Handel mit Non-Performing Loans - fungibler Segen mit Hindernissen?

Aktuelle Trends und Aussichten

Wolf Stumpf

Wolf Stumpf, Patrick Günnel - Der weltweite Handel mit notleidenden Krediten erlebte in den Jahren 2003 bis 2007 eine buchstäbliche Boomphase. Deren Ende markierte die Subprime-Krise in den USA, die im Sommer dieses Jahres ihr zehnjähriges Jubiläum "feiert". Seither gelang es, viele offene Fragen im Zusammenhang mit dem Handel von NPL-Portfolios zu klären und damit die grundsätzliche Fungibilität notleidender Kreditengagements zu garantieren. Der Beitrag zeigt gegenwärtige Markttendenzen auf und gibt einen Überblick über die nunmehr als gesichert geltenden Lösungen zu verschiedenen Rechtsfragen im Hinblick auf NPL-Transaktionen.

Mit Beginn der Finanzkrise hielt der NPL-Sektor einen regelrechten Dornröschenschlaf. In den vergangenen Jahren setzte ein langsames Erwachen ein, dessen Ende erreicht scheint. NPL-Transaktionen erfreuen sich (wieder) steigender Beliebtheit. Niedrige Zinsen und hohe Kapitalstände auf Investorenseite lassen erwarten, dass Non-Performing Loans 2017 ein attraktives Investitionsziel dar stellen.

Der Anteil notleidender Kredite an den Gesamtkrediten stellt nicht nur einen wichtigen konjunkturellen Pulsmesser dar, sondern er determiniert zugleich das bestehende Angebot an handelbaren NPL-Beständen. Nach dem jüngsten "NPL-Barometer" der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e. V. (BKS) und der Frankfurt School of Finance & Management wird für Deutschland ein dezenter Rückgang der NPL-Bestände und ein leichter Preisanstieg für notleidende Kreditforderungen erwartet.1) Ob eine weitere Teuerung die Investition in NPL für Anleger unattraktiv macht, lässt sich aktuell nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen.2)

Genauso wenig lässt sich eine valide Aussage darüber treffen, ob der in Folge der Erkenntnisse der EBA-Stresstests so wie neuer Eigenkapitalanforderungen (wie Basel III) entstandene Druck auf die Banken - ihre Eigenkapitalquote zu stärken und Risikoaktiva abzubauen - tatsächlich zu einer Belebung der NPL-Geschäfte im Ganzen führt. Allerdings könnten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen als nicht zu unterschätzender Markttreiber erweisen, soweit diese (weiterhin) an Kontur und Stabilität gewinnen.

Begriffsbestimmung

Non-Performing Loans umfassen Kreditengagements, die aus Sicht des Kreditgebers "nicht performen", deren "Leistungsfähigkeit" also nicht oder nur in geringem Maße gewährleistet ist. Häufig bezeichnet man sie auch als Bad Loans, Distressed Loans, notleidende oder faule Kredite beziehungsweise Problemkredite. Ihr Pendant sind Performing Loans (PL). Bisweilen existiert keine allgemeingültige Definition. Orientierung geben die Begriffsbestimmungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie des Internationalen Währungsfonds (IWF).3)

Hinsichtlich des deutschen Rechts sollte man zur Bestimmung eines NPL darauf abstellen, ob ein (außerordentliches) Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 1 oder 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Nr. 19 Abs. 3 oder 4 Allgemeine Geschäftsbedingungen, AGB-Banken, oder Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen besteht. Es entsteht, wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Kreditschuldners oder der Sicherheiten eingetreten und eine angemessene Frist zur Bestellung oder Verstärkung der Sicherheiten erfolglos abgelaufen ist. Dabei hat eine abstrakte Betrachtung zu erfolgen. Das Kündigungsrecht muss daher noch nicht ausgeübt worden sein.

