MOBILE PAYMENT

Kreditkarte - der Winter naht

Hans Hoffmann, Foto: Trustly

Alternative Zahlungsmöglichkeiten wie die Online-Direktüberweisung werden den europäischen wie globalen Zahlungsverkehr nicht nur verändern, sondern sogar weitreichend umkrempeln, meint Hans Hoffmann. Das liegt zum einen an der Zunahme des grenzüberschreitenden Online-Handels, für den nationale Bezahlverfahren nicht aufgestellt sind. Kreditkarten bieten hier zwar eine Lösung, doch leidet der Nutzerkomfort beim Gebrauch mobiler Endgeräte sowie durch die Sicherheitsanforderungen gemäß PSD2. Alternative Bezahlverfahren auf Basis der Online-Direktüberweisung sieht Hoffmann deshalb im Aufwind. Bis 2021 könnte bereits jede zweite Online-Transaktion über sie abgewickelt werden. Red.

Grenzen, Zölle, Handelsbarrieren - das gesamte Arsenal längst vergangen geglaubter Handelskriege scheint wieder in Mode zu kommen, wenn man sich so manche politische Debatte der jüngsten Vergangenheit zu Gemüte führt. Die gute Nachricht ist, dass das dem weltweiten Handel nicht geschadet hat. Im Gegenteil führt die Digitalisierung die Welt neu zusammen.

Der grenzüberschreitende Online-Handel boomt und die neuen Technologien verändern permanent die alten wirtschaftlichen Strukturen, weltweit. Treiber dafür sind nicht nur ausgefallene Wünsche nach lokal nicht verfügbaren Spezialitäten, sondern die breite Auswahl an Produkten, die hohe Preistransparenz und die Nutzung von Kostenvorteilen über alle Grenzen hinweg. Laut einer aktuellen Studie von PwC kaufen bereits rund 71 Prozent der deutschen Online-Shopper im Ausland, oftmals unbewusst. So gab jeder vierte Käufer an, erst bei der Lieferung bemerkt zu haben, dass er im Ausland eingekauft hatte.

Cross-Border-Käufe werden zur Normalität

Seit Ende letzten Jahres ist in Europa das Geoblocking weggefallen, damit dürften die Cross-Border-Käufe noch mehr zur Normalität werden. Shopping-Giganten wie Amazon, Alibaba und Ebay erlauben mit ihren digitalen Marktplatzangeboten Kunden wie Händlern den Zugang zu lokalen und globalen Marktplätzen gleichermaßen. Ländergrenzen? Die sind in dieser digitalisierten Welt kaum mehr relevant. Die Logistik ist ausgereift. Und die Zahlung? Dafür gibt es doch die Kreditkarten, oder? Nicht ganz.

Länderspezifische Zahlungspräferenzen

Gerade am Beispiel Zahlungsanbieter zeigt sich, dass der digitale Markt ständig in Bewegung ist. Er verändert nicht nur das Einkaufsverhalten, sondern auch die Zahlungsgewohnheiten. Kunden schätzen gewohnte Vorgänge, die auch im digitalen Shoppingparadies funktionieren sollen. Deshalb legen sie in Bezug auf User Experience und Usability die Messlatte höher: Neue Verfahren sind dann spannend, wenn sie schneller, sicherer und komfortabler ablaufen als Bekanntes. Und hier spielt die Musik im Markt der alternativen Zahlungsanbieter.

Global etablierte Präferenzen beim Zahlen gibt es bis heute noch nicht, dafür aber einige Mega-Trends, die sich zu festigen scheinen. In China beispielsweise nehmen viele Geschäfte kein Bargeld mehr an, stattdessen wird das Handy gezückt: Über eine halbe Milliarde Chinesen nutzen das Smartphone zum Bezahlen - das sind fast so viele Menschen wie in der EU leben.

In Europa sind die Niederlande oder Schweden in der Vorreiterrolle bei der Anwendung alternativer Zahlungssysteme: In den Niederlanden hat sich Ideal als beliebteste Zahlungsmethode durchgesetzt. Die niederländische Version der Direktüberweisung vom Bankkonto hatte 2018 im E-Commerce Segment einen Marktanteil von 59 Prozent und wurde bei rund 525 Millionen Online-Transaktionen genutzt - starke Zahlen für ein Land mit lediglich 17 Millionen Einwohnern.

In Schweden ist Swish sehr erfolgreich, 65 Prozent der Schweden nutzen das Mobile-Payment-System. Bei Swish ist die Telefonnummer des Nutzers via App mit seinem Bankkonto verbunden, wodurch Überweisungen in Echtzeit ermöglicht werden.

Und in Deutschland? Hier schätzt der Endkunde traditionell den Kauf auf Rechnung - was wiederum für den Händler die am wenigsten favorisierte, weil für ihn unsichere Variante ist, und daher den Markt für alternative Payment-Anbieter im Bereich abgesicherten Rechnungskauf öffnet.

