Kartendienstleister

" Skaleneffekte sind von grundlegender Bedeutung" - Interview mit Nicola Cordone

Nicola Cordone, Deputy CEO & Senior Vice President Global Business Solutions, SIA
Quelle: SIA

Skaleneffekte sind für Paymentdienstleister das A und O, um die durch Wettbewerb, Regulierung und technische Weiterentwicklungen nötigen Investitionen tätigen zu können. Nach der dadurch entstehenden Konsolidierung werden bis zu vier europäische Akteure übrig bleiben, erwartet Nicola Cordone. Gegenüber außereuropäischen Anbietern haben sie durch die Datenschutzgrundverordnung einen kleinen Wettbewerbsvorteil, der allerdings nur kurzfristig bestehen wird. Einen deutlicheren Vorteil erwartet Cordone für SIA durch das frühe Engagement bei Instant Payments. Red.

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Der europäische Markt für Zahlungstechnologieplattformen ist in Bewegung. Warum konsolidiert sich der Markt gerade so schnell?

Die Zahlungsverkehrslandschaft verändert sich momentan sehr schnell. Hierfür sind bestimmte Schlüsselfaktoren verantwortlich, die alle europäischen Akteure in diesem Bereich betreffen. Zunächst einmal erfordert der technologische Fortschritt neue Investitionen und eine permanente Aktualisierung der Infrastrukturen. Darüber hinaus haben Regulierungen auf europäischer Ebene wie PSD2 den Zahlungsverkehr für neue Akteure geöffnet. Dazu kommt der Wettbewerb: Der Markteintritt neuer Akteure wie der GAFAs kommt dem Verbraucher in Form von neuen Ideen, einer größeren Auswahl und besseren Preisen zugute.

Um auf all diese Herausforderungen reagieren zu können, müssen Zahlungsanbieter Skaleneffekte erzielen. Nur so können sie ihre Investitionen und Betriebskapazitäten erhöhen und dabei höchste Standards in der Zuverlässigkeit, Leistung und kontinuierlichen Dienstleistungsbereitstellung einhalten.

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Wie viele Technologieanbieter braucht der europäische Zahlungsmarkt wirklich? Für wie viele Player gibt es Platz?

Wir glauben, dass der Markt bis zu vier europäischen Akteuren ausreichend Spielraum ermöglicht. Angesichts der 40-jährigen Erfahrung im Karten- und Zahlungssektor möchte SIA einer dieser Akteure sein.

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Was sind die Schlüsselfaktoren für den Markterfolg? Welche Rolle spielen dabei die Skaleneffekte?

Wir leben in einer Zeit mit riesigen Volumina im Bereich digitaler Zahlungsströme, von denen die Kunden erwarten, dass sie reibungslos ablaufen und dazu auch noch schnell und sicher sind. Der Erfolg eines Anbieters hängt also davon ab, diesen Kriterien permanent gerecht zu werden. Dabei sind Skaleneffekte für Zahlungsdienstleister von grundlegender Bedeutung. Nur so können sie die nötigen Investitionen tätigen, um den höchstmöglichen Servicelevel aufrecht zu erhalten. Hinsichtlich der Qualität erbringt SIA übrigens Spitzenleistungen: Das Serviceniveau liegt zwischen 99,9 und 100 Prozent.

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Wie ist SIA im Markt positioniert?

SIA ist ein europäischer High-Tech-Marktführer für Zahlungsinfrastruktur und -dienstleistungen und bietet seine Lösungen in 48 Ländern an. Außerdem hat SIA Tochtergesellschaften und Niederlassungen in Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden, Rumänien, Ungarn und Südafrika. Im Jahr 2017 haben wir 13,1 Milliarden Clearing-Transaktionen, 6,1 Milliarden Kartentransaktionen und 3,3 Milliarden Zahlungen abgewickelt. Damit gehören wir zu den führenden Zahlungsabwicklern in Europa.