Handelt es sich dagegen um einen lediglich renditeschwachen beziehungsweise risikobehafteten Kredit, oder befindet sich der Schuldner in Schwierigkeiten, die nicht zum Ausspruch einer Kündigung aus wichtigem Grund genügen, so liegt kein Non Performing Loan, sondern allenfalls ein sogenannter Sub-Performing Loan (SPL) vor.

Transaktionsstrukturen und Einzelrechtsnachfolge

NPL werden regelmäßig zu Paketen geschnürt und in Summe als Portfolio - oft gemeinsam mit PL und SPL - gehandelt. Grundsätzlich lassen sich die Transaktionsarten in Strukturen der Einzelrechtsnachfolge und der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge sowie in hybride Strukturen unterteilen.

Zunächst kann dem Investor das gesamte Darlehensverhältnis zwischen Darlehensgeber (im Kontext mit NPL-Transaktionen meist Originator genannt) und Darlehensnehmer (Debitor) übertragen werden. Dabei handelt es sich um eine nicht kodifizierte Vertragsübernahme. Sie lässt sich rechtstechnisch entweder in Form eines dreiseitigen Vertrages oder analog § 415 BGB durch Vereinbarung zwischen Aus- und Eintretendem realisieren. Hierzu erfordert es entweder die Mitwirkung des Debitors (dreiseitiger Vertrag) oder dessen Zustimmung zur Übertragung (analog § 415 Abs. 1 S. 1 BGB). Im Rahmen größerer Transaktionsvolumina erweist sich die Einbeziehung des Darlehensnehmers als nicht zu unterschätzende Veräußerungsbarriere. So nicht ohnehin mit einer Schuldnerverweigerung gerechnet werden muss, lässt es sich kaum darstellen, dass sämtliche Debitoren an der Übertragung mitwirken oder ihr zustimmen.

Daher wird teilweise vorgeschlagen, vorab - also bei Begründung des Darlehensverhältnisses - die Zustimmung des Darlehensnehmers zu einer möglichen Vertragsübernahme einzuholen.4) Inwieweit eine Vorabzustimmung der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand hält, bleibt bisweilen ungeklärt. Im Besonderen müsste eine Einwilligungsklausel den Anforderungen des § 309 Nr. 10 BGB genügen. Die Praxis löst das Problem üblicherweise durch Garantien des Originators und verzichtet einstweilen auf entsprechende Kautelen.

Darüber hinaus können lediglich einzelne (notleidende) Forderungen des Originators auf den Investor - durch Abtretung - übertragen werden. Die Forderungszession (§§ 398 ff. BGB) als Erfüllungsgeschäft des auf die Übertragung der NPL gerichteten schuldrechtlichen Vertrages erfordert grundsätzlich keine Zustimmung oder anderweitige Mitwirkung des Debitors. Daher ist sowohl eine offene Zession als auch eine stille Zession denkbar. Letztere kommt im Rahmen einer NPL-Transaktion nur in Betracht, wenn das sogenannte Servicing - also die gesamte Kreditabwicklung wie die Einziehung, Verwertung und sonstige Forderungsverwaltung - beim Originator verbleibt.

Eine wirksame Übertragung setzt voraus, dass jede Darlehensforderung hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist. Insofern sind objektive Kriterien erforderlich, aus denen sich ermitteln lässt, welche Forderung unter welchen Bedingungen von der Abtretung erfasst ist.

Die Frage nach der Wirksamkeit einer Abtretung (notleidender) Kreditforderungen war lange Zeit heftig umstritten. So wurde teilweise ihre Unwirksamkeit bei einem Verstoß gegen das Bankgeheimnis oder den Datenschutz postuliert. Mittlerweile überholt5) ist die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main6) , wonach das Bankgeheimnis ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot gemäß § 399 Art. 2 BGB darstelle. Zum einen würde ein solches Abtretungsverbot in vielen Fällen ohnehin überwunden (vgl. § 354a Handelsgesetzbuch, HGB). Zum anderen hat das Bankgeheimnis ausschließlich schuldrechtlichen Charakter, weshalb ein Durchschlagen auf das dingliche Verfügungsgeschäft systemfremd wäre.7) Das Bankgeheimnis stellt auch kein gesetzliches Abtretungsverbot dar8) , sodass ein Verstoß nicht zur Nichtigkeit gemäß § 134 BGB führt.

