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"Im Moment fällt es mir schwer, das Haar in der Suppe zu finden" Interview mit Björn Hoffmeyer

 Björn Hoffmeyer, American Express

Mit konkreten Zahlen ist Björn Hoffmeyer, wie es bei American Express üblich ist, sehr zurückhaltend. Seine Einschätzung der Geschäftsentwicklung ist jedoch durchaus positiv. Auf der Issuing-Seite profitiert Amex vor allem von Payback. Denn mit der kostenlosen Karte können neue Zielgruppen erschlossen werden, ohne das klassische Geschäft zu kannibalisieren. Und im Akzeptanzbereich schwimmt American Express - obwohl als Drei-Parteien-System von der Regulierung ausgenommen - bislang auf der Welle zu mehr Kreditkartenakzeptanz infolge der Interchange-Regulierung mit. Red.

Wie hat sich das Geschäft von American Express in den letzten Jahren entwickelt?

In den letzten Jahren hat sich das Geschäft insgesamt sehr dynamisch entwickelt - sowohl im Issuing als auch bei der Akzeptanz.

- Im Consumer-Bereich ist Payback zu einem großen Standbein geworden, weil wir damit neue Zielgruppen ansprechen können. Das hat sich in den letzten zwei bis drei Jahren sehr positiv entwickelt.

- Im Corporate-Bereich hat sich American Express traditionell immer sehr gut geschlagen, zum einen durch den Fokus auf die globalen Kunden wie Siemens, zum anderen gleichzeitig auch mit einer Konzentration auf den Mittelstand in den letzten Jahren.

- Auch im Akzeptanzbereich können wir in letzter Zeit spannende Entwicklungen beobachten. Viele haben die Regulierung als Damokles-Schwert gesehen. Sie kann aber auch eine Chance sein. Und es zeichnet sich bereits ab, dass sich der Markt insgesamt stark für die Kreditkartenakzeptanz öffnet. Im Zuge dieser Entwicklung baut auch American Express das Akzeptanznetz weiter aus, sowohl bei großen als auch bei kleinen Unternehmen. Im Großkundenbereich konnte eine Reihe neuer Unternehmen akquiriert werden - darunter zum Beispiel Ikea, Media-Saturn und C&A. Vor zwei Jahren hat American Express zudem ein Akzeptanzprogramm für kleine und mittelständische Unternehmen aufgelegt, das ihnen ein einheitliches Pricing von 1,9 Prozent anbietet. Auch das hat zu einem deutlichen Ausbau des Akzeptanzstellennetzes geführt.

Insgesamt entwickelt sich unser Geschäft also gut. Im Moment fällt es mir somit schwer, das Haar in der Suppe zu finden.

Gibt es ein steigendes Interesse von Banken an Vertriebspartnerschaften mit American Express?

In Sachen Vertrieb profitiert American Express sehr stark von der zunehmenden Digitalisierung. Der Fokus liegt heute auf dem Internet, weil der Vertrieb hier sehr kostengünstig ist. Deshalb sind wir auf Drittvertriebsnetze nicht mehr so stark angewiesen. Auch den Stand am Flughafen - früher einer der wichtigsten Vertriebskanäle - gibt es zwar noch. Er gehört jedoch zu den Vertriebswegen, die durch das Internet massiv substituiert werden.

Trotzdem sind Vertriebskooperationen mit Banken ein interessanter Vertriebskanal. Jede Bank mit entsprechender Reichweite, die an einer solchen Zusammenarbeit Interesse hat, würden wir gerne ins Portfolio aufnehmen. Es ist jedoch vielleicht noch etwas zu früh, um eine Aussage zu treffen, wie sich die Regulierung an dieser Stelle auswirkt. Mit der einen oder anderen Bank, der das Kartengeschäft nicht mehr so viel Freude macht, sind wir bereits in Gesprächen. Ich hätte aber erwartet, dass das häufiger passiert.

Bei der Akzeptanz öffnet sich durch die Regulierung die Schere zwischen American Express und den regulierten Kartensystemen noch deutlich weiter als bisher. Gibt es da auch Negativeffekte?

Wir haben die Regulierung immer als Chance verstanden, im Sinne eines neuen Schubs für das bargeldlose Bezahlen. Wenn der Kuchen insgesamt wächst, bleibt am Schluss für alle mehr übrig.

Natürlich muss man erst einmal abwarten, wie der Markt sich sortiert. Dieser Prozess hat gerade erst begonnen. Damit haben andere Länder früher begonnen als Deutschland, was vermutlich daran liegt, dass die Kreditkarte im Vergleich zu Bargeld und Debitkarte hier keine besondere Priorität genießt.

Bisher ist jedoch nicht festzustellen, dass wir unter der Regulierung leiden. Eher im Gegenteil: Es gibt insgesamt einen Trend hin zu Karten, sowohl im Handel als auch bei den Verbrauchern. Und da ist auch American Express in den Gesprächen dabei.

Stichwort Debit: Brauchte American Express eine eigene Debit-Marke?

Darüber haben wir schon mehrfach nachgedacht. Es ist aber derzeit kein Thema für uns.

Ebenso beobachten wir die Entwicklung bei "echten" Kreditkarten, die in Deutschland nie die breite Masse erreicht haben, und im Prepaid-Bereich. Auch dort ist die Entwicklung jedoch nicht so, dass es sinnvoll erscheint, entsprechende Produkte herauszubringen. Die Umstellung des Traveller Cheque auf Prepaid-Karten war zwar sehr erfolgreich, das Umschwenken auf Prepaid-Kreditkarten hat in Deutschland aber nicht so gut funktioniert. Für einige Tausend Karten lohnt sich so etwas einfach nicht - was auch eine Frage des Vertriebsnetzes ist.

