in der Vergangenheit: von großen Trends datengetrieben hin zu spitzen Zielgruppen. Das funktioniert immer besser. Die Zielgruppen werden allerdings auch immer spezifischer, weil wir heute viel besser die Bedürfnisse der Kunden erkennen und daraus ableiten können, wie er sich gerade ansprechen lässt.

Was heißt diese Kleinteiligkeit für die Effizienz?

Das heißt: Man braucht viele Automatismen. Der DSV hat deshalb bereits vor zwei Jahren ein Projekt gestartet, das genau diese Automatismen unterstützt, angefangen von Data-Analytics-Plattformen gemeinsam mit S-Rating und Finanz Informatik bis hin zu einer Kommunikationswelt, über die wir quasi industriell Dinge in die Sparkassen verteilen zu können, damit die Sparkassen diesen Aufwand nicht mehr haben. Wir arbeiten gerade an sogenannten Direktinhalten, an die die Sparkassen gar nicht mehr selbst Hand anlegen müssen, um sie zu administrieren. Hier helfen wir den Instituten mit der hoch komplexen Welt der digitalen Medien zurechtzukommen.

Natürlich braucht man Mitarbeiter, die diese Kampagnen entwickeln und umsetzen. Fakt ist: Kommunikation wird aufwendiger. Das ist der Zeit geschuldet. Aber der Erfolg gibt uns Recht. Natürlich ist es möglich, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, wo man an eine Grenze stößt, ab der eine weitere Verfeinerung sich nicht mehr lohnt. Den sehen wir aber momentan noch nicht erreicht.

Wie viele verschiedene Zielgruppen-Kampagnen entwickeln Sie pro Jahr?

Pro Tag laufen derzeit 80 Kampagnen parallel. Das ist auch eine Herausforderung. Der Kunde sieht in der Regel nur zwei oder drei dieser Kampagnen. Dahinter steckt jedoch eine enorme Maschinerie, um die verschiedenen Zielgruppen richtig zu bedienen. Das geht nur mit guten Leuten - und vor allem mit Technik.

An dieser Stelle kommt dann die FI mit ins Spiel?

Zum Teil. Auch ein Medienhaus kommt heute nicht mehr ohne Technik aus. Die Kommunikationswelt haben wir selbst gebaut, die nicht Sparkassen-eigenen Kanäle bespielen wir selbstständig, auch mit eigener Technik, während die Sparkassen-eigenen Kanäle von der FI kommen. Hier gibt es eine Zusammenarbeitsvereinbarung, wie wir auf diesen Kanälen arbeiten können. Die Internetfiliale ist eine Kernbank- und Vertriebstechnologie der Finanz Informatik. Aber ohne unsere Inhalte wirkte sie leer. Hier ergänzen wir uns sehr gut.

Natürlich können wir uns nicht nur auf unsere eigenen Kanäle verlassen, obwohl die natürlich mit über einer Milliarde Kontakten pro Monat in der Internetfiliale sehr reichweitenstark sind.

Damit erreicht man aber nur Bestandskunden ...

Richtig. Deshalb müssen wir alle Kanäle bespielen - Social Media, Fernsehen, Tageszeitungen, Radio. Neu kommen jetzt Podcast und andere Medien hinzu.

Welches sind die Sparkasseneigenen Kanäle? Und welchen Anteil am Media-Mix haben sie?

Die vier großen Kanäle sind die Internetfiliale, die Sparkassen-App, sparkasse.de und das S-Immobilienportal. Hinzu kommen die Berater in der Filiale und am Telefon. Kanäle nach draußen sind E-Mail-Marketing, Social Media, TV, Print und Google.

Rein budgetär sind die eigenen Kanäle natürlich die günstigsten. Die Kanäle nach draußen sind teurer.

Welche Funktion hat das allgemeine Portal sparkasse.de?

Über vier Millionen Kunden gelangen regelmäßig über das Portal zu ihrer Sparkasse, bei der sie Kunde sind. Hier fungiert sparkasse.de gewissermaßen als technische Weiche. Bei Dachkampagnen lassen sich Geschichten auf sparkasse.de breiter erzählen und mit weiteren Informationen an reichern.

Natürlich gibt es die Diskussion darüber, ob die Internetfiliale, die App und sparkasse.de zusammengeführt werden sollten. Momentan wachsen jedoch alle. Es wächst die Klickrate in der Internetfiliale, es wachsen die Sparkassen-Apps und es wächst der Zugriff auf sparkasse.de. Das ist ein Indiz dafür, dass der Mix stimmt.

Wie verträgt sich der Trend zu immer stärker auf spitze Zielgruppen zugeschnittenen Kampagnen mit der Datenschutzgrundverordnung? Sicher wird doch nicht jeder Kunde seine Zustimmung zur Datennutzung erteilen ...

Gewisse Kampagnen lassen sich im Rahmen der DSGVO personalisiert fahren. Speziell im Bankbereich gibt es dabei nicht nur die Fragestellung des Datenschutzes, sondern Kreditinstitute müssen den Kunden auf Basis seiner Daten auch richtig beraten - hier ist die Datennutzung ein sogenanntes berechtigtes Interesse.

Nur sehr wenige Kunden haben explizit das Werbeeinverständnis verweigert. Dieser Anteil liegt unter zwei Prozent. Ansonsten kommt es immer darauf an, wie tief man in die Daten hineinschaut. Bei den unterschiedlichen Abstufungen der Zustimmung geht die Quote derer, die ihre Einwilligung nicht geben, bis zu etwa 30 Prozent.

Sehen Sie sich in der Zusammenarbeit mit den Verbänden eher als Dienstleister oder zunehmend als Berater?

Unser Anspruch ist es, zu beraten. Aber natürlich sind wir immer auch Dienstleister.

Welche digitalen Dienste stellen Sie bereit?

Das reicht von Produktrechnern über Chat-Lösungen, Spenden- und Crowdfunding-Plattformen, dem S-Immobilienportal, der Integration von Fintechs oder anderen Marktteilnehmen bis hin zum Frontend für S-Kreditpartner.

Wie viel davon entwickeln Sie selbst oder mit Partnern und welchen Anteil kaufen Sie ein?

Aktuell entwickeln wir 70 Prozent selbst, 30 Prozent kaufen wir ein, wobei das nicht dogmatisch ist. Wenn es gut passt, arbeiten wir gerne mit anderen zusammen. Das ist immer auch eine Frage der Integration. Beispielsweise haben wir ein sehr gutes User-Experience-Team, das Abläufe optimieren kann.

Was für Mitarbeiter brauchen Sie?

Das ist ein spannendes Potpourri: Wir haben unter unseren rund 300 Mitarbeitern gelernte Bankkaufleute, Kommunikationsexperten, Techniker mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Aus dieser Symbiose von Technik und Kommunikation entsteht der wesentliche Nutzen. Kommunikation oder Technik allein wären austauschbar.

Stefan Roesler, Mitglied der Geschäftsführung, Deutscher Sparkassenverlag, Stuttgart, und Vorsitzender der Geschäftsführung, DSV-Tochter Sparkassen-Finanzportal (SFP), Berlin

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X