Die Verletzung des Bankgeheimnisses begründet jedoch einen Schadensersatzanspruch des Kreditnehmers nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, der indes nur theoretischer Natur sein dürfte, da die Annahme eines ersatzfähigen Schadens bei Auskunftserteilung im Umfang des nach § 402 BGB Nötigen nahezu unmöglich ist.9) Ferner kann die Verletzung des Bankgeheimnisses ein (außerordentliches) Kündigungsrecht des Schuldners begründen (inklusive des Wegfalls einer Vorfälligkeitsentschädigung), vgl. Nr. 18 Abs. 2 AGB-Banken beziehungsweise Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen. Doch erweist sich diese Rechtsfolge als "stumpfes Schwert", denn leidet der Kredit Not, dürfte der Schuldner kaum über liquide Mittel zur Ablösung des Kredits verfügen. Schließlich scheitert eine wirksame Forderungsabtretung auch nicht an einem Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), dieses stellt kein Verbotsgesetz nach § 134 BGB dar.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hebt in seiner Entscheidung aus dem Jahre 2007 besonders hervor, dass die Annahme eines Abtretungsverbotes die grundsätzliche Abtretbarkeit von Geldforderungen aushebeln würde.10) Im Ergebnis könnte ein Verstoß gegen das BDSG wiederum nur zu Schadensersatzansprüchen11) oder einem außerordentlichen Kündigungsrecht führen. Allerdings dürfte regelmäßig eine Gestattung nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG vorliegen, sodass mangels Pflichtverletzung von vornherein ein Kündigungsrecht und Schadensersatzansprüche ausscheiden. Für den Originator streitet hierfür allen voran, dass die Ausplatzierung notleidender Forderungen eine Verwertungsmaßnahme zur Refinanzierung darstellt. Dem steht das (Datenschutz-)Interesse des Schuldners gegenüber, der seinerseits seine vertragliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Rückzahlung nicht erfüllt hat.

Um im Rahmen von NPL-Transaktionen von Beginn an eine Verletzung des Bankgeheimnisses sowie geltender Datenschutzbestimmungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, dem Investor - soweit möglich - lediglich anonymisierte Kundendaten bereitzustellen.12) Gewöhnlich werden nicht nur die betreffenden Rückzahlungsansprüche zum Gegenstand des Kaufs gemacht und abgetreten, sondern ebenso die mit ihnen verbundenen Rechte aus der Kreditverbindung, wie Zinsansprüche, Schadensersatzansprüche, Gestaltungsrechte und nichtakzessorische Sicherheiten. Akzessorische Sicherheiten gehen ipso iure, also durch das Recht selbst, auf den Investor über, § 401 BGB.

Die Trennung von Forderung und Grundschuld muss vermieden werden, denn eine Abtretung der Forderung ohne Grundschuld kann dazu führen, dass sich der Sicherungszweck erledigt hat; was es bei Sicherungsgrundschulden zu beachten gilt. Im Zweifel hat der Zedent die Pflicht zur Übertragung der Grundschuld.13) Weiterhin sollte man nicht übersehen: Eine Übertragung der Grundschuld macht die Verpflichtungen des Originators aus dem Sicherungsvertrag keineswegs obsolet, sofern diese nicht ganz oder teilweise mit übertragen oder im Wege des Vertragseintritts übernommen werden. Da es hierzu die Mitwirkung des Sicherungsgebers erfordert, dürfte die Zweckbindung somit regelmäßig beim Originator verbleiben. Das bedeutet: Selbst wenn der Investor das Servicing übernimmt, hat der Originator dafür Sorge zu tragen, dass der neue Sicherungsnehmer sich an die Zweckbindung hält.14) Daher wirft die Verwertung der Grundschuld durch den Investor keine Bedenken auf, wenn dieser die Zweckbindung beachtet. Denn dann macht er von denselben Vollstreckungsrechten Gebrauch, die auch dem Originator zustünden.