Zur Verdeutlichung: Etwa 40 Prozent aller Sepa-Überwei sungen und -Lastschriften werden über unsere Plattformen abgewickelt. Darüber hinaus bietet SIA die einzige Netzwerkinfrastruktur, die Zugang zu beiden europaweiten Instant-Payment-Plattformen ge währleistet: Sowohl zu RT1 von EBA Clearing als auch zu TIPS von der Europäischen Zentralbank.

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Wie wichtig sind Instant Payments im Kontext der Marktkonsolidierung?

Sie sind ein wichtiger Faktor. Immer mehr Verbraucher möchten, dass Zahlungen schnell erfolgen, und Instant Payments sind hierfür genau das richtige Instrument. Denn sie ermöglichen es, dass Geldmittel sofort auf dem Konto des Zahlungsempfängers verfügbar sind. Da das Volumen wächst, braucht der Markt Akteure, die in der Lage sind, eine große Anzahl von Transaktionen zu verarbeiten und gleichzeitig europaweit annehmbare Lösungen bei Händlern zu implementieren.

Außerdem können wir eine gewisse Konvergenz zwischen Kartenzahlungen und Instant Payments erwarten, beispielsweise in der Abwicklung. Aus diesem Grund haben Akteure wie wir, die sowohl bei Karten als auch bei Zahlungen langjährige Erfahrungen besitzen, einen Vorteil.

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Welche Bedeutung hat die Vereinbarung mit First Data?

Dieser Deal, der voraussichtlich bis Ende 2018 abgeschlossen sein wird, stellt eine wichtige Entwicklung für SIA dar und ist für uns ein bedeutender Schritt vorwärts, um unsere Initiativen für digitalen Zahlungsverkehr in ganz Europa auszuweiten, insbesondere in Ländern mit hohem E-Money-Wachstum. Wir haben die Chance genutzt, in einen Markt vorzudringen, in dem in den kommenden drei Jahren einen Anstieg des Zahlungsverkehrs von über 11 Prozent pro Jahr erwartet wird. Das ist fast doppelt so hoch wie das gesamt europäische Wachstum (6 Prozent).

Wir wollen unsere Innovationsstärke und internationale Erfahrung insbesondere dazu nutzen, die Digitalisierung der Finanzwelt und von Unternehmen mit innovativen Dienstleistungen und Produkten im Zahlungsverkehrssektor zu unterstützen.

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Welche Bereiche von First Data sind in der Vereinbarung enthalten?

SIA erhält Zugriff auf die Kartenverarbeitung und -produktion sowie auf Lösungen in den Bereichen Callcenter und Backoffice. Zusätzlich zum Management von PoS-Terminals und Geldautomaten beinhaltet der Deal 13,3 Millionen Zahlungskarten und 1,4 Milliarden Transaktionen.

Geografisch betrachtet befinden sich diese Betriebe in ganz Mittel- und Südosteuropa, von Österreich bis Griechenland. Folglich wird SIA eine lokale Präsenz in Griechenland, der Slowakei, Serbien, Kroatien und der Tschechischen Republik aufbauen und die bereits bestehende Präsenz in Ungarn, Österreich und Rumänien erweitern.

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Das First-Data-Geschäft in einigen Ländern wie zum Beispiel Deutschland ist nicht enthalten. Warum?

Der Deal betrifft spezifische Aktivitäten in mehreren Ländern. SIA ist jedoch bereits in Deutschland präsent, einem der Schlüsselmärkte, in denen wir wachsen wollen. Dank der kürzlich abgeschlossenen Transaktion mit Unicredit Business Integrated Solutions haben wir bereits zahlreiche Aktivitäten und rund 100 Mitarbeiter in Deutschland.

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Planen Sie weitere Akquisitionen, zum Beispiel die der restlichen First-Data-Geschäfte in Europa?

Die Transaktion, welche wir mit First Data abschließen werden, betrifft vornehmlich Geschäfte in sieben Ländern. Wir prüfen bereits andere potenzielle Akquisitionen, die unsere führende Position in Europa, im elektronischen Zahlungsverkehr - einem Bereich mit kontinuierlicher Konsolidierung - bestätigen und stärken.