Wenn Prepaid-Karten etwa von Anbietern wie Amazon an jeder Tankstelle erhältlich sind, müsste American Express hier nachziehen. Anstatt so viel Energie in ein Nischenprodukt zu investieren, fokussieren wir uns lieber auf die Payback-Kunden.

Unser Schwerpunkt liegt deshalb weiterhin auf den bisherigen Kernkompetenzen: Premium-Charge-Cards im Consumer-Bereich und neuerdings Charge Cards für das Massenpublikum mit Payback.

Welchen Anteil an den Privatkarten hat denn Payback mittlerweile?

Das Wachstum der Payback-Karte ist inzwischen deutlich höher als das des klassischen Portfolios. Mittlerweile liegt der Anteil am Gesamtportfolio im zweistelligen Bereich. Dies ist für ein relativ junges Produkt sehr erfreulich. Denn die Payback- American-Express-Karte wurde zwar schon 2012 eingeführt, war damals aber noch gebührenpflichtig. Seitdem das Produkt 2014 ohne Jahresgebühr eingeführt wurde, ist die Nachfrage sprunghaft angestiegen.

Ist das nicht auch ein Stück weit Kannibalisierung des klassischen American-Express-Kartengeschäfts?

Natürlich soll nicht das Premium-Produkt durch ein "Every-day-spend-Produkt" ersetzt werden. Es ist relativ wenig Kannibalisierung festzustellen. Die Payback-Karte spricht vor allem solche Kunden an, die American Express bisher nicht erreichen konnte. Deshalb sind keine Abwanderungsbewegungen festzustellen und das Programm gewinnt echte Neukunden. Von der Zielgruppe her sind die Payback-Kunden eher jünger und weiblich.

Inwieweit hilft Payback auch bei der Akzeptanz?

Im Moment gewinnt American Express tatsächlich viele Kunden aufgrund des neuen Payback-Produkts. Es macht einen Unterschied in der Wahrnehmung von American Express. Nicht zuletzt auch aufgrund der TV-Kampagne ist die Brand Awareness deutlich angestiegen, und das hilft natürlich bei der Akzeptanz.

Seit Juni gibt es auch Payback-Pay - allerdings nur per Lastschrift. Ist das nicht eigentlich kontraproduktiv? Weshalb wurde hier nicht von Anfang an auch die Karte integriert?

Das Wachstum der Payback-Karte ist inzwischen deutlich höher als das des klassischen Portfolios. Mittlerweile liegt der Anteil am Gesamtportfolio im zweistelligen Bereich. Dies ist für ein relativ junges Produkt sehr erfreulich. Denn die Payback-American-Express-Karte wurde zwar schon 2012 eingeführt, war damals aber noch gebührenpflichtig. Seitdem das Produkt 2014 ohne Jahresgebühr eingeführt wurde, ist die Nachfrage sprunghaft angestiegen.

Mit Payback Pay hat American Express eine eigene Lösung für das mobile Bezahlen. Allein das ist schon interessant.

Solche Entscheidungen erfolgen immer im Verbund, bei dem American Express und Payback ebenso ein Mitspracherecht haben wie die Payback-Partner. Hier hat man sich zunächst auf die Lastschrift als einheitlich gangbare Lösung geeinigt. Unter anderem auch, um rasch ein gewisses Volumen auf das System zu bringen.

Wenn das gut läuft, kann in einer zweiten Stufe über einen weiteren Ausbau mit Zulassen der Kreditkarte entschieden werden. Und bei mehr als 28 Millionen aktiven Payback-Kunden ist das Potenzial für unsere Karte, die schon gut läuft, immer noch sehr groß.

Glauben Sie an einen raschen Durchbruch des mobilen Bezahlens in Deutschland?

Deutschland ist in Sachen Kreditkarten und Innovation immer noch Entwicklungsland. Seit zwei Jahren gibt American Express NFC-fähige Karten heraus. Alle neu ausgegebenen Consumer-Karten tragen den Kontaktlos-Chip, bestehende Karten werden auf Kundenwunsch ausgetauscht. Im Bereich der Corporate Cards wird NFC derzeit pilotiert. Aber die Akzeptanz ist bisher noch sehr schleppend. Und die Gewöhnung von Karteninhabern und Kassenpersonal an neue Technologien dauert in Deutschland immer sehr lange. Hier ist weiterhin noch sehr viel Aufklärungsarbeit nötig.

Solange es aber mit NFC nicht vorangeht, hakt es auch beim mobilen Bezahlen. So ganz allmählich kommt der Ausbau des Akzeptanznetzes voran. In zwei bis drei Jahren wird dann vielleicht auch Deutschland so weit sein.

Lässt das kontaktlose Bezahlen die Betrugsraten ansteigen, wie es in Deutschland viele befürchten?

Nein. Das lässt sich auch in anderen Märkten, in denen bereits ein signifikanter Anteil der Transaktionen über NFC abgewickelt wird, nicht feststellen. Deutschland ist übrigens üblicherweise auch nicht der erste Markt, in dem professionelle Banden aktiv werden, weil die Deutschen besonders auf Sicherheit achten.

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