Gesamtrechtsnachfolge

NPL-Pakete lassen sich ebenso im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge an den Investor übertragen, wenn es sich beim Originator um einen spaltungsfähigen Rechtsträger handelt, vgl. §§ 3 Abs. 1, 124 Abs. 1 Umwandlungsgesetz (UmwG).15) Hierzu wird in einem ersten Schritt das Portfolio durch Spaltung (§§ 123 ff. UmwG) auf eine Zweckgesellschaft transferiert. Im Gegensatz zur Verschmelzung wird nicht das ganze Vermögen, sondern lediglich der im Spaltungs- und Übernahmeplan enthaltene Vermögensteil übertragen ("partiell"). In einem zweiten Schritt werden die Anteile an der Zweckgesellschaft an den Investor verkauft ("hive-down"). Die regel mäßig hierzu neu gegründete Zweckgesellschaft, auch Special Purpose Vehicle (SPV) genannt, wird demnach zunächst Gesamtrechtsnachfolgerin der durch Abspaltung oder Ausgliederung transferierten Rechtsverhältnisse. Anschließend rückt der Investor in die Gesellschafterstellung ein, mithin in die Rechtsstellung des Originators.

Trotz der mitunter langen Transferperioden, der Offenlegung im Handelsregister und der gesamtschuldnerischen (Nach-)Haftung gemäß §§ 133 Abs. 1, 135 Abs. 1 UmwG kommt dieser Transaktionsstruktur auf dem NPL-Markt eine wachsende Bedeutung zu. Sie ist insbesondere deshalb attraktiv, weil sie sich ohne Zustimmung des Schuldners vollziehen lässt, keine Inhaltsänderung nach § 399 Alt. 1 BGB darstellt und zudem als reiner Anteilserwerb gemäß § 4 Nr. 8 lit. f Umsatzsteuergesetz (UStG) umsatzsteuerfrei ist.

Hybride Strukturen

Anstelle der vollständigen Übernahme aller Bonitätsrisiken durch Vollrechtsübertragung, kommen Strukturen in Betracht, bei denen sich Dritte an Bonitätsrisiken nur selektiv beteiligen (Unterbeteiligung) oder Investoren NPL in erster Linie als Akquisitionsvehikel (Loan-to-own-Transaktionen) nutzen und sich hierfür häufig an Kreditderivaten bedienen.

Die (stille) Unterbeteiligung (Sub-Participation) ist eine gängige Art des Risikotransfers unter Kreditinstituten (insbesondere für Konsortialkredite16) ) und in § 5 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (Rech-KredV) ausdrücklich vorgesehen. Dabei beteiligt sich der Investor gegen Liquidität an einzelnen Kreditforderungen. Die Chancen und Risiken aus dem Portfolio werden wirtschaftlich auf den Investor übertragen, wobei Rechte aus der Kreditverbindung nicht abgetreten werden. Vielmehr wird eine BGB-(Innen-)Gesellschaft zwischen Originator und Investor begründet. Das Außenverhältnis bleibt insoweit unberührt. Das Servicing verbleibt beim Originator.

Die Einräumung der Unterbeteiligung stellt die Erfüllungshandlung dar, vgl. § 364 Abs. 1 BGB. Regelmäßig erhält der Investor als Kompensation der Risikoübertragung ein umfangreiches Weisungsrecht, dessen Inhalt und Reichweite es vertraglich auszugestalten gilt. Diese Strukturvariante ist jedoch für klassische NPL-Transaktionen von geringer Relevanz, denn viele Investoren profitieren doch gerade von einer Änderung des Servicings und des Forderungsmanagements.

