Synthetischer Forderungskauf als Ausweg bei "harten" Abtretungsverboten?

Forderungserwerb des Factors gefährdet

Wolf Stumpf

Wolf Stumpf, Dr. Jens H. Kunz - Während nach deutschem Recht ein zwischen Kaufleuten vereinbartes Abtretungsverbot die Wirksamkeit des Forderungserwerbs nicht hindert (§ 354a HGB), gilt dies in ausländischen Rechtsordnungen wie etwa Polen oder Skandinavien nicht ohne Weiteres. Ein "hartes" Abtretungsverbot kann hier mitunter den Forderungserwerb des Factors verhindern. Inhaber der Forderung bleibt dann - trotz eines entsprechenden Vertragsschlusses mit dem Factor - der Forderungsverkäufer. Vor diesem Hintergrund stellen die Autoren ein Treuhandmodell vor, das aufsichtsrechtlich unbedenklich ist und sich zivilrechtlich gut umsetzen lässt.

Werden einem harten Abtretungsverbot nach ausländischem Recht unterliegende Forderungen im Rahmen einer multinationalen Transaktion dem Factor für das echte Factoring angeboten, wird der Factor indes notgedrungen über die Einbeziehung dieser Forderungen nachdenken, um die Transaktion als Ganzes nicht zu gefährden.

In der Praxis kann es in diesem Fall eine Lösungsoption darstellen, die einem Abtretungsverbot unterliegenden Forderungen unter Begründung eines Treuhandverhältnisses anzukaufen. Aus rechtlicher Sicht stellen sich dabei vor allem folgende Fragen, auf die nachstehende Ausführungen eine erste Antwort geben:

- Ist der Ankauf von Forderungen ohne Vollzug der Abtretung (sondern der bloßen Begründung eines Treuhandverhältnisses in Bezug auf die Forderung) von der Erlaubnis für das Factoring nach § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 Kreditwesengesetz (KWG) gedeckt, oder werden in diesem Falle andere erlaubnispflichtige Geschäfte betrieben?

- Reicht als "Aufhänger" für die Einbeziehung solcher Forderungen die in den meisten Factoring-Formularen vorhandene Treuhandklausel (Kunde hält die Forderung treuhänderisch für den Factor, bis dieser Inhaber wird) beziehungsweise welcher weitere Gestaltungsbedarf besteht?

Ausgangslage

Nach Artikel 14 Abs. 1 Rom-I-Verordnung (VO) können Zessionar und Zedent das auf ihr Binnenverhältnis anwendbare Recht frei wählen. Dies schließt auch die Übertragung einer an sich einem ausländischen Forderungsstatut unterliegenden Forderung ein. Abtretungsverbote, die dem Schuldnerschutz dienen, unterliegen nach vorherrschender Ansicht aber nicht ihrer Disposition und beurteilen sich auch künftig nach dem Forderungsstatut (Art. 14 Abs. 2 Rom-I-VO).1)

Gilt für den Forderungskauf deutsches Recht, kommt es zu einer Aufspaltung des Kaufvorgangs - der Kaufvertrag begründet die schuldrechtliche Pflicht zur Übertragung der Forderung, deren dinglicher Vollzug ("Verfügungsgeschäft") in der Abtretung liegt. Besteht ein "hartes" Abtretungsverbot, ist jedoch die Umsetzung des Verfügungsgeschäfts, also die Forderungsabtretung, nicht möglich. In dieser Konstellation kann zivilrechtlich gleichwohl an die Übertragung zumindest des wirtschaftlichen Eigentums an der Forderung gedacht werden.

Dies bedeutet: Der Factor übernimmt das Delkredererisiko, währenddessen der Kunde weiterhin für die Verität der Forderung haftet. Im Außenverhältnis bleibt der Kunde Forderungsinhaber, der in Bezug auf die Forderung als Treuhänder des Factors fungiert.

