Mehr Fragen als Antworten

Swantje Benkelberg

sb - Langweilig wird es ganz sicher nicht im Zahlungsverkehr. Dafür sind die Baustellen allein auf dem Gebiet Regulierung und Recht viel zu zahlreich. Da ist zum einen das Thema Anwendungsauswahl am PoS, das längst noch nicht abschließend gelöst ist, obwohl der Stichtag für die Umsetzung bereits ein halbes Jahr zurückliegt. Eigentlich hat nur Esso sich mit einer Lösung hervorgetan, die meisten Händler scheinen erst einmal abzuwarten. Wirklich unzufrieden mit der Situation scheint ohnehin nur Mastercard zu sein. Der Handel hat ganz andere Sorgen.

Dazu gehört zum einen das Thema Schadensersatz für zu viel gezahlte Girocard-Entgelte vor der Einführung des Verhandlungsmodells. Schon lange vor dem Verhandlungsmodell beziehungsweise der Deckelung auf maximal 0,2 Prozent hatte der Handel argumentiert, dass die seit der Einführung des ec-cash-Systems 1989 nicht mehr angepassten Entgelte zu hoch seien. Nachdem nun die US-Kanzlei Hausfeld sich offenbar des Themas annehmen und "geschädigte" Händler vertreten will, wird sich so mancher Girocard-Akzeptant überlegen, ob und wie auch er etwas von dem zu erwartenden Kuchen abbekommen kann. Die Kreditwirtschaft gibt sich zwar noch gelassen. Aber was soll sie auch anderes tun? Natürlich hat das Bundeskartellamt sich der Angelegenheit über Jahre hinweg nicht gewidmet. Eine offizielle Freistellung des Preismodells, auf die man sich nun berufen könnte, gibt es allerdings nicht. Damit ist möglichen Rechtsstreitigkeiten Tür und Tor geöffnet. Das dürfte die Bankenseite in jedem Fall Geld kosten, ganz gleich, ob letztlich Schadensersatz gezahlt werden muss oder nicht oder ob es zu einem Vergleich kommt. Wenn die Deutsche Kreditwirtschaft mutmaßt, eine amerikanische Klägerkanzlei versuche offenbar "einzelne deutsche Handelsunternehmen in Klageverfahren gegen die Kreditwirtschaft hineinzutreiben", hat sie damit insofern vielleicht gar nicht so Unrecht. Möglicherweise kommt alles letztlich gar nicht so schlimm - schließlich hatte und hat der Handel in Deutschland stets ELV als Alternative, sodass eigentlich kein Händler gezwungen war, als überhöht empfundene Entgelte zu bezahlen, um nicht im Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Eine schnelle Klärung wird es aber eher nicht geben.

Dann ist da noch der Verkauf von Prepaid-Karten am PoS im Kontext mit der fünften Geldwäscherichtlinie, die die EU-Kommission auf den Weg gebracht hat. Sie sieht eine ausnahmslose Identifikationspflicht vor. Und in diesem Zusammenhang stellen sich nicht nur Datenschutzfragen. Sondern der Handel sieht ganz praktische Probleme: Sollen Kassierer, wenn ein Kunde eine solche Karte kauft, künftig wirklich die Kasse schließen, um ins Büro zu eilen und dort den Ausweis des Kunden zu kopieren, um die Identitätsprüfung vornehmen zu können?

Und was heißt die PSD2 für den elektronischen Zahlungsverkehr? Die Kreditwirtschaft sorgt sich primär um die Kontoschnittstelle für Drittanbieter mit allen damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen in Sachen Datenschutz und Sicherheit. Der Handel wiederum hadert mit den von der EBA entwickelten technischen Regulierungsstandards, die das "One-Klick-Shopping" im Online-Handel zu bedrohen scheinen und selbst Kartenzahlungen an der Ladenkasse infrage stellen. Werden die Konversionsraten im E-Commerce drastisch sinken? Kann es überhaupt noch Mobile Payment geben, wenn doch die Faktoren Besitz (Handy), Wissen (PIN) und Inhärenz (Fingerabdruck) in einem Gerät vereint sind? Und ist es bald aus mit dem schnellen "Tap & go" an der Ladenkasse, selbst für die kleinen Beträge, gerade wo man über eine Anhebung der Obergrenzen nachdenken wollte? Auch das ist noch nicht klar. Aber der Wettbewerb um Lösungen, die es schaffen, ein Mehr an Sicherheit, wie es zweifellos erforderlich ist, mit Nutzerfreundlichkeit für die Kunden zu verbinden, ganz gleich, welches Medium Letztere für ihre Einkäufe und Bezahlvorgänge verwenden, der ist längst eröffnet.

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