Wohnungspolitik 2011

Kommunale Wohnraumversorgung in Frankfurt am Main

Unsere Gesellschaft hat sich im letzten Jahrzehnt massiv verändert - sei es durch den demografischen Wandel, den Klimawandel oder die wirtschaftlichen Entwicklungen. Und das Tempo der Veränderungen nimmt weiter zu. Diese Veränderungsprozesse müssen wir auf kommunaler Ebene aktiv gestalten. Insbesondere in der Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik sind zukunftsfähige Konzepte gefragt, um den veränderten und mittlerweile ausdifferenzierten Ansprüchen und Bedürfnissen der Stadtbewohner an Wohnung, Wohnquartier und Stadtteil gerecht zu werden.

In den vergangenen Jahren hat die Stadt Frankfurt am Main große Anstrengungen bei der Wohnraumversorgung für alle Bürger unternommen und gleichermaßen hochwertigen wie kostengünstigen Wohnraum geschaffen. Dabei werden der Neubau von Wohnungen und Verbesserungen im Wohnungsbestand in vielfältiger Weise unterstützt und gefördert. So haben wir die Wohnbaulandentwicklung verstetigt und berichten darüber in 2-jährigem Turnus im Wohnbaulandentwicklungsprogramm.

Wohnungspolitische Leitlinien

Bereits 2005 hat sich die Stadt Frankfurt mit ihren "Wohnungspolitischen Leitlinien" dazu verpflichtet, dass alle Frankfurter Haushalte dauerhaft, ausreichend und angemessen mit Wohnraum versorgt werden können. Dabei haben wir eine besondere Verantwortung für diejenigen Haushalte übernommen, die sich nicht aus eigener Kraft auf dem Frankfurter Wohnungsmarkt ausreichend mit Wohnraum versorgen können. Die Stadt Frankfurt stellt mit einem breiten Spektrum an Steuerungs- und Förderungsinstrumenten Wohnraum für die Bevölkerungsgruppen mit niedrigen Einkommen zur Verfügung: Neben der unmittelbaren Förderung des sozialen Mietwohnungsneubaus werden verbilligte Erbbaurechte für Familien abgegeben; für Hauseigentümer, Bauherren, Mieter und Wohnungssuchende wird ein breites Beratungs- und Vermittlungsangebot bereitgestellt; durch eine kontinuierliche Wohnungsmarktbeobachtung kann frühzeitig auf veränderte Rahmenbedingungen reagiert werden.

Die Herausforderungen aus der Entwicklung globaler Märkte, der demografischen Veränderungen und des Klimawandels machen es notwendig, die Wohnraumversorgung nachhaltig weiter zu verbessern und die Stadt Frankfurt als Wohnstandort stärker zu profilieren. Hierzu haben wir Ende 2008 ein 5-Jahres-Programm "Wohnraum für alle - Wohnen in Frankfurt 2009-2013" vorgelegt, das auf den wohnungspolitischen Leitlinien basiert und diese konkretisiert.

Die Ziele des Programms sind, ein ausreichendes Wohnangebot für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen, um den sozialen Frieden der Stadtgesellschaft zu erhalten, sowie den Wohnstandort Frankfurt attraktiver zu machen und das Wohnen als Motor der Stadtentwicklung zu nutzen. Darüber hinaus wollen wir das Angebot an Wohnungen und die Qualität im Wohnungsbau insgesamt erhöhen, um Frankfurt als Wohnstandort besser zu positionieren. Der Bedarf an Wohnungen wird in Frankfurt für alle sozialen Schichten anhaltend hoch bleiben. Dies wird durch die neuesten Zahlen zur Einwohnerentwicklung bestätigt. Von Ende 2001 bis 2007 wuchs die Einwohnerzahl um 21 000, bis heute haben wir nochmals um 10 500 Einwohner auf insgesamt über 680 000 zugenommen.

