EuGH-Urteil: Sepa-Lastschrift doch vor dem Aus?

Swantje Benkelberg, Quelle: Fritz Knapp Verlag

Die Erleichterung in Sachen Sepa-Lastschrift währte nur kurz. Erst im Juni dieses Jahres hat die europäische Bankenaufsicht EBA klargestellt, dass die Sepa-Lastschrift üblicherweise keiner starken Kundenauthentifizierung bedarf. Das macht die Lastschrift neben dem Kauf auf Rechnung zu einer Option für all jene Händler, die auch nach dem Ende der von der BaFin gewährten "Gnadenfrist" noch nicht fit für die Zwei-Faktor-Authentifizierung sind - oder die eine Anpassung ihrer Bezahlprozesse vermeiden wollen.

Die Freude darüber ist jedoch durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 5. September stark getrübt. Denn der EuGH hat klargestellt, dass die Möglichkeit, per Sepa-Lastschrift zu zahlen, nicht von einem Wohnsitz im Inland abhängig gemacht werden kann. Aus Sicht des Online-Handels ist das Urteil eine schlechte Nachricht - war es bisher doch gelebte Praxis, die Bezahlung per Lastschrift nur Kunden anzubieten, bei denen per Schufa-Abfrage die Bonität leicht zu überprüfen ist. So handhabte es beispielsweise die Deutsche Bahn, die damit zum Stein des Anstoßes und letztlich zum Auslöser des Verfahrens vor dem EuGH wurde. Gegen deren Praxis, zwar in Österreich Online-Tickets zu verkaufen, die Online-Lastschrift als Bezahlart jedoch Kunden mit Wohnsitz in Österreich nicht anzubieten, hatte der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) geklagt und sich letztlich durchgesetzt.

HDE sieht einen Ausweg

Heißt das nun: Entweder Lastschrift als Bezahloption ausnahmslos für alle Kunden oder überhaupt nicht? Bei der Antwort auf diese Frage wird es knifflig. Denn die Details, ob beziehungsweise wann das Bezahlen per Sepa-Lastschrift einzelnen Kunden verweigert werden kann, hat der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil gar nicht geklärt. Klar ist nach dem Urteil nur, dass Shops das "Ja" oder "Nein" nicht ausschließlich vom Wohnsitz des Kunden abhängig machen dürfen. Welche anderen Kriterien möglicherweise zulässig wären, bleibt hingegen offen. Darauf macht der Einzelhandelsverband Deutschland e.V. (HDE), Berlin, aufmerksam.

Hier könnte möglicherweise ein Ausweg liegen. Denn sollte es zulässig sein, eine Bezahlung mittels Lastschrift aufgrund von Ergebnissen einer Risikoabwägung abzulehnen, dann ließe sich auch künftig differenzieren. Mit Schufa-Auskunft oder einer vergleichbaren Bonitätsabfrage bei Kunden aus dem europäischen Ausland ja - ohne eine solche Abfrage zu vertretbaren Konditionen nein, könnte dann die Regelung lauten, die in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingearbeitet werden könnte.

AGBs nur umformulieren?

Im Grunde entspräche das der bisherigen Praxis. Denn auch bisher schon wurde die Ablehnung bei Kunden im Ausland nicht aus rein geografischen Gesichtspunkten vorgenommen, sondern unter Aspekten der Risikoprüfung beziehungsweise der Wirtschaftlichkeit. Die Deutsche Bahn etwa hatte die Tatsache, dass Kunden aus Österreich ihre Fahrkarten nicht per Lastschrift bezahlen konnten, damit begründet, dass die Bonitätsinformationen aus Österreich etwa 15-mal so teuer sind wie die aus Deutschland. Im Endeffekt müssten die AGBs also vielleicht nur anders formuliert werden, damit dieser Aspekt klar zum Ausdruck kommt.

Ganz so einfach ist es freilich nicht. Denn es ist kaum davon auszugehen, dass die österreichischen Verbraucherschützer sich mit einer solchen Formalität zufriedengeben würden. Gut möglich, dass sie eine Beibehaltung der bisherigen Praxis bei einer bloßen Neuformulierung der Begründung als Umgehungstatbestand interpretieren und erneut klagen würden. Es bleibt also zumindest eine rechtliche Unsicherheit, wie künftig das Online-Lastschriftverfahren rechtssicher fortgeführt werden kann, ohne dass die Risiken eines Zahlungsausfalls einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich machen. Hier fordert der HDE zu Recht Klarheit. Fraglich ist, ob diese ohne ein weiteres höchstrichterliches Urteil auf europäischer Ebene zu erreichen ist.

Einstweilen bewegen sich Online-Händler, die die Lastschrift als Bezahloption anbieten, auf dünnem Eis. Entweder sie riskieren, dass auch neu formulierte AGBs der gerichtlichen Prüfung nicht standhalten, wenn Kunden aus dem Ausland die Bezahlung per Lastschrift nicht angeboten wird. Oder sie laufen Gefahr, ein erhöhtes Risiko zu tragen, wenn sie die Bezahlart allen Kunden anbieten. Ob diese Lösung infrage kommt, wird vermutlich stark vom Kundenmix abhängen. Der Vorschlag des EuGH, Waren erst nach Geldeingang auszuliefern, ist für den Handel keine Option. Eine solche Vorgehensweise würde die Konversionsraten wohl drastisch sinken lassen. So oder so wird der Online-Handel sein Portfolio an Bezahlverfahren jetzt noch einmal neu überprüfen müssen. Die Sepa-Lastschrift muss dabei nicht zwingend ausgemustert werden. Sie könnte aber künftig von deutlich weniger Shops angeboten werden als bisher.

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