Anders verhält es sich freilich im Kontext sogenannter Loan-to-own-Transaktionen. Hierbei erwirbt der Investor notleidende Forderungen gegenüber einer schuldenden Gesellschaft, um sie in eine Unternehmensbeteiligung zu transformieren (loan to own). Der Investor wird in aller Regel versucht sein, Geschäftsanteile zu einem symbolischen Kaufpreis zu erwerben und/oder die Gesellschafter zu Kapitalmaßnahmen zu bewegen, beispielsweise zu einem Kapitalschnitt samt Bezugsrechtsausschluss der (Alt-) Gesellschafter.

Im Vordergrund der Kapitalmaßnahmen steht die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital (Debt Equity Swap). Überdies können Investoren versuchen, lediglich Vermögensgüter der schuldenden Gesellschaft gegen Verzicht auf zahlungsgestörte Forderungen zu erwerben (Debt Asset Swap). Soweit die Vermögensgüter das wesentliche Vermögen der Gesellschaft ausmachen, bedarf es indes der Mitwirkung aller Gesellschafter der schuldenden Gesellschaft. Kommen weder Debt Equity Swap noch Debt Asset Swap in Betracht, verbleibt dem Investor unter Umständen noch die Möglichkeit, Kontrolle über das Unternehmen durch Verwertung von Pfand rechten an Gesellschaftsanteilen zu erhalten, sofern solche zur Sicherung der Forderungen/Vermögenswerte bestellt wurden (Share Pledge Enforcement).

Factoring-Tatbestand und NPL-Verbriefungen

Für das Betreiben eines Factoring-Geschäfts besteht bekanntlich eine Erlaubnispflicht, vgl. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 i. V. m. § 32 Kreditwesengesetz (KWG). Dagegen erfüllt die NPL-Transaktion regelmäßig nicht den Tatbestand einer Finanzdienstleistung nach KWG. Erst recht stellt eine NPL-Transaktion kein Factoring dar. Es mangelt bereits an der hierfür erforderlichen Rahmenvereinbarung. Der Investor erwirbt NPL-Portfolios nicht vom Originator auf Basis einer Dauerrechtsbeziehung, auch nicht, wenn das Servicing beim Originator verbleiben soll.

Nach wie vor ein Schattendasein fristen NPL-Verbriefungen (Securisation) in Deutschland.17) Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Verwaltungs- und Platzierungskosten müssen erst einmal amortisiert werden, und der organisatorische Aufwand ist vergleichsweise hoch. Nicht zuletzt erschweren die sich in einem stetigen Wandel befindlichen regulatorischen Rahmenbedingungen die Etablierung eines kosteneffizienten Verbriefungsmarktes. So ist das Verbriefungsgeschäft im Zuge der Finanzkrise ins Kreuzfeuer eines regelrechten "politisch-publizistischen Verstärkerkreislaufs"18) geraten. Europäische und nationale Gesetzgeber sahen sich zu "Notmaßnahmen" gezwungen. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, zahlreiche Gesetzesänderungen sowie ein "Aufsichtsfeuerwerk durch europäische Regulierungen" waren die Folge.19)

Gegenwärtig scheint ein Umdenken stattzufinden, das gegebenenfalls den NPL-Verbriefungsmarkt stimulieren könnte. So verabschiedete der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht eine grundlegende Reform des Verbriefungsregelwerkes mit geplantem Inkrafttreten ab Januar 2018. Überdies streben der Baseler Ausschuss, die International Organization of Securities Commissions (IOSCO), die European Banking Authority (EBA) und die Europäische Kommission eine Wiederbelebung der Verbriefungsmärkte an. Hierzu wurden Vorschläge zur Etablierung von einfachen, transparenten und vergleichbaren Verbriefungen veröffentlicht.20) Schließlich begrüßt die Europäische Zentralbank (EZB) diese Vorschläge.21)