Standort Wohnungsmarkt

Ein gut funktionierender Wohnungsmarkt mit vielfältigem und hochwertigem Wohnungsangebot ist notwendig, um

- die Zufriedenheit und Attraktivität für Bürger wie Zuziehende zu steigern,

- im regionalen, nationalen und internationalen Wettbewerb um Unternehmen und gut ausgebildete Arbeitskräfte, vor allem die "kreative Klasse", zu bestehen,

- an der steigenden Bedeutung der Einkommenssteuer für die kommunalen Einnahmen besser partizipieren zu können und damit den Bau und Unterhalt der städtischen Infrastruktur zu sichern,

- die Zahl der Pendler und die Belastungen für Umwelt, Sicherheit und private wie öffentliche Haushalte zu verringern und die Nahmobilität zu stärken.

Das 5-Jahres-Programm umfasst fünf Punkte, die im Folgenden vorgestellt werden.

1. Die Wohnbautätigkeit stabilisieren und verstetigen: Innerhalb des Zeitraums des Programms sollen 10000 Wohneinheiten errichtet werden, das sind 2000 Wohnungen im Jahr. Nach den im Wohnbaulandentwicklungsprogramm enthaltenen Flächen zu urteilen, ist für die geplanten Wohnungen ausreichend Bauland vorhanden. Um nach 2013 über genügend Wohnbauflächen zu verfügen, werden für eine mittelfristige Flächenvorsorge jetzt weitere Flächen planerisch geprüft. Im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung wollen wir Frei- und Grünflächen schonen und neue Bauflächen jenseits begonnener Projekte durch verträgliche Nachverdichtung und Flächenkonversion entwickeln.

Dafür sollen verstärkt Projekte angestoßen werden und gemeinsam mit Eigentümern und Investoren in Gang gesetzt werden.

2. Ausreichend geförderte Wohnungen sichern: Derzeit verringert sich die Zahl der Wohnungen mit Miet- und Belegungsbindungen schneller als neue Sozialwohnungen gebaut werden - nämlich um etwa 800 Wohnungen jährlich. Wir wollen daher die jährliche Neubaurate von derzeit 200 bis 300 Wohnungen auf 600 erhöhen und zwar 300 Wohnungen im 1. Förderweg, 150 Wohnungen für Haushalte, die bis zu 40 beziehungsweise 70 Prozent über den Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaus liegen, und 150 Wohnungen für die Eigentumsbildung mittlerer und geringerer Einkommen.

Auf diese Weise sollen günstige Mietwohnungen mit Mieten in einer Spanne von 5,00 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bis 15 Prozent unter örtlicher Marktmiete gesichert und gefördert werden und ebenso die Bildung von Wohneigentum für mittlere und untere Einkommen. Dazu hat die Stadtverordnetenversammlung im Dezember 2008 zwei neue Förderprogramme beschlossen: das "Frankfurter Programm für familien- und seniorengerechten Mietwohnungsbau" und das "Frankfurter Programm zur Förderung von selbst genutztem Wohneigentum".

Zur Erreichung dieser Zielzahlen soll bei der künftigen Baulandentwicklung in geeigneten Fällen ein 15-prozentiger Flächenanteil für den 1. Förderweg und ein 15-prozentiger Flächenanteil für das Mittelstandsprogramm reserviert werden. Darüber hinaus können in Einzelfällen Kosten für aufwendige Altlastenbeseitigung und Abbruch- respektive Verlagerungsmaßnahmen zusätzlich gefördert werden.

Zusätzlich sollen jährlich 500 neue Belegungsrechte im Wohnungsbestand begründet werden, davon ein Teil mit unbefristeter Laufzeit - und wo immer möglich sollen die Wohnungen energetisch und barrierefreundlich nachgerüstet werden. Ziel ist, bis zum Ende der Programmlaufzeit durch Neubau geförderter Wohnungen und Erwerb befristeter und unbefristeter Belegungsrechte zusätzlich 5500 Wohnungen für geringe und mittlere Einkommen zu schaffen. Die Begründung von Belegungsrechten im Neubau und im Bestand soll auch nach 2013 fortgesetzt werden.

3. Den Wohnungsbestand nachhaltig verbessern: Zur Reduzierung des Energiebedarfs und Senkung der Verbrauchskosten sowie zur Förderung eines barrierearmen Umbaus in Bestandswohnungen sollen neue Fördermöglichkeiten geschaffen werden. Das für diesen Zweck aufgelegte "Frankfurter Programm zur energetischen Modernisierung des Wohnungsbestandes, Verbesserung des Wohnumfeldes und Stadtbildpflege" wurde im November 2010 beschlossen und soll eine zukunftsorientierte Entwicklung des Frankfurter Wohnungsbestandes bei gleichzeitig nachhaltiger Sicherung kostengünstiger Mietwohnungen unterstützen.

