Schwerpunkt Wohneigentum

Erweiterte Vertriebsstrategie der Sparkassen neue Wege gehen

Mit einem Marktanteil von 33,4 Prozent am Bestand sind die Sparkassen Marktführer in der privaten Wohnungsbaufinanzierung. 2010 haben sie ihren Marktanteil erstmals wieder um 0,5 Prozentpunkte ausgebaut.1) Eine beachtliche Leistung in einem stagnierenden Markt, in dem die Sparkassen in intensivem Wettbewerb mit Direktbanken, Internetplattformen und Vermittlern stehen.

Bedeutung der Baufinanzierung anerkannt

Schon Ende 2010 zeichnete sich die positive Entwicklung in einer Entscheiderbefragung2) der Managementberatung Investors Marketing unter den großen Sparkassen deutlich ab: Mehr als 70 Prozent der Sparkassen waren mit der Entwicklung des Geschäftsvolumens, 40 Prozent auch mit der Entwicklung der Erträge sehr zufrieden oder zufrieden. Als Ankerprodukt bindet die Baufinanzierung Kunden über Jahre hinweg an das Haus und erschließt somit Möglichkeiten und Zugang für Kundendurchdringung und Cross-Selling.

So sehen auch alle befragten Sparkassen die Baufinanzierung als strategisches Kerngeschäftsfeld. Dabei resultiert die zugemessene hohe Bedeutung vor allem aus den realisierten Volumina (67 Prozent) und den Möglichkeiten zur Kundenbindung und -durchdringung, aber auch aus den durch das Baufinanzierungsgeschäft realisierten Erträgen (47 Prozent). Wettbewerbsdruck und hohe Preistransparenz, vor allem durch das Internet, werden am häufigsten als Gründe für eine unbefriedigende Margensituation genannt. Mit guter Beratung, Vertrauen und Kundenbindung begründen die Befragten dagegen eine zufriedenstellende Marge.

Mehr als 80 Prozent der Sparkassen sind überzeugt, dass der Preiswettbewerb in der Baufinanzierung weiter anhalten wird. So rechnen für die Zukunft 80 Prozent mit stagnierenden Volumina, 53 Prozent mit sinkenden Margen. Folgerichtig sehen rund 70 Prozent der Befragten die Hauptherausforderung in der Optimierung von Erträgen und Kosten, jedoch nur rund 30 Prozent in der Steigerung des Volumens. Die generelle Positionierung am Markt sowie die weitere Kundengewinnung und -bindung sind zentrale Herausforderungen - vor dem Hintergrund des Marktumfeldes ist allen Entscheidern klar, dass sie auch weiterhin sehr aktiv um ihre Marktanteile kämpfen müssen.

Neue Vertriebswege im Fokus

Angesichts der schwierigen Volumens- und Margensituation setzen Sparkassen gezielt auf den Ausbau der Vertriebskanäle (siehe Abbildung 1). Wachstumspotenziale sehen sie vor allem in Kanälen, die heute noch eine vergleichsweise geringe Bedeutung haben: Unabhängige Vermittler (53 Prozent), Online-Vertrieb (33 Prozent) und mobiler Vertrieb (27 Prozent). Sparkassen mit eigenem mobilem Vertrieb sehen die zukünftige Bedeutung sogar noch höher: 67 Prozent versprechen hier zusätzliches Potenzial.

Zur Erschließung neuer Vertriebskanäle bedienen sich Sparkassen interessanterweise häufig genau der Baufinanzierungsplattformen, die noch vor wenigen Jahren als heftige Konkurrenten gehandelt wurden. Diese Plattformen verstehen sich inzwischen als Partner der Sparkassen und streben stark nach Kooperation. Sie decken ein breites Spektrum von Vermittlungs- und Abwicklungsleistungen (B-to-B) an und treten teilweise auch unter eigener Marke gegenüber Endkunden (B-to-C) auf. Tatsächlich geben von den befragten Instituten nur sieben Prozent an, keine Partnerlösung zu nutzen (siehe Abbildung 2). Grundsätzlich gibt es drei mögliche Ansätze für die Einbindung externer Partner, die jeweils unterschiedliche Ziele unterstützen.

- Leadzuführung aus dem Internet: Fast alle, nämlich 80 Prozent der Befragten, nutzen die Möglichkeit, sich über Internetportale zusätzliches Geschäft zuführen zu lassen. Partner können hier sowohl reine Vergleichsportale als auch auf das B-to-C-Geschäft spezialisierte Baufinanzierungsplattformen (zum Beispiel Interhyp) sein. Die Mehrzahl der Institute ist mit dieser Form der Zusammenarbeit sehr zufrieden. Sie erwarten sich eine Verbesserung der Marktabdeckung und Ausweitung des Marktanteils sowie die Gewinnung von Kunden mit guten Bonitäten. Bis zu fünf Prozent des Neugeschäfts werden nach Angaben der Institute auf diesem Wege generiert.