Den meisten länderspezifischen Lösungen aber ist eines gemein: Grenzüberschreitende Zahlungen sind damit nur schwer oder mit Einschränkungen möglich, wenn überhaupt. Und so scheitert die schöne neue grenzüberschreitende Online-Shoppingwelt an so etwas Profanem wie dem Bezahlen, denn: Neue Zahlverfahren müssen für Nutzer einen Vorteil gegenüber bekannten, etablierten Methoden bieten.

Was für den Endnutzer gilt, gilt natürlich ebenso für den Händler. Auch dieser stellt sich Fragen nach den Kosten, der Bequemlichkeit, der Sicherheit und nicht zuletzt nach der Schnelligkeit. Trifft all dies nicht mehr zu, steigen Käufer beim Checkout an der Kasse aus, das Geschäft kommt nicht zustande.

Noch ein weiterer Trend ist länder- und generationenübergreifend ungebrochen: Die steigende Tendenz zum Mobile Device. Galt schon bisher, dass sich im digitalen Zeitalter vor allem Produkte durchsetzen, die anwenderfreundlich, sicher und bequem einsetzbar sind, so kommt nun auch noch der Aspekt der mobilen Nutzung hinzu. Der E-Commerce hat das verstanden, umarmt das Smartphone und bietet entsprechende Shoppingoberflächen - bis hin zur Auswahl einer möglichst breiten Palette an Zahlungsmöglich keiten.

Kreditkarte hinkt beim Thema Mobile Readyness hinterher

Ein besonders wichtiges Kriterium ist außerdem die Einfachheit: Wer einkauft, will das Bezahlen simpel und schnell erledigt haben - und keine weitere Registrierung mit sensiblen Daten auf dem Handy durchführen und zusätzlich neue Benutzernamen und Passwortkombinationen erlernen.

Welche Bezahlverfahren aber kommen primär für das Thema "grenzüberschreitende Zahlung" infrage? Die wichtigsten Verfahren, die für die Anforderungen des Handels infrage kommen, sind die Kreditkarte, das Wallet sowie die Online-Direktüberweisung.

Die Kreditkarte ist gewissermaßen der Klassiker unter allen Bezahlverfahren: international einsetzbar, breite Akzeptanz, großer Nutzerstamm. Beim Thema Mobile Readyness und Anwenderfreundlichkeit hinkt die Kreditkarte allerdings eher hinterher. Die manuelle Eingabe von langer Kartennummer, Verfallsdatum und Kartenprüfnummer auf dem relativ kleinen Bildschirm eines Mobile Device ist umständlich und fehleranfällig.

Sicherheit beeinträchtigt Nutzerfreundlichkeit

Zudem ist diese Zahlungsmethode missbrauchsgefährdet. Denn allein durch Kenntnis dieser Daten kann jeder damit online einkaufen. Die Schadenssumme aus Kartenbetrugsfällen belief sich 2016 global auf 22,8 Milliarden US-Dollar und soll sich laut Prognose des Nielsen Reports bis 2025 sogar mehr als verdoppeln. Zusätzliche Sicherheitsverfahren wie 3D Secure machen das System sicherer, aber die Eingabe weiterer Codes macht die Zahlung deutlich unkomfortabler, was sich beim Händler in einer erhöhten Dropout-Rate niederschlägt - weshalb dieser häufig darauf verzichtet.

Durch die PSD2 wird eine zusätzliche Sicherheitsabfrage ab Mitte September allerdings zum notwendigen Standard, das heißt Händler müssen dann einen komplizierteren aber sichereren Prozess anbieten. Unterm Strich macht die Kreditkarte im heutigen E-Commerce weder Händler noch Kunden richtig glücklich - es sei denn, man nutzt und schätzt den eingeräumten Kreditrahmen.

Auch E-Wallets sind nur Mittler

Einfacher gestaltet sich die Online-Zahlung für den Kunden über elektronische Wallet-Lösungen. Ein Cyberwallet, zum Beispiel Paypal, ist prinzipiell ähnlich konstruiert wie die Kreditkarte, lediglich in modernerer Hülle. Die Nutzer verknüpfen das Wallet mit ihrer Kreditkarte oder ihrem Bankkonto. Die E-Wallets vereinfachen auf diese Weise den Online-Zahlungsprozess von Karten- oder Lastschriftzahlung für den Konsumenten. Denn die Wallets wurden an die Anforderungen des Online-Payments angepasst.

Aber für den Zahlungsvorgang reicht nicht mehr lange die alleinige Eingabe von Username und Passwort aus, auch Paypal muss den Anforderungen der PSD2 gerecht werden und eine weitere, sicherere Authentifizierungsmethode zur Überprüfung der Benutzeridentität einsetzen. Analog zur Plastikkarte ist auch das E-Wallet als Mittler zu sehen, der eine Verbindung zwischen Bankkonto und Zahlungsforderung herstellt. Mithin ist auch bei dieser Lösung ein Drittanbieter in den Zahlungsprozess zwischengeschaltet.

