Digitalisierung

"Die Videoberatungen kommen sehr gut bei den Kunden an" Interview mit Martin Hettich

Martin Hettich, Vorsitzender des Vorstands, Sparda-Bank Baden-Württemberg eG, Stuttgart Quelle: Sparda-Bank Baden-Württemberg

Bereits im April 2015 ist die Sparda-Bank Baden-Württemberg in den Videochat mit ihren Kunden eingestiegen. Nachdem sich das Konzept eingespielt hat, bietet die Bank seit Oktober 2017 auch die Baufinanzierungsberatung per Video an. Primär richtet man sich mit diesem Angebot an Kunden im eigenen Geschäftsgebiet, denen der Weg zur nächsten Geschäftsstelle zu weit ist. Man hat aber auch Kunden von außerhalb im Blick. Aggressiv um Neukunden außerhalb von Baden-Württemberg werben will die Bank aber nicht. Red.

Seit wann bieten Sie Videoberatung an? Zu welchen Themen haben Sie bisher auf diesem Weg beraten? Und wie war hier die Kundenresonanz?

Wir sind bei der Einführung der Videoberatung mehrstufig vorgegangen. Den Start machte die Girokontoeröffnung per Videoberatung im April 2015. Schritt für Schritt kamen dann neue Themengebiete und Leistungen hinzu. Geldanlagen waren beispielsweise ab Dezember 2016 möglich. Seit Oktober 2017 bieten wir auch die Baufinanzierungsberatung über den Videochat an.

Die Videoberatungen kommen allesamt sehr gut an bei den Kunden. Und sie ermöglichen Interessenten eine sehr gute Kontaktaufnahme zu uns.

Weshalb haben Sie nicht von Anfang an auch für die Baufinanzierung eine Beratung per Video angeboten? Und weshalb haben Sie sich jetzt doch dazu entschieden?

Unsere entsprechenden Mitarbeiter mussten sich erst auf die neue Technik einstellen und sich daran gewöhnen, von einer Kamera bei der Beratung begleitet zu werden. Deshalb war es wichtig, mit einem relativ einfachen Prozess, der Girokontoeröffnung, zu starten. Mit den dort gesammelten Erfahrungen konnten wir dann die beratungsintensiven Themen wie Geldanlagen und Baufinanzierungen über Videoberatung anbieten. Für die Baufinanzierungsberatung per Videochat im Speziellen wollten wir zudem die Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Einführung 2016) abwarten.

Rückblickend hat sich diese Herangehensweise sehr bewährt.

Welche Kundengruppen haben Sie bei der Baufinanzierungsberatung per Video im Fokus?

Die Baufinanzierung erachten wir weiterhin als ein beratungsintensives Leistungsangebot. Primär wollen wir für die Videoberatung vor allem die Kunden erreichen, die in unserem Kerngeschäftsgebiet Baden-Württemberg aufgrund einer großen Entfernung zur nächstgelegenen Filiale oder mobiler Einschränkungen eben nicht zu einer Beratung in die Filiale kommen können.

Prinzipiell kann aber jeder, der eine private Baufinanzierung haben möchte und die technischen Voraussetzungen erfüllt, eine Beratung per Videochat bekommen. Und natürlich sind viele Kunden beruflich inzwischen auch außerhalb Baden-Württembergs verankert, sodass wir diese weiterhin in allen Fragen persönlich und mobil beraten können.

Wie haben Sie das neue Angebot kommuniziert - an welche Kundengruppen beziehungsweise auf welchen Kanälen?

Zunächst hat die Bank ihren bestehenden Kunden die Videoberatung angeboten, indem sie zum Beispiel auf der Website oder am Telefon darauf hinge wiesen wurden. Nachdem das Ganze sehr gut angelaufen ist und die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden konnten, sind wir in die breite Kommunikation an die Öffentlichkeit gegangen - über das Kundenmagazin, den Newsletter, die Presse, Filial-TV sowie Social Media.

Wie war bisher die Resonanz bei den Kunden? Wie viele Videoberatungen gab es seit Einführung? Und welcher Anteil an den gesamten Baufinanzierungsberatungen im gleichen Zeitraum war das etwa?

Bei den Videoberatungen zur Baufinanzierung befinden wir uns noch in der Einführungsphase. Es ist noch zu früh, um Vergleiche anzustellen. Die ersten Rückmeldungen waren jedoch schon sehr positiv. Was uns besonders freut: Jeder, der bisher schon per Videochat beraten wurde, würde sich auch wieder per Video beraten lassen. Mein erstes Fazit: Der Start ist gelungen und wir sind damit sehr glücklich.

Waren die bisherigen Beratungen tatsächlich fallabschließend? Oder haben die Videogespräche doch eher einen Folgetermin in der Filiale vorbereitet?

Geldanlagen und Girokontoeröffnungen erfolgen per Videoberatung überwiegend fallabschließend, können je nach Wunsch des Kunden aber auch vorbereitend für die Filiale genutzt werden.

