Daten und Fakten zum Leitartikel

Karten aktuell Mastercard und die Kommission: Ein Überblick

Eckdaten der Auseinandersetzung

19. Dezember 2007: Die EU-Kommission stellt fest, dass die multilaterale Interchange-Fee von Mastercard mit Debitkar ten und Privatkunden-Kreditkarten mit Mastercard- und Maestro-Logo im europäischen Wirtschaftsraum gegen die Vorschriften über wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken gemäß § 81 EG-Vertrag verstoßen. Mastercard wird verpflichtet, seine Praktiken bis zum 21. Juni 2008 mit dem Kartellrecht in Einklang zu bringen. Für den Fall einer verspäteten Umsetzung droht ein Zwangsgeld.

12. Juni 2008: Mastercard schafft die grenzüberschreitende Interchange vorübergehend ab.

1. Oktober 2008: Neues Gebührenmodell bei Mastercard mit neuer Acquirergebühr und höheren Netzentgelten erregt den Verdacht, den Entscheid der Kommission umgehen zu wollen.

März 2009: Mastercard reicht Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen den Kommissionsentscheid ein.

1. April 2009: Kompromiss mit der EU-Kommission. Die EU-Kommission verzichtet auf Einleitung eines Verfahrens wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorgaben der Kommissionsentscheidung von 2007 oder wegen eines Verstoßes gegen das Kartellrecht durch Erhöhung der Kartennetzgebühren beziehungsweise Wiedereinführung einer grenzüberschreitenden Interchange.

Eckpunkte der Zwischenlösung

1. Ab 1. Juli 2009 gelten für innereuropäische, grenzüberschreitende Zahlungen Interchange-Sätze von 0,3 Prozent mit Kreditkarten und 0,2 Prozent mit Debitkarten. 2007 waren es zwischen 0,8 und 1,9 Prozent bei Kreditkarten und 0,4 bis gut 0,75 Prozent bei Debitkarten. Commercial Cards sind von der Regelung weiterhin ausgenommen.

2. Die im Oktober 2008 eingeführte Erhöhung der Kartennetzgebühren für Acquirer, die Einführung der neuen Acquirer-Gebühr und die Aufhebung von Gebührenausnahmen wird zum 1. Juli 2009 rückgängig gemacht.

3. Künftig sollen auch nationale Interchange-Sätze veröffentlicht werden.

4. Bis Ende 2009 sollen die Regularien Acquirer verpflichten, ihren Vertragspartnern unvermischte Preise für Privatkreditkarten, Firmenkreditkarten, Mastercard Debitkarten und Maestro Karten auszuweisen, es sei denn, der Händler wünscht eine Mischkalkulation. Bis Ende 2010 muss diese Pflicht zum sogenannten "Unblending" umgesetzt sein. Rechnungen müssen dann separat für alle Kartenmarken und -typen die Anzahl der Transaktionen, den Gesamtbetrag und den berechneten Preis ausweisen.

5. Mastercard wird eine neue Regel einführen, die Acquirern das Bündeln von Mastercard und/oder Maestro-Kartentransaktionen bei Privat- und Firmenkundenkarten verbietet. Händler können demnach zur Abwicklung der konkurrierenden Mastercard-Marken unterschiedliche Acquirer nutzen.

6. Innerhalb Europas ausgegebene Commercial Cards sollen bis Ende 2010 für den Händler sichtbar als solche erkennbar sein und auch von den Terminals elektronisch als Firmenkarten identifiziert werden können.

7. Beim Surcharging soll es Kartenakzeptanten künftig freigestellt werden, nicht nur für Maestro- und Mastercard-Transaktionen, sondern auch für Transaktionen mit Privat- und Firmenkarten unterschiedliche Kundenentgelte zu berechnen.

Kritikpunkte des Handels

1. Die ausgehandelten Sätze sind zu hoch und nicht kostenbasiert. Die Transaktionskosten liegen laut Euro Commerce unter Berufung auf Bankstudien unter einem Cent pro Transaktion. Zum Vergleich der Kosten von Kartentransaktionen und Barzahlungen nutzt die Kommission Bankzahlen. Handelsstudien zufolge, so Euro Commerce, betragen die Kosten des Bargeldhandlings lediglich zwei Cent pro Transaktion. Überdies verliere Europa durch die Verankerung der Kartenkosten an denen fürs Bargeld die Spareffekte, die effiziente Debitsysteme bewirken könnten.

2. Preisunterschiede zwischen Kredit- und Debitkartentransaktionen sind nicht gerechtfertigt. Da beide Transaktionstypen das gleiche Processing verlangen, bringen sie die gleichen Kosten mit sich.

3. Der Kompromiss berührt nicht die Honour-all-Cards-Regel, die der Handel gerne abgeschafft sehen möchte.

4. Commercial Cards sind von der Regelung nicht betroffen. Euro Commerce befürchtet, dass die Banken zur Ertragssteigerung versuchen werden, Verbraucher auf Commercial Cards umzulenken.

5. Surcharging bei teureren Karten und Commercial Cards bedeutet Diskriminierung und reicht den Schwarzen Peter an den Kunden weiter.

Die Sichtweise bei Visa

Mit der Einigung zwischen Visa und der EU-Kommission 2002 hatte die Kommission nicht allein die Interchange-Sätze bis Ende 2007 freigestellt, sondern vor allem das von Visa vorgelegte Berechnungsmodell gebilligt. Auf dieser Berechnungsbasis wurden mit Wirkung vom 11. März 2009 die Interchange-Sätze gesenkt, weil die steigenden Transaktionszahlen die Stückkosten haben sinken lassen. Die Kommission muss begründen, weshalb das Berechnungsmodell so nicht mehr zulässig ist.

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