PAYMENT-TECHNOLOGIE

P2P-Zahlungen: SPL-Standard statt europäische Marktfragmentierung

Henrik Hodam, Foto: equensWorldline

P2P-Payments via Smartphone sind auch in Europa im Aufwind - sie stoßen aber an Ländergrenzen. Diese Fragmentierung des europäischen Marktes durch eine Vielzahl an Apps soll der vom EPC initiierten SPL-Standard zu überwinden helfen. Nutzer müssen dann keine IBAN des Empfängers mehr wissen oder eingeben, es reicht eine Handynummer oder E-Mail-Adresse. Das soll europäische Dienste im Wettbewerb mit Globalen stärken und gleichzeitig für Transaktionssicherheit und Datenschutz sorgen. Funktionieren kann das aber nur, wenn möglichst viele nationale Zahlungsdienstleister sich dem interoperablen Netzwerk anschließen, so Henrik Hodam. Red.

Schnell und einfach eine Rechnung im Restaurant teilen, sich am Geburtstagsgeschenk beteiligen oder auch Dienstleistungen wie Maler oder Gartenhilfe bezahlen: Das sogenannte Person-to-Person-Bezahlen (P2P) klang vor wenigen Jahren noch nach Zukunftsmusik, wird jetzt aber immer bekannter und beliebter. So hat eine Studie des Branchenverbands Bitkom beispielsweise herausgefunden, dass jeder fünfte Bundesbürger P2P-Bezahllösungen bereits nutzt oder künftig einsetzen will. Finanz- und Zahlungsdienstleister, die diesbezüglich kundenorientiert und wettbewerbsstark auftreten wollen, müssen sich Lösungen und Strategien überlegen, die diesen steigenden Bedarf decken.

Das gilt auch für europäische Services: So wünschen sich in Zeiten internationaler Wirtschaftsbeziehungen, dienstlicher und privater Reisen und Co. immer mehr Verbraucher länderübergreifende P2P-Zahlungen. Das Problem dabei: Der Zahler muss stets die Kontodaten des Empfängers wissen. Das ist besonders schwierig, wenn beide Personen nicht bei dem gleichen Dienstleister registriert sind.

Mobile P2P-Zahlungen ohne IBAN

Ein sogenannter SPL-Services (Sepa Proxy Lookup Services) bietet in diesem Zusammenhang ein intelligentes europaweites Routing-Netzwerk zwischen den verschiedenen nationalen und internationalen Zahlungsanbietern. Das hat zum Ziel, basierend auf einem Alias (dies kann die Handynummer oder demnächst auch die Mail-Adresse sein), die entsprechenden Kontodaten des Zahlungsempfängers zu erfragen. Die Besonderheit dabei ist, dass der SPL keine zentrale IBAN-Datenbank aufbaut. Stattdessen schickt der Dienst eine parallele Anfrage an die angeschlossenen Zahlungsdienstleister mit der Bitte um Identifizierung des Empfängers und Zusendung der Kontodaten (IBAN und Name des Empfängers).

Um nicht immer alle angeschlossenen Dienstleister anfragen zu müssen, wird anhand der Länderkennung in der Mobilfunknummer die Suche auf Dienstleister mit Kunden in diesem Land eingeschränkt. Gibt es mehrere Dienstleister, entscheidet das System basierend auf definierten Regeln, welcher Dienstleister ausgewählt wird. Dabei spielen die Präferenzen des Endkunden und die Aktualität der Kontodaten eine wichtige Rolle.

Nachdem der SPL-Service dem Sender die notwendigen Daten für eine Überweisung (SCT oder SCT Inst) zur Verfügung gestellt hat, initiiert der jeweilige Finanzdienstleister oder Payment-Anbieter des Zahlers auf Grundlage dieser Informationen die Überweisung. Der Service ist mit einer Telefonauskunft vergleichbar: Sie liefert zwar die Nummer des Empfängers, der Anruf muss aber noch selbst getätigt werden.

Mit dem neuen SPL-Service lassen sich mobile P2P-Zahlungen ins Ausland deutlich schneller und einfacher veranlassen. Kunden können so mit ihrem Smartphone europaweit Geld überweisen, ohne die IBAN des Empfängers aufwendig eintippen zu müssen. Dadurch werden auch die Abläufe bei den beteiligten Zahlungsanbietern effizienter und zuverlässiger: Da niemand mehr kryptische Zahlenfolgen von Hand eingeben muss, sind auch keine Datenprüfungen auf mögliche Fehleingaben mehr notwendig. Der SPL sorgt so für einen schlankeren Zahlungsprozess, der zugleich sicherer und weniger fehleranfällig für den Kunden und den Dienstleister wird.