Im Hinblick auf NPL-Transaktionen treten die sich bei einer Verbriefung typischerweise stellenden Rechtsfragen weniger im Zusammenhang mit dem Erwerb der Distressed Loans, sondern vielmehr im Rahmen des Refinanzierungsgeschäftes des Investors auf. Die Refinanzierung des Investments erfolgt durch Begebung von Wertpapieren auf dem Kapitalmarkt, welche durch die zedierten Forderungen unterlegt sind - sogenannte Asset Backed Securities (ABS). Bei diesen Wertpapieren handelt es sich regelmäßig um Wertpapiere mit kurzen Laufzeiten von 30 bis 60 Tagen (Commercial Papers) oder mittleren Laufzeiten (Medium Term Notes). Diese Schuldverschreibungen (Securities) werden also mittelbar durch das Forderungsportfolio besichert ("asset-backed"). Liegt eine ausschließlich grundpfandrechtliche Sicherung vor, spricht man von Mortgage Backed Securities (MBS). Rating-Gesellschaften bewerten anhand des Ausfallrisikos der Forderungen die Wertpapiere. NPL-Portfolios machen zur Erreichung eines akzeptablen Ratings flankierende Sicherungsmaßnahmen (Credit Enhancements) notwendig, wie etwa die Übernahme eines First-Loss-Risikos durch Dritte oder die Einbindung von Kreditversicherungen.

Man unterscheidet zwischen echten ABS (True Sale), die zu einer Übertragung des Forderungsportfolios auf ein SPV als neuen Inhaber führen, und synthetischen ABS, bei denen das Portfolio nicht auf ein SPV transferiert wird. Vielmehr werden bei einer synthetischen Verbriefung die Ausfallrisiken aus dem Portfolio in Form von Kreditderivaten (meist Total Return Swaps, Credit Default Swaps oder Credit Linked Notes) auf ein SPV übertragen. Bei der Verbriefung steht die Refinanzierung des Investors und nicht das Servicing im Vordergrund; darin besteht ein wesentlicher Unterschied zum Factoring.

Emittierte ABS stellen Schuldverschreibungen im Sinne der §§ 793 ff. BGB dar. Zumeist richten sich die verbrieften Ansprüche auf einen Geldbetrag. Traditionelle Anleihen haben feste Zinssätze, daneben werden Schuldverschreibungen ohne Verzinsung (Zerobonds) oder mit variabler Verzinsung (Floating Rate Notes) emittiert. Commercial Papers werden üblicherweise nicht verzinst. Dafür wird ihr Nominalwert diskontiert. Die konkreten Konditionen ergeben sich aus dem Bedingungswerk des Emittenten. Die Emissionsbedingungen sind zugleich Teil des Textes der Schuldverschreibung, die auf der Urkunde22) vollständig wiedergegeben werden. Aus dieser ergeben sich zudem mögliche Einwendungen des Emittenten, vgl. §§ 796, 793 Abs. 1 BGB. Die Emission erfolgt im Wege eines dreiseitigen Vertrages zwischen dem Arrangeur, dem Plazeur und dem das Platzierungsrisiko tragenden Emittenten.

Zu beachten sind die den Emittenten treffenden Prospekt-, Aufklärungs- und Beratungspflichten, die im Rahmen von NPL-Transaktionen erfreulicherweise keine größere Hürde darstellen. Werden Wertpapiere - wie für NPL-Transaktionen üblich - von institutionellen Investoren gekauft, besteht nämlich keine Prospektpflicht, vgl. §§ 2 Nr. 6, 3 Abs. 2 Nr. 1 Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Zwar bestehen gegenüber solchen Anlegern ebenfalls (vertragliche) Aufklärungs- und Beratungspflichten, doch kann auf diese unter bestimmten Umständen einvernehmlich verzichtet werden.23)

