Schwerpunkt Corporate Real Estate

Noch Potenziale bei Unternehmensimmobilien als Kapitalanlage

Zuhause ist es doch am schönsten - das denken sich seit einigen Jahren offenbar auch viele deutsche Unternehmen. Viele von denen, die auf der Suche nach vermeintlich günstigeren Produktionsbedingungen das Land verließen, verlagern ihre Produktion inzwischen zurück, während die Zahl der Verlagerungen ins Ausland zuletzt auf einem Tiefstand angekommen ist. Davon profitiert auch der hiesige Immobilienmarkt, insbesondere jener für die noch junge Assetklasse Unternehmensimmobilie. Diese entdecken immer mehr Investoren für sich.

Inzwischen kommt auf jeden vierten Verlagerer ein Unternehmen, das seine Produktion nach Deutschland zurückholt. Das ergab eine Erhebung, die das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und die Hochschule Karlsruhe im Auftrag des VDI Verein Deutscher Ingenieure (VDI) durchgeführt haben. Rund 60 Prozent der 1 600 befragten Betriebe des deutschen verarbeitenden Gewerbes gaben an, dass die hierzulande höhere Flexibilität ein Hauptmotiv für Rückverlagerungen darstelle. Dieses Urteil, wird auch durch den Immobilienmarkt begünstigt.

Anders als etwa in vielen Regionen Asiens finden Unternehmen in Deutschland sehr gute Rahmenbedingungen an den jeweiligen Standorten vor, beispielsweise eine intakte Infrastruktur, funktionierende Immobilienmärkte sowie flexible Gebäudestrukturen, die sich ihren Bedürfnissen anpassen lassen. Kurzum: In Deutschland können Unternehmen Produktions- oder Lagerflächen beziehen, ohne diese zuvor unter entsprechendem Einsatz von eigenen Ressourcen erschließen zu müssen. Gleichzeitig erlauben es die vorhandenen Strukturen meist, bestehende Standorte auszubauen und zu modernisieren, um dadurch die Effizienz der Unternehmen zu erhöhen.

Wertbasierter Ansatz

Der Markt für gemischt-genutzte Unternehmensimmobilien profitiert nicht nur von den Rückverlagerungen, sondern auch von der stabilen deutschen Wirtschaft und dem gesunden und starken Mittelstand. Aus diesem stammt die Mehrheit der Mieter von Unternehmensimmobilien. Aufgrund ihres Mieterbesatzes sind Investitionen in diese Objekte mit Anlagen in Unternehmensanleihen vergleichbar. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass Unternehmensanleihen den in der Regel ausgeprägten Schwankungen des Kapitalmarkts ausgeliefert sind und diese auch dann nachvollziehen, wenn die Unternehmen selbst wirtschaftlich stabil sind.

Unternehmensimmobilien bilden diese Stabilität dagegen deutlich ab. Bei Investitionen in diesem Segment hat sich ein wertbasierter Ansatz bewährt, bei dem die Qualität des Gebäudes im Vergleich zu konkurrierenden Flächen zum Zeitpunkt der Nachvermietung wiedergegeben wird. Im Vordergrund des wertbasierten Ansatzes steht die Sicht des Nutzers auf das Flächenangebot. Für Investoren gilt entsprechend, sich auf das direkte Wettbewerbsumfeld eines Objekts zu konzentrieren und über eine Analyse des Mikrostandorts aus Sicht des Mieters zu prüfen, ob ein anderer Vermieter bessere oder günstigere Flächen anbieten könnte. Ein Objekt sollte nur dann erworben werden, wenn es im Vergleich zum Wettbewerb langfristig eine günstigere Vermietung ermöglicht. Dies setzt häufig den Einkauf des Objekts unterhalb der Wiederherstellungskosten voraus.

Investoren sollten bei der Assetklasse Unternehmensimmobilie langfristig orientiert sein, um deren Vorzüge nutzen zu können. Unter anderem erlauben die Flexibilität und Reversibilität der Flächen sowie die damit einhergehende Streuung auf Mieter- und Objektebene eine höhere Sicherheitsmarge bei geringerer Volatilität. Das kommt vielen Investoren entgegen: Eine Umfrage der IREBS International Real Estate Business School an der Universität Regensburg unter 173 institutionellen Anlegern kommt zu dem Ergebnis, dass Stabilität und Cash-Flow die beiden wesentlichen Anforderungen an Immobilieninvestments sind. Wertsteigerung spielt dagegen nur eine Nebenrolle. Zwar spiegelt sich diese Erkenntnis bislang kaum in den Portfolios wider - dort dominieren nach wie vor Büroimmobilien.

Doch die Untersuchung zeigt auch, dass Unternehmensimmobilien in Deutschland inzwischen der Nische entwachsen sind und sich ähnlich wie im angelsächsischen Raum als Assetklasse etabliert haben. In den vergangenen drei Jahren hat rund ein Drittel der von der IREBS befragten Investoren in Unternehmensimmobilien investiert. Insbesondere Versicherungen und Versorgungswerke haben erste Erfahrungen gesammelt.