Online-Direktüberweisung auf dem Vormarsch

Dabei ist der Umweg über diese Zwischenstelle heutzutage obsolet: Warum Mittler einschalten, wenn es genauso einfach auch direkt vom Online-Bankkonto aus geht? Genau dieser Vorgang kommt bei den alternativen Zahlungsverfahren, die auf Online-Direktüberweisung basieren, zum Tragen. Zählte die klassische Überweisung lange Zeit eher nicht zu den Payment-Favoriten der Händler, ist ihre modernere Version mittlerweile auf dem Vormarsch. Dauerte es bei einer Überweisung früher oftmals mehrere Tage, bis der Händler Gewissheit über die Zahlung hatte, so erhält er heute die Information über die Zahlungsauslösung in Echtzeit. Mit Erhalt dieser Zahlungsinformation kann der Händler den sofortigen Warenversand veranlassen.

Auch in Bezug auf die stärkeren Sicherheitsanforderungen sind alternative Zahlungsmöglichkeiten wie die Online-Banküberweisung bereits automatisch einen Schritt weiter. Die Systeme setzen auf die Prozesse des Online-Bankings auf und die Banken nutzen im Zahlungsprozess schon länger standardmäßig die Abfrage zweier voneinander unabhängiger Faktoren, zum Beispiel Benutzername und Passwort und die Mobile TAN oder die Photo TAN.

Prozesse sind den Kunden bekannt

Damit entsprechen die Banken bereits meist schon jetzt den stärkeren Sicherheitsanforderungen der PSD2, die unpassenden Verfahren wie die i-TAN werden abgeschafft. Da die Prozesse der Banken den Kunden bekannt sind, ist die Nutzung der alternativen Zahlungsmethoden kein Problem. Dieser Gewohnheitseffekt kommt auch dem Händler im E-Commerce zugute und spiegelt sich in der Conversion Rate wider.

Kreditkarte wie auch E-Wallet erfüllten zur Zeit ihrer Markteinführung die Bedürfnisse von Kunden, sind im Laufe der Zeit jedoch vielmehr zu Gewohnheitszahlungsmitteln geworden. Beim genauen Vergleich mit den technologisch fortschrittlichen Zahlungsvarianten wird deutlich, dass sie (mit Ausnahme des Kreditrahmens bei der Kreditkarte) keine ausschlaggebenden Vorteile mehr besitzen.

Aktuelle Studien zeigen, dass alternative Payment-Methoden (kurz: APMs) die auf Online-Banking basieren, im Wachstumsmarkt Online-Handel sprunghaft an Bedeutung gewinnen. Angesichts der Tatsache, dass mittlerweile mehr als jeder zweite Deutsche Online-Banking nutzt und rund 66 Millionen Online-Konten existieren, sind die Voraussetzungen für weiteres Wachstum bereits heute geschaffen. Bis 2021 wird mehr als die Hälfte aller Online-Transaktionen über APMs abgewickelt werden. Um die Bedeutung kurz in Relation zu setzen: Weltweit wird der Umsatz des E-Commerce bereits für 2019 auf mehr als 1,795 Billionen Euro geschätzt. Der Großteil dieser Zahlungen wird über digitale Lösungen geleistet. Damit fallen traditionelle Kredit- und Debitkarten gegenüber alternativen Payment-Methoden auf die hinteren Plätze zurück.

Das Konto rückt ins Zentrum

Die zahlreichen neuen Verfahren werden als einfacher, bequemer, schneller oder schlicht moderner angesehen. Und darauf kommt es am Ende des Tages an: Auch beim Bezahlen die Erwartungshaltung des Kunden zu erfüllen. Dabei spielen alternative Zahlungsmethoden wie die Online-Direktüberweisung eine entscheidende Rolle. Sie vereinfachen den Zahlungsprozess durch den direkten Zugriff auf das Konto, ohne einen unnötigen Mittler einzubeziehen. So rückt das Bankkonto des Kunden bei der Online-Direktüberweisung in das Zentrum der persönlichen Finanzen.

Nicht nur offline, sondern auch online behält der Nutzer durch diese Vereinfachung immer die Kontrolle über seine Finanzen. Denn hier laufen alle Dienste in einer Hand zusammen, wie die Übersicht der Zahlungsausgänge und auch -eingänge, etwa bei Rückzahlungen von Retouren.

Diese Vorteile überzeugen selbst in Märkten mit bisheriger Kartenpräferenz, klassisches Beispiel: USA. Bezahldienstleister schließen hier Partnerschaften, um Endkunden wie Händlern kombinierte digitale Lösungen anzubieten. So zum Beispiel Trustly, das mit der Übernahme von Paywithmybank, dem US-amerikanischer Vorreiter im Bereich Online-Bankzahlungen aus dem kalifornischen Silicon Valley, den Grundstein dafür gelegt hat, ein gemeinsames transatlantisches Zahlungsnetzwerk für Online-Banküberweisungen zu formen - das erste und einzige seiner Art. Durch einmalige Integration ermöglicht dieses Netzwerk Händlern eine Expansion und Zugang zu weltweit 400 Millionen Kunden - und schafft damit echten grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr.

Hans Hoffmann, General Manager Germany/Austria, TRUSTLY Germany GmbH, Köln
Hans Hoffmann , General Manager Germany/Austria, TRUSTLY Germany GmbH, Köln

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