Forderungskauf ohne Abtretung

In § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG wird die Finanzdienstleistung "Factoring" als der laufende Ankauf von Forderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen mit oder ohne Rückgriff definiert. In der vorliegenden Konstellation stellt sich nun die Frage, ob für den aufsichtsrechtlichen Begriff des Ankaufs der Abschluss des Kaufvertrages über die Forderung ausreicht oder ob zudem der Vollzug des Kaufvertrages durch Abtretung erforderlich ist.

Zur Beantwortung dieser Frage rückt aus praktischer Sicht insbesondere die Position der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in das Interesse. Sie gibt die wesentlichen Leitplanken zur Auslegung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen oft - wie für das Factoring - in Form von Merkblättern vor, welche die ständige Verwaltungspraxis beschreiben. Diese Merkblätter sind zwar für Gerichte nicht bindend, doch prägen sie die Praxis und wirken für die Regelungsunterworfenen fast wie gesetzliche Vorschriften. Die BaFin versteht nun ausweislich ihres Merkblatts unter einem "Ankauf" im Sinne von § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG jeden schuldrechtlichen Vertrag, der sich auf den Erwerb der Forderung richtet, unabhängig davon, ob dieser deutschem oder einem ausländischen Schuldstatut unterliegt.2) Mit dieser Feststellung ist freilich noch nicht viel gewonnen, weil nicht konkretisiert wird, um welche Art von Forderungserwerb es sich handeln muss.

Daher ist genauer zu untersuchen, ob das Factoring einen Vertrag voraussetzt, der auf die dingliche Übertragung einer Forderung gerichtet ist oder ob die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums ausreicht. Hierbei handelt es sich keineswegs um eine rein akademische Fragestellung. Vielmehr könnte die Lesart, es müsse sich um einen auf die dingliche Übertragung der Forderung gerichteten Vertrag handeln, solche Unternehmen, die lediglich die Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG zum Betreiben des Factorings erhalten haben, vor ernsthafte aufsichtsrechtliche Probleme stellen. Denn in diesem Fall hätte es nicht bei der Ablehnung des Factorings sein Bewenden, sondern es wäre weiter zu beleuchten, ob solche Verträge, die auf eine Treuhandlösung und nicht auf eine dingliche Forderungsabtretung gerichtet sind, die Voraussetzungen für eine andere erlaubnispflichtige Tätigkeit erfüllen. Zumindest in Betracht kommt insoweit das Kreditgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG, weil diese Verträge eine Finanzierungsfunktion erfüllen, die den Anwendungsbereich des Kreditgeschäfts eröffnen könnte.

Abtretungsverbot als Ausschlussgrund?

Zweifel daran, ob die Parteien im Falle eines harten Abtretungsverbots einen Forderungskaufvertrag gemäß der Definition der BaFin schließen, könnten damit begründet werden, dass sich die Parteien dieses Abtretungsverbots bewusst seien und deshalb der Vertrag gerade nicht auf den Erwerb einer Forderung gerichtet sei. Wegen dieser Erkenntnis, so könnte man weiter argumentieren, beabsichtigten die Vertragsparteien mit einer Treuhandlösung etwas gänzlich anderes. Zur Begründung dieser Zweifel könnte eine Auffassung in der Literatur herangezogen werden, wonach eine Einordnung als Factoring im Falle einer rechtlich unwirksamen Übertragung der Forderung in Vollzug des Kausalgeschäfts nur anzunehmen sei, solange die Parteien sich der eventuellen Unwirksamkeit der Forderungsabtretung nicht bewusst seien.3) Seien sich die Parteien dagegen einig, dass eine Forderung nur zum Schein abgetreten werde, solle eine Einordnung als Factoring ausscheiden und das eigentlich gewollte Geschäft als Kreditgeschäft zu qualifizieren sein.4)

Diese Argumentation ließe jedoch unberücksichtigt, dass die Parteien des Factoring-Vertrages die Forderungsabtretung an sich gerade beabsichtigen, allerdings durch das bestehende Abtretungsverbot an deren Vollziehung gehindert werden. Lediglich aus diesem Grund soll wirtschaftlich die Wirkung einer dinglichen Forderungsübertragung nachgebildet werden. Mithin ist durchaus - und insoweit abweichend von der in der Literatur behandelten Konstellation - eine wirtschaftliche Übertragung der Forderung beabsichtigt, sodass aus der angeführten Literaturmeinung kein valides Argument gegen die Einordnung der beabsichtigten Gestaltung als Factoring im Sinne von § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG folgt.