Dagegen nehmen Stiftungen, Family Offices und Banken bisher noch vorwiegend die Rolle des Beobachters ein. Diese Zurückhaltung liegt unter anderem darin begründet, dass der Markt für Unternehmensimmobilien im Vergleich zu anderen Assetklassen noch recht intransparent ist. Zwar ist nicht jede Unternehmensimmobilie ein lohnendes Investment, jedoch wird das Marktpotenzial weithin unterschätzt. Dieses wird nun sukzessive durch eine neue Analysereihe der Beos AG gemeinsam mit Bulwien-Gesa beleuchtet. Ein Ergebnis des jüngsten Beos Survey: Der Gesamtwert von Unternehmens- und Industrieimmobilien sowie kleineren Gewerbeobjekten, beispielsweise des Handwerks, beläuft sich in Deutschland aktuell auf rund 1,1 Billionen Euro. Ein differenzierter Blick zeigt die Bedeutung von Unternehmensimmobilien. Ihr Gesamtbestand lag Ende 2012 bei rund 538 Milliarden Euro, wovon wiederum rund 49 Prozent als investmentfähig einzustufen sind.

Zunehmende Transparenz

Der Blick auf dieses Potenzial wird nicht zuletzt durch ungenaue und teilweise unzutreffende Definitionen des Segments versperrt. Zum Beispiel werden in den Marktberichten größerer Maklerhäuser in der Regel Logistikimmobilien als eigener Sektor ausgewiesen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich hier ein Benennungsproblem. Denn unter den erfassten Transaktionen finden sich oft auch Immobilien, die in die erweiterte Kategorie der Unternehmensimmobilien gehören. Ähnlich wie bei der Assetklasse Einzelhandel bietet sich auch bei Unternehmensimmobilien eine Unterteilung an. Es lassen sich vier Typen identifizieren: Logistik-, Produktions- und Transformationsimmobilien sowie Gewerbeparks.

- Bei Logistikobjekten wiederum können moderne, großvolumige Umschlagszentren von Bestandsimmobilien differenziert werden. Vor dem Hintergrund des Lieferkettenmanagements fungieren vor allem moderne Logistikimmobilien heute nicht mehr nur als Lagerungs- und Umschlagsorte oder für die Kommissionierung von Waren und Gütern. Durch die vorhandene Infrastruktur und Technik - zum Beispiel angegliederte Büro- und Sozialräume, Lagerhallen, Fördertechnik oder Serviceflächen - können sie schnell an neue Anforderungen angepasst werden.

- Unter Produktionsimmobilien sind Gebäude für das nicht-störende verarbeitende Gewerbe zu verstehen. Nicht dazu gehören etwa industriell genutzte Flächen mit hohen Emissionsbelastungen. Heutige Produktionsimmobilien vereinen meist mehrere Flächentypen wie Fertigungs-, Logistik- und Lagerflächen sowie kleinere Büroanteile.

- Transformationsimmobilien sind häufig ehemalige Fertigungsstandorte mit einer betriebsbedingt historisch gewachsenen Gebäudestruktur. Sie weisen teilweise Campus-Charakter auf, liegen vergleichsweise zentral in urbanen Gebieten und unterliegen einem übergeordneten Management. Während des Transformationsprozesses erleichtert der vorhandene Mietertrag Umbau-, Ergänzungs- und Sanierungsmaßnahmen mit dem Ziel, ein Ein-Parteien-Objekt mit einheitlicher Nutzung in ein Mehr-Parteien-Objekt mit Nutzungsmischung umzuwandeln.

- Gewerbeparks sind bereits in der Konzeption auf eine Mischnutzung angelegt. Sie weisen eine Kombination aus Büros, Service-, Lager- und Freiflächen auf. Moderne Liegenschaften sind durch zentrale Lagen, einen sehr begrenzten Büroanteil und kleinere Dimensionen gekennzeichnet. Ältere Gewerbeparks liegen eher verkehrsgünstig außerhalb der Kernstädte.

Laut Bulwien-Gesa stellen Produktionsimmobilien nach Immobilienwert geordnet mit rund 55 Prozent die größte Untergruppe der Unternehmensimmobilien. Bestandslogistikimmobilien tragen knapp ein Viertel bei, während moderne Logistikobjekte fast zwölf Prozent ausmachen. Transformationsimmobilien umfassen etwa acht Prozent des Volumens, während Gewerbeparks auf einen Anteil von unter zwei Prozent kommen.

Immense Reserve

Unternehmensimmobilien sind mehr als Logistikobjekte. Sie zeichnen sich durch eine hohe Nutzungs- und Mieterstreuung aus. Diese Diversifikation macht sie zu interessanten Anlageobjekten. Zudem schlummert in diesem Segment eine Angebotsreserve, die laut Bulwien-Gesa mit über 250 Milliarden Euro rund 140-mal größer ist als das Transaktionsvolumen von zirka 1,8 Milliarden Euro, das im vergangenen Jahr mit Logistikimmobilien erzielt wurde. Diese Reserve gilt es zu heben.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X