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Wie bewerten Sie die Chancen von außereuropäischen Wettbewerbern in Europa im Hinblick auf den Datenschutz? Ist die europäische Herkunft ein Wettbewerbsvorteil für Marktteilnehmer wie SIA?

Traditionell sind Datenschutzbestimmungen in Europa strenger als in anderen Regionen gehandhabt worden - insbesondere im Vergleich zu den USA. Es ist nicht zu leugnen, dass die Einführung der Allgemeinen Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 den europäischen Mitstreitern einen kleinen Wettbewerbsvorteil verschafft hat, da sie mit den europäischen regulatorischen Anforderungen und den feinen Unterschieden ihrer Übertragung in individuelles nationales Recht vertrauter sind. Dennoch ist zu erwarten, dass dieser kleine Vorteil nur kurzfristig bestehen wird, da sich auch außereuropäische Wettbewerber schnell an die neue Gesetzgebung anpassen werden. Darüber hinaus haben multinationale Wettbewerber wie die GAFAs bereits einen Sitz in Europa, sodass sie vermutlich mit den neuen Gesetzen vertraut sind.

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Was bedeutet die Konsolidierung des Marktes für Zahlungstechnologie-Plattformen für nationale Zahlungs-Schemes und -lösungen?

Heutzutage operieren alle nationalen Karten-Schemes vollkommen getrennt von der Abwicklung, sodass der anhaltende Konsolidierungsprozess im Markt sie nur indirekt beeinflussen wird, zum Beispiel durch die Dienstleistungen, die die Technologieanbieter für ihre Scheme Members ausführen. Es ist anzunehmen, dass diese von den Effizienzverbesserungen profitieren werden - und das sowohl unter technischen als auch finanziellen Gesichtspunkten. Dies liegt an den Skaleneffekten bei Dienstleistungen, die bereits jetzt hocheffizient sind.

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In welchen Märkten sehen Sie eine Chance für Jiffy, das am weitesten verbreitete System für P2P-Zahlungen zu werden?

Mit mehr als 130 teilnehmenden Banken und 5 Millionen registrierter Kunden ist Jiffy eine Erfolgsstory in Italien. Ursprünglich wurde Jiffy für P2P-Überweisungen ins Leben gerufen, später wurde der Service auf P2B-Zahlungen in großen Einzelhandelsketten und Geschäften ausgedehnt. In Italien wurde das Ökosystem von Banken als Antwort auf den fragmentierten Markt unterstützt. Aus diesem Grund kann Jiffy leicht auf Länder innerhalb Europas ausgerollt werden, in denen die Bankenindustrie ähnlich moderat fragmentiert ist und wenige Banken den Großteil der Konsumenten bedienen können.

In anderen europäischen Ländern kann die Infrastruktur von Jiffy eine Zahlungsinitiierung über Mobilgeräte, die für Dienstleistungen von Drittanbietern bereitgestellt werden, vereinfachen. Hierdurch kann die Lücke, die die letzte Zahlungsdiensterichtlinie hinterlassen hat - indem sie eine solche Standardisierung noch nicht adressiert hat - geschlossen werden.

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Benötigt Sepa eine Kompatibilität mit allen P2P-Zahlungssystemen in Europa? Und was bedeutet dies für die Zahlungstechnologie-Plattformen?

Die Kompatibilität aller Sepa P2P-Initiativen wäre sicherlich für diejenigen Kunden von Wert, die Sofortüberweisungen an andere Personen im Ausland tätigen müssen. Dennoch wird erwartet, dass die potenziellen Volumina solcher grenzüberschreitenden P2P-Überweisungen ziemlich klein sein werden, sodass die Attraktivität eines solchen Geschäfts noch fraglich ist.

Auf technischer Seite hat die Berlin Group, eine paneuropäische Initiative für Zahlungsstandards und -angleichung, welcher SIA ebenso angehört, bereits die funktionalen und technischen Spezifikationen für multilaterale Kompatibilität zwischen europäischen P2P-Systemen konzipiert. Diese Spezifikationen sind bereit zur Implementierung sollte eine Systemgruppe sich dafür entscheiden, eine Vereinbarung zur Zusammenschaltung einzugehen.

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