Die Schweiz als Labor

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sb - Zugegeben, der Schweizer Kartenmarkt taugt nur bedingt als Blaupause für das Zahlungsverkehrsgeschehen in Deutschland. Und doch gibt es gute Gründe dafür, dass die Branche mit Interesse verfolgt, was sich in der Alpenrepublik tut. Zum einen haben es die Eidgenossen geschafft, dem Wildwuchs der Angebote im Mobile Payment zu begegnen und eine Lösung zu schaffen, die von den wesentlichen Marktteilnehmern in den Bereichen Banken und Akzeptanten, Kartendienstleister und Telekommunikation getragen wird.

Damit ist eine weitaus bessere Grundlage für den Durchbruch beim Verbraucher geschaffen als mit der hierzulande immer noch herrschenden Vielfalt, die die Kunden eher verwirrt und abschreckt, als dass sie die Veränderung des Kundenverhaltens beflügeln würde.

Daneben gibt es im Sommer dieses Jahres zwei Neuigkeiten: Die Gemeinde Zug akzeptiert für Leistungen des Bürgerbüros in einer Testphase in begrenztem Umfang Bitcoins als Bezahlverfahren. Das mag eher symbolischen Charakter haben - auch nach eigenem Bekunden des Stadtrates, der sich damit Startups in der Region als innovationsfreundlich präsentieren will. Aber: Auch Apple Pay startet in der Schweiz - unterstützt zwar von Mastercard und Visa, aber zunächst noch von nur sehr wenigen Banken. Die Zurückhaltung der Kreditwirtschaft ist verständlich - hat man doch schließlich mit Twint als gemeinsamen Standard gerade erst eine eigene Lösung auf den Weg gebracht, mit der man dem Wettbewerb der neuen globalen Anbieter aus dem Nichtbankenbereich - also nicht zuletzt auch Apple - die Stirn bieten will. Als erste Bank hat sich lediglich die Corner Bank in Lugano, die sowohl die Corner Card als auch das Bonus-Card-Programm herausgibt, als Apple-Pay-Unterstützer geoutet.

Die Schweiz wird aber gerade damit nun die Möglichkeit bieten, die Entwicklung eines gemeinschaftlich getragenen Mobile-Payment-Systems und von Apple Pay nebeneinander zu beobachten. Nicht alle Erkenntnisse, die sich daraus ergeben werden, dürften sich ohne Weiteres auf Deutschland übertragen lassen. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass es in dem ungleich größeren und komplexeren deutschen Markt sehr viel schwieriger werden dürfte, eine vergleichbare Gemeinschaftslösung zu entwickeln - schon gar nicht mit dem Tempo, das die Eidgenossen dabei vorgelegt haben. Ein zweiter Grund ist die unterschiedliche Interchange-Regulierung. Zur Erinnerung: Im Dezember 2014 hatten sich Emittenten, Mastercard und Visa sowie die Acquirer Aduno, B+S, Concardis und Six mit der Schweizer Wettbewerbsbehörde Weko auf eine "einvernehmliche" Regelung geeinigt, die zum 1. August 2015 eine Senkung auf maximal 0,7 Prozent vorsieht. Ab dem 1. August 2017 werden es maximal 0,44 Prozent sein. Damit ist die Ertragsbasis der Schweizer Emittenten trotz der deutlichen Absenkung immer noch eine bessere als die der deutschen, denen lediglich 0,3 Prozent zugestanden werden. Und das wiederum mag Auswirkungen auf die Bereitschaft haben, sich für Apple Pay zu öffnen.

Zum Lehrstück werden könnte die Schweiz jedoch vor allem in Hinblick auf die Frage, inwieweit ein hohes Maß an Standardisierung das mobile Bezahlen beim Endkunden voranzubringen vermag. Denn auch eine Gemeinschaftslösung ist schließlich noch kein Garant dafür, dass der Kunde an der Kasse das Mobiltelefon anstelle der Karte zückt. Und es wird sich beobachten lassen, ob sich mit der Unterstützung von Apple Pay in nennenswertem Umfang Neukunden aus der Apple-Fangemeinde gewinnen lassen. Werden Emittenten sich auf das eine oder das andere Modell konzentrieren? Und wie wird sich das Anbieten von Apple Pay auf die Preisgestaltung auswirken? Am befriedigendsten wäre es natürlich für die Kartenbranche, wenn die Gemeinschaftslösung Twint den US-Wettbewerber dauerhaft in die Nische verbannen würde. Darauf wetten sollte man aber wohl besser nicht.

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