Durch die Definition und Umsetzung des SPL-Schemes zielt das EPC auf die Schaffung eines einheitlichen europäischen Zahlungsraumes. Der SPL-Standard schafft hierbei die technisch-organisatorischen Voraussetzungen für grenz- und anbieterüberschreitende P2P-Zahlungen. Er bildet die Grundlage einer notwendigen Interoperabilität, die ein reibungsloses Zusammenspiel zwischen den verschiedenen nationalen Zahlungslösungen ermöglicht.

EPC-SPL-Scheme als Grundlage

Um dieses Ziel zu erreichen, hatte das EPC vor zwei Jahren eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um diese wachsende Anzahl fragmentierter P2P-Zahlungsdienste in Europa durch einen über geordneten SPL-Dienst zu vereinheitlichen. Nach Ausschreibung und Evaluierung aller eingereichten Angebote entschied sich die EPC-Task-Force für Equens-Worldline als Dienstleister für die Implementierung und Bereitstellung des neuen SPL-Services.

Ein wesentlicher Grund für das EPC, dem Ausbau des europäischen Zahlungsraumes bei mobilen P2P-Zahlungen eine so große Bedeutung beizumessen, ist der enorm gestiegene Stellenwert von Smartphones im Alltag. Einkauf, Reisebuchung, Banking und mehr finden heute größtenteils auf dem Handy statt. Für mobile Zahlungen mittels Kreditkarte stellen dabei P2P-Zahlungen mittels Überweisungen eine gern gewählte kostengünstigere Option dar, die bislang allerdings meist nur auf den jeweiligen Inlandsmarkt ausgerichtet ist.

Die Aufsplitterung des Marktes führt nun dazu, dass bei grenzüberschreitenden Zahlungen zwangsläufig verschiedene P2P-Zahlungsdienste zum Einsatz kommen. Außerdem gibt es in vielen Ländern mehrere Anbieter von P2P-Zahlungen, wobei nicht immer beide Teilnehmer beim gleichen Anbieter registriert sind. Bei derartigen P2P-Zahlungen muss deshalb der Empfänger oft per Mail oder SMS benachrichtigt werden damit er alle notwendigen Informationen wie IBAN oder Kontoinhaber manuell eingibt - ein umständlicher Transaktionsprozess, der überdies fehleranfällig und benutzerunfreundlich ist.

Sicherheit und Datenschutz im Fokus

Gerade in Deutschland wird bei solchen zentralen Integrationslösungen, bei der personenbezogene Informationen eine wichtige Rolle spielen, sehr schnell die Frage nach dem Datenschutz laut. Equens-Worldline hat unter Aufsicht des EPC den europaweiten SPL-Service in diesem Zusammenhang unter strenger Beachtung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) entwickelt.

So verzichtet der Service beispielsweise bewusst auf eine zentrale Datenbank, die sämtliche Nutzer- und Bankdaten enthält. Stattdessen sind personenbezogene Daten zum Zahler und Zahlungsempfänger wie bisher nur bei seinem jeweiligen Finanzdienstleister oder P2P-Zahlungsdienstleister hinterlegt - also dort, wo die Kunden sich auch registriert haben. Hier muss der Kunde durch entsprechende Geschäftsbedingungen einer Nutzung des Services und der damit verbundenen Weiterleitung der Bankdaten zustimmen.

Sämtliche Daten werden ausschließlich für die Dauer des Überweisungsvorgangs verwendet und anschließend wieder aus dem System des SPL-Dienstes gelöscht. Eine Weitergabe oder Nutzung der Daten für andere Zwecke findet unter keinen Umständen statt.

Höhere Transaktionssicherheit

Der SPL-Service ist nicht nur DSGVO-konform, er bietet sogar ein höheres Maß an Transaktionssicherheit. Denn anders als bisher, erhält der Zahler nach dem Start einer Anfrage innerhalb von Sekunden eine Antwort vom System. Er sieht Name und IBAN des Empfängers und kann alle Überweisungsinformationen nochmals prüfen. Erst wenn der Kunde zustimmt, wird der Geldtransfer tatsächlich ausgelöst. Welche Informationen dabei im Einzelnen angezeigt werden, ist je nach Gesetzeslage von Land zu Land verschieden. In einigen Ländern dürfen die Namen nicht direkt angezeigt werden. Dort erscheint dann zum Beispiel lediglich der erste und letzte Buchstabe des Namens.