Das Verbriefungsgeschäft mit Non-Performing Loans wurde zudem durch das im Jahr 2005 geschaffene Refinanzierungsregister erleichtert. Bis dato wurde über aufwendige Treuhandmodelle versucht, die drohende Rückübertragung von Assets durch Insolvenzanfechtung (§§ 129 Insolvenzordnung, InsO) bei einer Insolvenz des Originators zu vermeiden. Nach dem Bundesgerichtshof24) stand einer rein schuldrechtlichen Treuhandkonstruktion das Unmittelbarkeitsprinzip entgegen, weshalb in der Insolvenz des Originators keine Aussonderung grundpfandrechtlich belasteter Immobilien möglich war. Das Refinanzierungsregister gibt dem (NPL-)Investor dagegen eine verwertungssichere Treuhandgrundschuld an die Hand. Die im Register erfassten Sicherheiten berechtigen den Investor im Fall der Insolvenz des Originators zur Aussonderung. Überdies kann der Erwerber bei Vollstreckungsmaßnahmen Drittwiderspruchsklage (§ 771 Zivilprozessordnung, ZPO) erheben.25)

Die auf Erwerber- und Bankenseite stehenden Vorteile einer NPL-Verbriefung sind nicht zu unterschätzen. Investoren können vor allem von niedrigen Finanzierungskosten und relativ liquiden Kapitalmärkten profitieren, wohingegen Banken als typische NPL-Originatoren zuvorderst ihre eigene Bilanzsituation optimieren, regulatorisches Eigenkapital freisetzen und gewinnbringend ins Neugeschäft reinvestieren können. 26)

Zukunftsperspektiven

Inwieweit die jüngsten (vor allem europäischen) Gesetzesinitiativen - beispielsweise in Bezug auf das Verbriefungswesen - zu einer Belebung des NPL-Handels beitragen, bleibt abzuwarten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für NPL-Transaktionen haben seit der Finanzkrise vor zehn Jahren eine erfreuliche Konkretisierung und Optimierung erfahren. Das Terrain öffentlicher Polarisierung (Stichwort "Geierfonds") wurde verlassen, notwendige Korrekturen, etwa im Rahmen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, erfuhren ihre Umsetzung. Eine weitergehende Vitalisierung des Marktes mit Non-Performing Loans setzt die Etablierung - bislang fehlender - Marktstandards voraus. Gleichwohl dürfte sich der bestehende Rechtsrahmen nicht als Investitionshindernis darstellen. Institutionelle Anleger dürfen sich nach wie vor über ein attraktives Anlageziel freuen und die Banken wiederum über eine interessante Restrukturierungsvariante.

1) NPL-Barometer, 1. Halbjahr 2016, S. 8, abrufbar hier

2) So jedoch NPL-Barometer, 1. Halbjahr 2016, S. 9. Namentlich durch ausländische Investoren geht eine aktuelle Deloitte-Studie vielmehr von einer Steigerung des NPL-Handels aus, vgl. Deloitte LLP, Deleveraging Europe 2015 - 2016, S. 29, abrufbar hier

3) Zum Definitionsansatz der BaFin vgl. die Begründung der BaFin zu § 34 Abs. 2 der Prüfungsberichtsverordnung (PrüfbV) - sog. "bemerkenswerte Kredite"; zum IWF vgl. Compilation Guide on Financial Soundness Indicators 2004 (International Monetary Fund), Chapter 4, §§ 4.84 - 4.85.

4) Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085, 2088.

5) BGH, Urteil vom 27.2.2007 - XI ZR 195/05 = NJW 2007, 2106.

6) OLG Frankfurt vom 25. 5. 2004, WM 2004, 1386 ff.

7) Vgl. ausführlich Stumpf/Clausnitzer, FLF 2015, 270 ff.; Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1187; Reifner, BKR 2008, 142, 146.

8) Dies gilt auch für den Fall einer Abtretung grundpfandrechtlich besicherter Forderungen durch eine Bank an einen Investor, der keine Bank ist, für die vereinzelt eine Inhaltsänderung nach § 399 Alt. 1 BGB angenommen wird, vgl. hierzu Bredow/Vogel, ILF No. 82 (4/2008), S. 13 f.