- Ventillösungen und Fremdprodukte: Zur Abrundung des eigenen Angebotes setzen rund 13 Prozent der befragten Institute auf Ventillösungen und Fremdprodukte. So können auch spezielle Produktanforderungen abgedeckt werden, die das Institut selbst nicht darstellen kann oder will. Die Institute, die Fremdprodukte nutzen, tun dies vor allem, um besondere Zielgruppen, beispielsweise sehr preisaffine Kunden, adäquat bedienen zu können. Drei bis fünf Prozent des Geschäfts können auf diese Weise abgedeckt werden.

Voraussetzung für das Anbieten von Fremdprodukten ist für viele Entscheider jedoch, dass es sich nicht um Produkte direkter Wettbewerber handelt. Auch der Kundenschutz ist vor dem Hintergrund der Bedeutung der Baufinanzierung als Kundenbindungsprodukt zentrale Bedingung für eine Kooperation. Die Mehrzahl der Institute ist bisher noch der Meinung, dass alle Produktanforderungen, Prozesse und attraktive Preise selbst dargestellt werden können. Zum Vergleich: Von den im Rahmen der gleichen Studie befragten Geschäftsbanken setzen fast alle zusätzlich Ventillösungen ein. Partner sind typischerweise B-to-B-Plattformen wie Planet-Home, die Produktlieferant und vertreibendes Institut zusammenbringen, die technische Plattform bereitstellen sowie die prozessuale Abwicklung unterstützen.

- Anbindung von Vermittlerplattformen: Mit rund 22 Prozent Marktanteil3) haben unabhängige Vermittler eine wichtige Rolle im Neugeschäft der privaten Baufinanzierung. Die Herausforderung für die Sparkassen besteht darin, das Geschäft mit vielen, überwiegend kleinen, regionalen Vermittlern für sich zu erschließen und zu durchdringen. 27 Prozent der befragten Institute arbeiten bereits mit Baufinanzierungsplattformen zusammen, mit denen regionale Vermittler die Produkte der Sparkasse in ihr Angebotsspektrum aufnehmen können. Bis zu fünf Prozent des Geschäfts können erfahrungsgemäß auf diese Weise generiert werden. In der S-Finanzgruppe steht dafür der Finanzmarktplatz Finmas zur Verfügung, der aus einer Initiative des Ostdeutschen Sparkassen-Verbandes und der Hypoport AG hervorgegangen ist.

Leadzuführung kein Ersatz eines eigenen Auftritts

Über alle Lösungswege hinweg sind zwei Drittel der Befragten mit der aktuell genutzten Partnerlösung zufrieden oder sehr zufrieden. Es gibt jedoch keine Veranlassung, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Fast jede zweite Sparkasse plant daher weitere Partnerlösungen. Bei der Weiterentwicklung dieser neuen Geschäftsansätze in der Baufinanzierung gibt es eine Reihe von Handlungsfeldern, die in Zukunft noch an Relevanz gewinnen werden.

So kann die Leadzuführung aus dem Internet eine eigene starke Internetpräsenz im Bereich Baufinanzierung auf Dauer nicht ersetzen. Der zukünftigen Positionierung der Sparkassen im Internet unter ihrer eigenen Marke kommt strategisch höchste Bedeutung zu, um sich nicht in dauerhafte Abhängigkeiten zu begeben. Nur so können sich die Sparkassen selbst als relevanter Partner und starke Marke für Baufinanzierung im Online-Kanal positionieren und somit langfristig strategisch das Geschäftsfeld weiterentwickeln und besetzen.

White-Label-Lösungen der Plattformanbieter wie etwa Planet-Home können hier eine Ergänzung oder Alternative darstellen, sowohl bei der technischen Umsetzung als auch bei der Vermarktung. Das Potenzial von Ventillösungen zur Optimierung des Leistungsangebots in bestimmten Zielgruppen wird noch unterschätzt. Der Ausbau der Vermittlerstrukturen wird ebenfalls Bestandteil einer erfolgreichen Positionierung der Sparkassen im Baufinanzierungsmarkt der Zukunft sein. Für die Zusammenarbeit mit den Vermittlern sind neben der rein technischen Anbindung der Vermittler im Sinne eines Marktplatzes auch die richtige Betreuung der Vermittler und effektive Prozesse sicherzustellen, damit ein solches Modell Erfolg hat.

Fußnoten

1) Quelle: Statement des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Heinrich Haasis, anlässlich der Bilanzpressekonferenz des DSGV, am 16. März 2011 in Frankfurt am Main.

2) Investors Marketing AG, Frankfurt, Baufinanzierungsstudie 2010, Strukturierte Interviews mit Vorständen von Großsparkassen und führenden Geschäftsbanken in Deutschland.

3) Einschätzung Investors Marketing auf Basis Research und Expertengesprächen, Stand Ende 2010.

Dr. Oliver Mihm , Vorsitzender des Vorstands, Investors Marketing AG, Frankfurt am Main
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