Die Services außereuropäischer Zahlungsdienstleister werden in Europa immer stärker genutzt. Das birgt nach Aussagen der Europäische Zentralbank (EZB) jedoch die Gefahr einer zu starken Abhängigkeit von Paypal, Apple, Google und Co. Europa könne, so die EZB, nur mit paneuropäischen Anbietern und Services ein ernstzunehmender Konkurrent im Kampf um Marktanteile im globalen Zahlungsgeschäft sein. Das Zentralbankgremium fordert daher bereits seit längerem, bei der Entwicklung von Zahlungsdiensten nicht nur in nationalen Kategorien zu denken, sondern den europäischen Markt als Ganzes im Auge zu behalten.

Die Marktfragmentierung stoppen

Bisher arbeiten die meisten Länder aber immer noch an separaten Payment-Lösungen und berücksichtigen dabei vorrangig nationale Belange. Auch der "einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum", besser bekannt als Sepa, brachte bislang noch nicht die erhofften Fortschritte auf dem Weg zu einem paneuropäischen Zahlungsökosystem.

Die zunehmende Verbreitung unterschiedlicher Apps und Tools behindert jedoch diese Vereinheitlichung und führt zu einer fortschreitenden Fragmentierung des Marktes. Um die Kontrolle über europäische Online-Zahlungen nicht an Tech-Riesen aus Übersee zu verlieren, müssen Anbieter ihren Kunden daher ebenfalls die Möglichkeit zu grenzen- und anbieterübergreifenden Zahlungen bieten. In diesem Zusammenhang ist es essenziell, dass alle europäischen Payment-Akteure ihre Aktivitäten bündeln und gemeinsam an einem zeitgemäßen Nutzungserlebnis arbeiten. Die Erwartungen der heutigen Verbrauchergeneration insbesondere hinsichtlich mobiler P2P-Zahlungen müssen hierbei stärker Berücksichtigung finden. Das aber kann nur dann gelingen, wenn die Marktfragmentierung gestoppt und umgekehrt wird.

Der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit europäischer Zahlungsdienstleister liegt in der Fähigkeit, ihre jeweiligen Systeme über Länder- und Anbietergrenzen hinweg miteinander zu ver binden. Der große Vorteil des neuen SPL-Service: Der bisherigen Fragmentierung der europäischen Zahlungswelt kann entgegengewirkt werden, ohne dabei komplett neue Zahlungsdienste und -standards schaffen zu müssen.

Breite Teilnahme an neuen SPL-Services notwendig

Die Investitionen für bereits entwickelte Payment-Dienste bleiben nicht nur geschützt, sondern werden zum Beispiel durch höheren Nutzungskomfort deutlich aufgewertet. Außerdem können Verbraucher ihren bisherigen Dienst wie bisher nutzen und bekommen die neue übergreifende Funktionalität in das gewohnte Benutzererleben integriert.

Worauf es jetzt ankommt: Möglichst viele nationale Zahlungsdienstleister sollten sich dem globalen interoperablen SPL-Netzwerk anschließen, um so gemeinsam ein europaweites Payment-Ökosystem zu errichten. Der seit März 2019 verfügbare neue SPL-Service ist einfach anzubinden und verlangt von Anwendern praktisch keine Umgewöhnung.

Im Gegenteil: Dank deutlich verbesserter Benutzerfreundlichkeit bei internationalen Überweisungen ebnet der Sepa Proxy Lookup Service den Weg für neuartige Zahlungsdienste im Rahmen der Europäischen Zahlungsdienstrichtlinie PSD2 sowie auch für Instant Payments. SPL überwindet nicht nur die hemmende Fragmentierung, sondern eröffnet europäischen Anbietern auch völlig neue Wettbewerbschancen.

Henrik Hodam, Mobile Payment Specialist, equensWorldline, Frankfurt am Main
Henrik Hodam , Senior Product Manager Open Banking Products , Worldline Germany GmbH, Frankfurt am Main
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