Mobile Payment und Mobile Ticketing

E-Ticketing VDV-Kernapplikation auf dem Vormarsch - NFC noch die Ausnahme

Rund 27 Millionen Fahrgäste befördern die Mitglieder des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Köln, pro Tag. Obwohl die Mehrzahl von ihnen Zeitkarten nutzt, liegt der direkte Fahrgeldumsatz bei etwa fünf Milliarden Euro im Jahr. Die möglichen Einsparungen durch elektronisches Fahrgeldmanagement sind somit beträchtlich.

Um hier Insellösungen zu vermeiden, hat sich der VDV bereits 2002 mit der Entwicklung eines technischen Standards für alle Formen eines elektronischen Tickets befasst, die in der Nahverkehrswelt heute zum Einsatz kommen. Das Ergebnis ist sogenannte VDV-Kernapplikation, mit der die Vielfalt in der Entwicklung nicht eingeschränkt wird, aber die Kundenschnittstelle der einzelnen Ausprägungssturfen standardisiert und interoperabel gestaltet wird.

Kernapplikation mit Wahl der Medien

Die Applikation integriert alle Stufen des elektronischen Fahrgeldmanagements bargeldloses Zahlen, elektronischer Fahrschein und automatisierte Fahrpreisfindung. Mit der eindeutigen Spezifikation der Schnittstellen zwischen dem Nutzer medium (beispielsweise Chipkarte oder Mobiltelefon) und den Terminals einschießlich ihrer Hintergrundsysteme wurde erreicht, dass Kunden mit einem Medium alle Systeme durchgängig nutzen können.

Solche bundesweit einheitlichen Verfahren sollen zum einen die Kundenakzeptanz verbessern, zum anderen Entwicklungsressourcen bündeln und die Stückkosten von Komponenten durch Standardisierung reduzieren. Nicht zuletzt ist die Interoperabilität der Systeme Voraussetzung für die Inanspruchnahme staatlicher Förderung.

Die Applikation kann auf verschiedenen Medien wie Geldkarte, eigenen Karten der Verkehrsunternehmen oder Handy-SIM-Karten aufgebracht werden. In der Entscheidung für eine bestimmte Variante ist jedes Verkehrsunternehmen frei.

Erstes E-Ticketing-Projekt auf Basis der Kernapplikation ist die bereits im März 2006 eingeführte "Kolibri Card" der Verkehrsverbund Kreisverkehr Schwäbisch Hall GmbH mit mittlerweile 13 500 Nutzern, die seit März 2007 auch im benachbarten Nahverkehr Hohenlohekreis zum Einsatz kommt.

Verkehrsverbund Rhein-Ruhr: Größtes E-Ticketing-Projekt Europas

Während im nördlichen Baden-Württemberg das E-Ticket lediglich die alten Mehr fahrtenkarten ersetzt, die bei Einführung des Verkehrsverbunds aufgrund fehlender Entwertermöglichkeiten in den Zügen und S-Bahnen weggefallen war, setzt der Ver kehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) auch auf die Zeitkarteninhaber.

Bereits im Jahr 2003 hat der VRR alle seine Abo-Kunden vom papiernen Fahr schein auf Chipkarten umgestellt. Mit rund einer Million Kunden ist dies das größte E-Ticketing-Projekt Europas. Seit 2007 arbeiten sowohl der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr als auch die Nachbarverbünde Verkehrsgemeinschaft Niederrhein beziehungsweise Verkehrsverbund Rhein-Sieg mit Chipkarten auf Basis der VDV-Kernapplikation.

VDV propagiert NFC

Wenn auch den einzelnen Verkehrsunter nehmen die Wahl der bevorzugten Variante des elektronischen Fahrscheinmanagements freigestellt ist, propagiert doch der Verband die neue NFC-Technik als die für den ÖPNV beste Lösung. Der Trend scheint auch tatsächlich in diese Richtung zu gehen - wenn auch momentan noch das chipkartenbasierte Modell die Nase vorne hat. Im Jahr 2008 standen bundesweit über zwei Millionen Chipkarten insgesamt 16 handybasierte E-Ticketing-Projekte mit allerdings nur 30 000 Kunden gegenüber.

Trotz der bislang geringen Teilnehmerzahlen zeigt die Zahl der Projekte: Der Trend geht hin zum Handy-Fahrschein. Seit April 2008 läuft auch beim bislang mit Chipkarten arbeitenden Verkehrsverbund Rhein-Sieg ein Handy-Projekt. Und als Partner der Aktion "Ruhr 2010" will die Deutsche Bahn AG ihr NFC-basiertes Konzept Touch & Travel aufs Ruhrgebiet ausdehnen und mit den dortigen Verbünden kooperieren.

RMV integriert NFC-Technik

Insgesamt 14 VDH-Mitgliedsunternehmen verfolgten 2008 das gemeinsame Pilotprojekt Handy-Ticket des Branchenverbands. Während dieses Konzept auf der Java-Technologie basiert, arbeitet der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) mittlerweile auch mit der NFC-Technik, die die Deutsche Bahn AG für ihr Konzept Touch & Travel nutzt. Seit Juli 2007 läuft ein entsprechender Test, für den zunächst 59 ausgewählte Haltestellen an Haltestellenmasten und Fahrscheinautomaten mit rund 600 passiven Funkchips, sogenannten "ConTags" augerüstet wurden. Durch das einfache Berühren dieser Kontaktpunkte öffnet sich bei Teilnehmern das RMV-Handy-Ticket-Programm auf dem Mobiltelefon von selbst. Mit nur drei Klicks ist dann der Fahrscheinkauf möglich. Bezahlt werden kann per Kreditkarte oder Lastschrift.

Der dreimonatige Pilot mit 300 Testkunden war so erfolgreich, dass in Frankfurt am Main sowie am Frankfurter Flughafen noch 2007 sämtliche 700 Haltestellen mit den Kontaktpunkten ausgerüstet wurden. Mit rund 7 000 "ConTags" ist Frankfurt laut RMV-Angaben damit die erste Stadt Deutschlands, die komplett mit einem für jedermann zugänglichen NFC-Ticket- und Informationssystem ausgerüstet ist. Das im April eingeführte Handy-Ticket auf Basis der Java-Technologie wird parallel weiterhin angeboten.

Trotz aller Unterschiede in der Umsetzung scheint der Weg zu einem deutschlandweiten einheitlichen E-Ticket im ÖPNV nicht mehr allzu weit. Im Jahr 2008 gab es insgesamt sieben Pilotregionen mit einem Projekt auf Basis des gemeinsamen Standards (Saarbahn, Kreisverkehr Schwäbisch Hall, Nahverkehr Hohenlohekreis, Ostalb mobil, Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, Verkehrsverbund Rhein-Sieg und Verkehrsgemeinschaft Niederrhein. Bis 2010 sollen noch die Verkehrsunternehmen in den Regonen Hamburg, Berlin/Brandenburg, Erfurt, Leipzig/Halle, Dresden und das Rhein-Main-Gebiet hinzukommen. Bis 2014 soll dann in rund 25 bis 30 Regionen Deutschlands eine Variante des E-Tickets verwirklicht sein. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X