Für eine abschließende Baufinanzierung werden in der Regel zwei Beratungstermine benötigt - egal, ob die Kunden in der Filiale oder per Videochat beraten werden. Auch hier werden die Videoberatungen sowohl fallabschließend als auch vorbereitend für Filialtermine genutzt. In der Vernetzung der Kontaktwege können die Kollegen jeweils auf bereits Besprochenes aufsetzen. Das schafft Vertrauen und erleichtert die Kommunikation mit dem Kunden.

Haben Sie spezielle Berater für die Videoberatung? Oder ist eine Art Berater-Callcenter geplant? Was spricht dafür oder dagegen?

Die Videoberatung wird bei uns von einem festen, speziell ausgebildeten Beratungsteam umgesetzt. Wir haben sowohl auf ein Themengebiet spezialisierte als auch themenübergreifende Videoberater.

Organisatorisch werden die Beratungen zentral gesteuert, da sich so die notwendige Verfügbarkeit am besten gewährleisten lässt und Ressourcen richtig eingesetzt werden können.

Wenn der Kunde das wünscht, kann er immer mit demselben Videoberater kommunizieren und damit dauerhaft seinen festen Ansprechpartner bei der Bank haben. Das ist auch der Grund, warum wir kein spezielles Callcenter für die Videoberatung eingerichtet haben, sondern auf das bestehende Beratungs-Callcenter aufsetzen, das wir schon viele Jahren für unsere Kunden sehr erfolgreich betreiben.

Ein Argument für die Videoberatung ist die Ortsunabhängigkeit - auch außerhalb des eigenen Geschäftsgebiets. Welcher Anteil der Kunden der Sparda-Bank Baden-Württemberg kommt denn von außerhalb des Geschäftsgebiets?

Kerngeschäftsgebiet der Bank ist Baden-Württemberg. Die meisten Videoberatungen finden auch mit Kunden aus diesem Kerngeschäftsgebiet statt. Mit 38 Filialen gibt es viele Gebiete in Baden-Württemberg, in denen die nächstgelegene Filiale einige Kilometer entfernt ist. Für die Kunden aus diesen Regionen ist die Videoberatung eine sehr gute Alternative.

Außerhalb von Baden-Württemberg kommen die Kunden aktuell vor allem aus den Randgebieten des Landes. Das ist momentan aber noch ein geringer Anteil und auch nicht unsere fokussierte Zielgruppe.

Sind diese Kunden eher langjährige Kunden, die aus dem Geschäftsgebiet weggezogen sind und nicht die Bank wechseln wollen? Oder gewinnen Sie in nennenswertem Umfang auch Neukunden außerhalb Ihres Geschäftsgebiets?

Wir konzentrieren uns auch weiterhin auf das Kerngeschäftsgebiet Baden-Württemberg. Daher gewinnen wir bisher auch keine Kunden im nennenswerten Umfang von außerhalb dieses Geschäftsgebiets hinzu. Wenn sich jemand außerhalb von Baden-Württemberg über die digitalen Kanäle für die Sparda-Bank Baden-Württemberg interessiert, kann er jedoch trotzdem beraten werden oder unsere Services und Produkte in Anspruch nehmen.

Und natürlich wollen wir mit Kunden, die aus dem Geschäftsgebiet - oft aus beruflichen Gründen - wegziehen, in Verbindung bleiben. Hier ist die Videoberatung eine sehr gute Möglichkeit für umfassendere Geschäfte. Die einfachen Finanzgeschäfte können die Kunden mit dem sehr guten Netbanking rund um die Welt erledigen.

Wie ist das bei der Baufinanzierung: Hier war doch immer die Marktkenntnis vor Ort ein wichtiges Argument für die Beschränkung auf die eigene Region. Lässt sich diese Marktkenntnis anderweitig ersetzen? Oder muss die Risikoprüfung bei Kunden "von außerhalb" entsprechend vorsichtiger ausfallen?

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich auch außerhalb des Kerngeschäftsgebietes ein Bild über den jeweiligen lokalen Immobilienmarkt zu machen. Wir haben hier stets ein Auge auf eine angemessene Beurteilung und haben uns hierzu auch entsprechend aufgestellt.

Wenn sich die Sparda-Banken jetzt bundesweit gegenseitig im Wettbewerb befinden - verschärft das nicht noch mehr den Druck auf die Konditionen? Oder wie sonst können Sie sich differenzieren?

Die eigenen regionalen Schranken existieren im Web nicht mehr. Dieser Entwicklung tragen wir durch unsere Satzungsänderung mit der Erweiterung des Geschäftsgebietes Rechnung. Im Umkehrschluss heißt das aber nicht, dass wir fortan aggressiv außerhalb von Baden-Württemberg auftreten wollen.

Wir wollen allerdings dort präsent sein, wo auch unsere Kunden und potenziellen Kunden nach Angeboten suchen: Im Web und auf Vergleichsportalen. Sowohl unsere Kunden als auch potenzielle Neukunden informieren sich im Web über Angebote und Services. Interessierte entscheiden sich letztendlich für das aus ihrer Sicht beste Angebot und den besten Prozess. Und in diesem Auswahlprozess des Kunden sind wir durch die Videoberatung besser aufgestellt als ohne.

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X