4. Innovative Wohnmodelle unterstützen: Neubau und Bestandspflege müssen in stärkerem Maße unterschiedlichen Zielgruppen und individuellen Wohnwünschen durch veränderbare und flexible Wohnungs- und Hausgrundrisse sowie durch neue Bau- und Wohnformen Rechnung tragen. Wir wollen Beratung und Förderung innovativer Bauvorhaben weiter ausbauen und intensivieren, indem Grundstückseigentümer, Investoren, Nutzer und Betreiber gesucht, zusammengeführt oder betreut beziehungsweise Projekte initiiert werden.

Im Einzelnen betrifft das Bauherrengruppen, generationenübergreifendes Wohnen, Modelle betreuten Wohnens, genossenschaftliche und gemeinschaftliche Modelle sowie innovative Neu- und Umbauprojekte (kosten- und ressourcenschonendes Bauen, zum Beispiel Passivhausstandard, Einbeziehung von Selbstbauleistungen).

5. Qualität im Wohnungsbau sichern und erhöhen: Zur nachhaltigen Qualitätssicherung und -verbesserung werden die laufenden Aktivitäten weiterentwickelt und intensiviert. Dies betrifft vor allem die Planungs-, Bau- und Förderberatung zu projekt- und gebietsbezogenen Qualitätsanforderungen an Haus, Grundriss, Freiraum, Umweltschutz und Gestaltung sowie Festlegungen im Rahmen von Bebauungsplänen und städtebaulichen Verträgen. Mit konkurrierenden Planungs- und Entwurfsverfahren bei Vorhaben von mehr als 50 Wohnungen soll auch im geförderten Wohnungsbau die Qualität gesteigert werden. Wir legen großen Wert darauf, bei größeren Wohnungsbauprojekten nach unterschiedlichen Förderwegen zu fördern, weil dadurch eine soziale Mischung in den Quartieren erreicht wird und einseitige Bewohnerstrukturen vermieden werden.

Für beispielhafte und innovative Wohnprojekte wird die Stadt jedes Jahr einen Wettbewerb "Neues Wohnen für Frankfurt" ausloben und die besten Projekte in Neubau und Bestand auszeichnen.

Verzahnung mit der Stadterneuerung

Die Umsetzung des 5-Jahres-Programms geht Hand in Hand mit den Maßnahmen der Stadterneuerung und integrierten Stadtteilentwicklung. Hinzu kommen weitere, insbesondere im Bereich der Innenentwicklung und der Stadterneuerung sowie der Modernisierung der Siedlungen aus den fünfziger und sechziger Jahren, auf die hier im Einzelnen nicht eingegangen werden kann. Mit Hilfe integrierter Handlungskonzepte und diskursiver Planungsprozesse sollen Quartiere mit besonderen Problemlagen stabilisiert und der soziale Zusammenhalt im gesamten Stadtteil gestärkt werden.

Daher werden kontinuierlich Projekte integrierter Stadtteilentwicklung unter Einsatz kommunaler Fördermittel sowie Bund-/Länder-Mitteln aus allen Stadterneuerungsprogrammen umgesetzt. Hinzu kommen weitere Maßnahmen im Bereich der Innenentwicklung. In diesem Zusammenhang sind beispielhaft die Programmstandorte des Bund-Länder-Programms Soziale Stadt zu nennen: Ziel ist hier, über einen integrierenden Ansatz den Stadtteil zu erneuern, zu stabilisieren, die lokale Identität und die interkulturelle Integration zu fördern und die lokale Wirtschaft zu stärken.

In der Mitte des Programmzeitraums angekommen, kann gegenwärtig eine positive Zwischenbilanz der Zielerreichung präsentiert werden. Alles in allem sind wir auf einem guten Weg, Frankfurt als Wohnstandort für alle Frankfurter attraktiver zu gestalten.

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