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Chinesische Verhältnisse?

Digitale Spuren aus der Nutzung von Kreditkarten können verwendet werden, um urbane Lebensstile abzubilden und die menschliche Mobilität zu verstehen, und damit für die Stadtentwicklung zum Einsatz kommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Massachusetts Institute of Technology, des University College London und der University of California, Berkeley. Das wiederum erleichtere eine sinnvolle Stadtentwicklung.

Für die in "Nature Communications" veröffentlichte Studie verwendeten die Forscher anonyme und aggregierte Kreditkartendaten aus einer Großstadt, die es ihnen ermöglichten, die städtische Bevölkerung in sechs Gruppen aufzuteilen. Ältere Frauen dominierten dabei die "Homemaker"-Gruppe mit den geringsten Ausgaben und der geringsten Mobilität und den Lebensmittelkäufen als Kernaktivität. Die Gruppe "Pendler" bestand hauptsächlich aus Männern, die am weitesten vom Stadtkern entfernt lebten. Junge Menschen können in zwei Gruppen aufgeteilt werden, wobei die jüngeren den größten Teil ihrer Ausgaben für Taxis aufwenden. Die etwas ältere Gruppe gibt ihr Geld auch für Computernetze und Informationsdienste aus, tätigt insgesamt überdurchschnittliche Ausgaben und bewegt sich dabei vor allem im Stadtzentrum.

Der Ansatz, der die Verhaltensdynamik der menschlichen Mobilität mit sozioökonomischen und demografischen Informationen verbindet, könnte es den Wissenschaftlern zufolge politischen Entscheidungsträgern ermöglichen, fundiertere Entscheidungen über die Zuweisung von Ressourcen zu treffen, um sozioökonomische Ungleichheiten, Wirtschaftswachstum und den sozialen Zusammenhalt zu verbessern. Auch Handy-Daten würden bereits für die Transportplanung verwendet.

Theoretisch mag das alles sicher richtig sein. Ob sich dieser Ansatz allerdings auf Deutschland übertragen ließe, ist fraglich. Zum einen müsste man hierzulande die Basis verbreitern und auch Girocard-Transaktionen in die Analyse mit einbeziehen, um aussagefähige Daten zu erhalten. Zum anderen - und das ist wohl eher der Knackpunkt - setzt das voraus, dass sich öffentliche Stellen Zugriff auf Transaktionsdaten verschaffen - und sei es auch nur anonymisiert.

Sollte es ein solches Ansinnen geben oder sollten gar entsprechende Aktivitäten an die Öffentlichkeit gelangen, dann wäre der öffentliche Aufschrei gewiss, ist doch das Erstellen von Bewegungsprofilen seit jeher ein Schreckgespenst für Daten- und Verbraucherschützer. Die weitere Bargeldsubstitution würde durch den Einblick der Politik in Bewegungsmuster und Ausgabeverhalten der Bevölkerung hierzulande sicher nicht befördert werden. In China mit der flächendeckenden Überwachung der Bürger mag, was die Wissenschaftler vorschlagen, durchaus nützlich sein. In Deutschland wird die Payment-Branche es wohl aus gutem Grund nicht unterstützen oder von sich aus ins Gespräch bringen. Red.

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