Gleiche Risikoverteilung

Für die Einordnung der vorstehend beschriebenen Konstellation als Factoring spricht ferner ein Blick auf die wirtschaftliche Risikoverteilung. Diese unterscheidet sich bei dem herkömmlichen Factoring nicht von einer Treuhandlösung, die einem harten Abtretungsverbot Rechnung tragen soll. Der Erhalt des vom Debitor auf die Forderung geleisteten Geldbetrags stellt nämlich - unabhängig von einer Abtretung der verkauften Forderung, auf die der Debitor leistet - das wirtschaftliche Ziel des Faktors dar. Auch aufseiten des Kunden entspricht die wirtschaftliche Ausgangslage dem Szenario eines herkömmlichen Vertrages im Wege des "echten" Factorings. Dies deshalb, weil sich der Kunde aus seiner Forderung gegenüber dem Debitor bereits vor deren Fälligkeit Liquidität verschaffen und das Ausfallrisiko des Debitors (Delkredere) auf den Factor übertragen möchte.

Folglich ist die Gestaltung über eine Treuhandvereinbarung wirtschaftlich dem üblichen Forderungskaufvertrag mit Abtretung nachgebildet. Es lässt sich mithin von einer Art "synthetischem Forderungskauf" sprechen, der aus aufsichtsrechtlicher Sicht wie der herkömmliche Forderungskauf behandelt werden sollte.

Stellungnahmen der BaFin

Dieser Befund lässt sich überdies auf veröffentlichte Stellungnahmen der BaFin stützen. Zunächst behandelt die Aufsicht in ihrem Merkblatt zum Kreditgeschäft unter dem Schlagwort "Verkauf von Krediten" auch synthetische Forderungsübertragungen, die somit nicht von einem Forderungskauf abgegrenzt, sondern vielmehr als eine besondere Ausprägung des Forderungskaufs eingestuft werden.

Darüber hinaus wird offenbar nicht unbedingt ein Kaufvertrag bei einem Factoring vorausgesetzt, wenn die BaFin ausführt, unter "Ankauf" im Sinne von § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG könnten ebenso andere Vertragstypen fallen, solange dem Geschäft nur eine wie auch immer geartete Finanzierungsfunktion zukomme.5) Daraus lässt sich schließen: Ein Factoring im Sinne von § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG kann auch dann vorliegen, wenn das zugrunde liegende Kausalgeschäft nicht als Kaufvertrag zu qualifizieren ist.

Dem Tatbestand des Kreditgeschäfts im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG unterfällt die hier beschriebene Treuhandkonstruktion demgegenüber schon deshalb nicht, weil der Factor wie beim "echten" Factoring das Delkredererisiko übernimmt. Dieser Umstand ist für die aufsichtsrechtliche Bewertung erheblich, weil bei Übernahme des Delkredererisikos im Rahmen des Factorings (sogenanntes echtes Factoring) nach der veröffentlichten Verwaltungspraxis der BaFin zivilrechtlich Kaufrecht gilt.6) Damit unterscheidet sich das echte Factoring von den Fällen, bei denen der Faktor sich einen Rückgriff bei Zahlungsunfähigkeit des Debitors vorbehält (sogenanntes unechtes Factoring)7) und die grundsätzlich als Kreditgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG beinhalten sollen, das letztlich lediglich hinter das Factoring als spezielleren Tatbestand zurücktrete.8)

