Ausgebremst

Swantje Benkelberg

sb - Lobbyarbeit ist ein mühsames Geschäft. Nicht immer dürfte es befriedigend sein, auf Anhörungen und Tagungen, in Stellungnahmen, Positionspapieren, Interviews und Gastbeiträgen die stets gleichen Positionen gebetsmühlenartig zu wiederholen - oft genug mit dem Eindruck, damit doch nicht recht Gehör zu finden. Doch der Grundsatz "Steter Tropfen höhlt den Stein" gilt auch hier. Und so konnten sich die Vertreter der Kreditwirtschaft, die diese undankbare Aufgabe auf sich genommen haben, auch 2017 das eine oder andere Mal selbst auf die Schulter klopfen und sich bestätigt fühlen, ihre Sache gut gemacht zu haben. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist vom Gesetzgeber nachgebessert worden. Online-Versicherungsmakler (und dazu zählen die Vergleichsportale) müssen die gleichen Beratungspflichten erfüllen wie Berater im persönlichen Gespräch. Für Vergleichsportale gelten die gleichen Anforderungen an Transparenz in Sachen Provisionen wie für die Kreditwirtschaft. Das Bundeskartellamt führt eine Sektoruntersuchung zu Vergleichsportalen durch, um mögliche Missstände aufzudecken. Und Verbraucherschützer nehmen Online-Payment-Dienste und Crowdinvesting-Plattformen kritisch unter die Lupe. Die EU-Kommission lässt zu, dass der Kontozugriff für Drittanbieter primär über von den Banken bereitgestellte Schnittstellen und nicht beliebig im Wege des "Screen Scraping" erfolgt. Und die Politik bekennt sich zur Forderung, dass die Bankenregulierung kleinere Institute nicht unverhältnismäßig belasten und die Kreditwirtschaft insgesamt im Vergleich mit den Fintechs nicht benachteiligen darf. Das alles sind ermutigende Zeichen, zeigen sie doch, dass sich die Finanzbranche und gerade auch die etablierten Marktteilnehmer mit manchen ihrer Forderungen letztlich doch durchsetzen können.

Das heißt freilich noch lange nicht, dass jetzt alles gut ist oder wird. Allein die Tatsache, wie lange es dauert, bis Wettbewerbshüter, Daten- und Verbraucherschützer und Regulatoren sich berechtigte Einwürfe aus der Branche zu eigen machen, führt dazu, dass manchmal Dinge (zu?) lange in eine ungute Richtung laufen. Wenn Fintechs und Insurtechs zu viel "Welpenschutz" genießen, damit der politisch gewollte Wettbewerb nicht ausgebremst wird, dann gewinnen sie Marktanteile, die sie unter gleichen Wettbewerbsbedingungen vielleicht nicht hätten gewinnen können - zulasten der traditionellen Anbieter, die schon deshalb unverzichtbar sind, weil sie das gesamte Spektrum an Finanzdienstleistungen anbieten und sich nicht im Stil der "Rosinenpickerei" auf einzelne Felder konzentrieren, die sie für lukrativ halten. Die Portale beispielsweise wurden lange nur als "Transparenzmaschinen" im Interesse des Kunden gesehen. Dass auch sie dem Verbraucher nicht aus purem Altruismus immer nur die besten Produkte anzeigen, sondern dass auch bei ihnen Auswahl und Ranking von Provisionen gesteuert sein können, wird erst in jüngerer Zeit thematisiert - obwohl manche Banken sich aus eben diesen Gründen schon länger von der einen oder anderen Plattform abgewendet haben. Die tatsächlichen Auswirkungen auf die Marktanteile werden sich allenfalls schwer feststellen lassen - kann man doch nicht nachvollziehen, wie sich Kunden, die vor einem Abschluss zunächst auf einem Portal gesucht haben, sich ohne diese Möglichkeit entschieden hätten. Mögliche Wettbewerbsverzerrungen lassen sich aber nicht ausschließen.

Auch das politische Bekenntnis zu gleichen Bedingungen für alle - so ermutigend es sein mag - ist einstweilen nur ein Lippenbekenntnis. Wie diese Bedingungen aussehen werden, muss erst im langwierigen Prozess ausgehandelt werden - siehe PSD2, wo die technischen Standards für die Umsetzung auch nach der Verabschiedung durch die EU-Kommission noch lange nicht feststehen. Unbestritten haben diese langwierigen Verfahren nachvollziehbare Gründe, müssen doch die unterschiedlichsten Interessen gegeneinander abgewogen und unter einen Hut gebracht werden, auf nationaler wie europäischer Ebene. In einer Zeit, in der die Entwicklung immer schneller voranschreitet, drohen allein schon diese Prozesse die Digitalisierung des Bankgewerbes auszubremsen, selbst dann, wenn die letztlich gefundenen Regelungen dies nicht bewirken.

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