9) So auch Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1187 m. w. N.

10) BGH, Urteil vom 27.2.2007 - XI ZR 195/05 = NJW 2007, 2106, 2107.

11) Sofern dem Schuldner tatsächlich ein Schaden entstanden ist, kommen zuvorderst § 7 BDSG; §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 BDSG in Betracht.

12) Hierzu sowie zum Bankgeheimnis und Datenschutz i. A. Bredow/Vogel, ILF No. 82 (4/2008), S. 7 ff.

13) BGH, Urteil vom 11.1.1990 - IX ZR 58/89 = NJW 1990, 903.

14) Bredow/Vogel, ILF No. 82 (4/2008), S. 8.

15) Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute gehören etwa zu den nicht spaltungsfähigen Rechtsträgern.

16) Zu den rechtlichen Besonderheiten von Konsortialkrediten vgl. Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123, 126 f.

17) Die erste NPL-Verbriefung in Deutschland war die Platzierung der "Bluebonnet Finance Plc" mit einem Volumen von 1,34 Milliarden Euro durch die Loan-Star-Gruppe im Dezember 2006, vgl. Grieser/Wulfken, in: Performing and Non Performing Loan. Transaction Across the World, Chapter 7, pp. 82; vgl. zudem Englert, Die Integration der Marktperspektive in der Steuerung von Problemkrediten, Diss., Stuttgart-Hohenheim 2015, S. 164; Jahn, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2011, § 114a Rz. 7 m. w. N.

18) Zum Begriff Brettel/Schneider, Wirtschaftsstrafrecht, § 1 Rz. 70 ff. m. w. N.

19) Exemplarisch: Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013, zu alledem vgl. Obermüller, in: Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl age 2015, § 102 Rz. 64 m. w. N.

20) Sie werden als "Baustein zur Kapitalmarktunion" verstanden, vgl. COM (2015) 472: Vorschlag der EU-Kommission vom 30.9.2015 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften über die Verbriefung (...); vgl. ferner Gerth, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, CRR-VO, 5. Auflage 2016, VO (EU) 575/2013 Art. 242 Rz. 1 ff.

21) Stellungnahme der EZB vom 11.3.2016, Amtsblatt der Europäischen Union C 219/2 vom 17.6.2016.

22) Regelmäßig Globalurkunden, vgl. dazu Drygala/Staake/Szalai, Kapitalgesellschaftsrecht, 2012, S. 369.

23) Gleichwohl bleiben in der Regel aufsichtsrechtliche Verhaltenspflichten (§ 31 f. WpHG) zu beachten.

24) BGH, Urteil vom 24.6.2003 - IX ZR 75/01 = ZIP 2003, 1613, 1616.

25) Zu Rechtsfragen im Kontext der NPL-Verbriefung statt vieler: Maser, Rechtliche Aspekte bei der Verbriefung von Non Performing Loans (NPL), in: Wiedenhofer (Hrsg.), Non Performing Loans (NPL), Problemkredite - Transaktionen, Recht und Steuern, 2006, S. 240 ff.

26) Insofern decken sich die Vorteile einer Verbriefung für die Banken weitgehend mit den allgemeinen Vorteilen einer NPL-Transaktion.

DIE AUTOREN: Wolf Stumpf, Frankfurt/M.,ist Rechtsanwalt und Partner der internationalen Sozietät Noerr LLP. Zu seinen Schwerpunkten zählen Bankrecht, Compliance und Geldwäscheprävention. Er verantwortet die Betreuung von Factoring-Unternehmen.E-Mail: wolf.stumpf[at]noerr[dot]comPatrick Günnel, Frankfurt/M.,ist Doktorand der Universität Leipzig, Juristenfakultät, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht, Prof. Dr. Tim Drygala.E-Mail: patrick.guennel[at]gmx[dot]de
Wolf Stumpf , Rechtsanwalt und Partner , Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X