Mit anderen Worten spricht die Übernahme des Delkredererisikos bei der in Rede stehenden Treuhandlösung gegen die aufsichtsrechtliche Einordnung als Kreditgeschäft und für die Behandlung als Kauf. Diese Einschätzung bestätigt auch ein Vergleich mit der in der Praxis durchaus relevanten stillen Beteiligung an einem Darlehensportfolio. Diese kann trotz des Fehlens einer dinglichen Übertragung der Forderung einen Kauf darstellen.9) Rechtstechnisch lässt sich dies damit begründen, dass die Einräumung der Treuhandstellung letztlich an Erfüllung statt für die Übertragung der Forderung erfolgt.10)

Hinzu kommt: Nach der Verwaltungspraxis der BaFin fallen bestimmte Gestaltungen, die wirtschaftlich betrachtet einer Darlehensgewährung nahekommen, nicht in den Anwendungsbereich dieses Tatbestandes. Dazu gehören unter anderem solche, bei denen Forderungen verkauft und synthetisch auf den Käufer übertragen werden, beispielsweise durch eine Unterbeteiligung des Käufers an einer Forderung.11) Die BaFin weiß also zu unterscheiden zwischen Konstellationen, bei denen ein Darlehen "gewährt" wird, und solchen, bei denen eine Forderung verkauft werden soll, selbst wenn es rechtlich - wie in der vorliegenden Konstellation - nicht zu einer dinglichen Übertragung der gekauften Forderung kommt.

Ausgestaltung der Treuhandvereinbarung

Auch wenn die Vertragsmuster der meisten größeren Anbieter Treuhandklauseln enthalten, reichen diese Regelungen für sich genommen für die Schaffung eines sicheren Rechtsrahmens nicht aus. Sie müssen stets um zusätzliche Ausführungen ergänzt werden, teilweise sind Regelungen des Vertragsmusters zu streichen. Gleichwohl verbleiben beim Treuhandmodell Risiken für den Factor.

Da das Treuhandverhältnis als solches letztlich nur einen "Ersatz" für die Abtretung der Forderung darstellt, bedarf es zunächst der Festlegung der Bedingungen des Kaufvertrages.

Regelung zum Kaufvertrag

Der Kaufvertrag sollte eindeutig festlegen, dass der Factor die jeweiligen Forderungen trotz Abtretungsverbots ankauft; da ein Abtretungsverbot nach den meisten Vertragsmustern zu den Ausschlusskriterien anzukaufender Forderungen gehört, ist hier gegebenenfalls eine entsprechende Anpassung der korrespondierenden Vertragspassage vorzunehmen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Gleiches gilt gegebenenfalls für den Inhalt der Veritätsgarantie; hier findet sich regelmäßig die Garantie des Kunden dafür, dass die angediente Forderung keinem Abtretungsverbot unterliegt. Darüber hinaus bedarf es einer Klarstellung, dass die Abtretung der angekauften Forderung durch die Begründung eines Treuhandverhältnisses ersetzt wird, solange der Abtretung ein "hartes" Abtretungsverbot entgegensteht.

Um darüber hinaus die eingangs genannte aufsichtsrechtliche Argumentation nutzbar zu machen, ist ein Hinweis auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an der Forderung unter Übernahme des Delkredererisikos sowie das Verbleiben der Veritätshaftung beim Kunden als Forderungsverkäufer angezeigt. Ein klarstellender Zusatz, dass der Ausschluss der Abtretung an der Risikoverteilung des Factoring-Vertrages nichts ändert, empfiehlt sich gleichermaßen.

Treuhandklausel

In Bezug auf das Treuhandverhältnis reicht die standardisierte Treuhandklausel der Vertragsmuster oftmals nicht aus, um die vorliegende Konstellation zu erfassen. Bezieht sich die Treuhandklausel zum Beispiel nur auf Forderungen, die nach dem Forderungsstatut nicht im Voraus aufschiebend bedingt durch den Ankauf abgetreten werden können, greift sie für den Fall des "harten" Abtretungsverbots nicht. Auslegungszweifel gehen zulasten des Factors als Verwender des Vertragsformulars, da § 305c Abs. 2 BGB auch im unternehmerischen Verkehr zur Anwendung kommt.12) Es empfiehlt sich somit, in jedem Falle eine Treuhandabrede zu schließen, die sich ausdrücklich auf die hier gegebene Fallgestaltung bezieht und die umfassten Forderungen konkret benennt (betroffene Debitoren, Forderungsstatut et cetera).

Neben der Treuhandabrede an sich gilt es, eine Vielzahl weiterer Punkte zu bedenken und teils abweichend vom Vertragsmuster zu regeln. Die folgenden Beispiele zeigen einige dieser Punkte. Naturgemäß kann dies jedoch die umfassende Bewertung anhand des jeweiligen Einzelfalls nicht ersetzen.

Weitere Punkte

Gegenüber dem Debitor bleibt der Kunde nach außen Forderungsinhaber. Dies hat Konsequenzen für die Vertragsgestaltung:

- Der Kunde muss den Forderungseinzug im Interesse des Factors vornehmen. Insoweit kann meistens auf den vertraglichen Vereinbarungen des Factoring-Vertrages zur Weiterleitung beim Kunden eingehender Debitorenzahlungen aufgesetzt werden.

- Hingegen greifen die Regelungen zum Forderungseinzug durch den Factor häufig nicht, da dieser ja nicht Forderungsinhaber geworden ist. Anstelle dessen sind Bestimmungen zu ergänzen, wonach der Kunde auf Weisung und nach Vorgabe des Factors den Forderungseinzug für diesen übernimmt; ferner sind die üblicherweise in Factoring-Verträgen enthaltenen Regelungen zur Kostentragung/ zum Aufwendungsersatz zumeist entsprechend anzupassen.

- Vorausschauend sollte man auch eine Prüfung des Forderungseinzugs auf seine Zulässigkeit nach dem jeweiligen für den Kunden geltenden Zahlungsdiensterecht in Betracht ziehen (vgl. die Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, die in den Mitgliedsstaaten der EU umgesetzt worden ist).

Mit dem Treuhandvertrag tritt zum Factoring-Rahmenvertrag und Forderungskaufvertrag ein weiterer Vertrag hinzu. Dies gilt es vor allem bei der Ausgestaltung von Kündigungsrechten und den Rechtsfolgen einer Vertragsbeendigung/-rückabwicklung zu beachten:

- Üblicherweise findet das Treuhandverhältnis in Bezug auf eine einzelne angekaufte mit der Weiterleitung der Debitorenzahlung an den Factor sein Ende. Vor diesem Zeitpunkt muss eine ordentliche Kündigung des Treuhandverhältnisses ausgeschlossen sein. Die außerordentliche Kündigung kann jedoch nicht vertraglich ausgeschlossen werden, womit für den Fall der außerordentlichen Kündigung des Treuhandverhältnisses die damit einhergehenden Rechtsfolgen zu regeln sind. Hier wäre beispielsweise daran zu denken, bei außerordentlicher Kündigung des Treuhandverhältnisses dem Kündigenden zugleich das Recht zuzugestehen, die Rückabwicklung des Forderungskaufvertrages selbst zu verlangen.

- Kommt es jedoch zu einer Rückabwicklung des Forderungskaufvertrages, kann dies Auswirkung auf das Treuhandverhältnis haben. Hier empfiehlt sich eine Regelung des Inhalts, wonach das Treuhandverhältnis an der Forderung nunmehr Ansprüche des Factors aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages beziehungsweise der Verletzung der Veritätsgarantie absichert.

- Während die Beendigung des Factoring-Rahmenvertrages die in seinem Anwendungsbereich bislang geschlossenen Forderungskaufverträge in der Regel unberührt lässt, ist an eine entsprechende Klarstellung mit Blick auf die Treuhandverhältnisse zu denken.

Abhängig vom jeweiligen Vertragsformular kann sich weiterer Anpassungsbedarf ergeben. Dies betrifft etwa die Einbeziehung zunächst angedienter, aber (noch) nicht angekaufter Forderungen. Diese lässt sich der Factor üblicherweise zur Sicherheit abtreten. Ob die Begründung eines Treuhandverhältnisses für solche Forderungen Sinn ergibt, ist im Einzelfall jeweils konkret zu überprüfen.

Auch wenn das hier beschriebene Modell aufsichtsrechtlich unbedenklich und zivilrechtlich gut umsetzbar ist, verbleiben Risiken, die der Anwendung in der Praxis Grenzen setzen.

Verbleibende Risiken

Da der Factor nie Inhaber der betreffenden Forderung war, kommt lediglich die Begründung einer Vereinbarungstreuhand in Betracht. Eine solche berechtigt den Treugeber allerdings in der Insolvenz des Treuhänders nicht zur Aussonderung.13) Gleichermaßen ist in dieser Konstellation zu bewerten, ob und wie sich das Treuhandverhältnis gegenüber etwaigen Dritten, die Rechte an der dem Treuhandverhältnis unterliegenden Forderung geltend machen, durchsetzt.14)

Das Treuhandmodell bietet sich angesichts dieser Punkte vor allem dann als Mittel der Wahl an, wenn im Rahmen einer "großen" Factoring-Transaktion Forderungen berücksichtigt werden müssen, die nach ausländischem Recht einem "harten" Abtretungsverbot unterliegen.

1) Martiny in: Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 14 Rom-I-VO Rn. 28; Kieninger in: Ferrari/Kieninger/Mankowski, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 14 Rom-I-VO Rn. 9; zu weiteren Besonderheiten des internationalen Factorings vgl. auch Stumpf/Schmitt, Endlich mehr Rechtssicherheit beim Erwerb ausländischer Forderungen? FLF 2012, 276.

2) BaFin, Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Factorings, Stand: Januar 2009, Abschnitt II. 1.

3) Reschke in Beck/Samm/Kokemoor, KWG, 182. EL Oktober 2015, § 1 Abs. 1a Rn. 680c.

4) Vgl. Fn. 3.

5) BaFin, Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Factorings, Stand Januar 2009, Abschnitt III.1.

6) BaFin, Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Factorings, Stand Januar 2009, Abschnitt II.

7) BaFin, Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Factorings, Stand Januar 2009, Abschnitt V.

8) BaFin, Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Factorings, Stand Januar 2009, Abschnitt V.

9) Vgl. zu dieser Einordnung bspw. Kristen/ Kreppel, BKR 2005, S. 123 (125).

10) Vgl. Kristen/Kreppel, BKR 2005, S. 123 (125).

11) BaFin, Merkblatt - Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts, Stand: April 2014, Abschnitt 1. a) bb) (4).

12) Schmidt in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Bamberter/Roth, 38. Edition, Stand: 1. 2. 2016, § 305c Rn.41

13) BGH NJW 2003, 3414, 3415; Ganter in: Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, § 47 Rn. 41

14) Zur fehlenden Regelung der Drittwirkung bei der Forderungsabtretung in der Rom-I-VO vgl. Stumpf/Schmitt, a.o.O.

DIE AUTOREN: Wolf Stumpf, Frankfurt/M., ist Rechtsanwalt und Partner der internationalen Sozietät Noerr LLP. Zu seinen Schwerpunkten zählen Bankrecht, Compliance und Geldwäscheprävention. Er verantwortet die Betreuung von Factoring-Unternehmen.E-Mail: wolf.stumpf[at]noerr.comDr[dot] Jens H. Kunz, LL.M. (UT Austin), Frankfurt/M., ist Rechtsanwalt und Partner der internationalen Sozietät Noerr LLP. Er berät nationale und internationale Banken und Finanzdienstleister sowie andere Unternehmen mit Berührungspunkten zu finanzaufsichtsrechtlicher Regulierung.E-Mail: jens.kunz[at]noerr[dot]com
Wolf Stumpf , Rechtsanwalt und Partner , Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB, Frankfurt am Main

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