Coworker: erste Zweifel

Zur Profitabilität von Coworking-Flächen (in Prozent, weltweit) Quelle: Deskmag Global Coworking Survey 2018

Vielversprechende Ideen auf der einen, tiefrote Zahlen auf der anderen Seite: Es gibt so einige Start-ups, die diese Gegensätze für sich beanspruchen können, aber wohl keines auf so extreme Art und Weise wie der Coworking-Anbieter Wework, der voraussichtlich noch im September den Sprung aufs Börsenparkett wagt. Auf schlappe 47 Milliarden US-Dollar wird der Wert des Unternehmens inzwischen taxiert - bei einem Verlust von 690 Millionen US-Dollar allein im ersten Halbjahr 2019. Im vergangenen Geschäftsjahr - immerhin das achte seit der Gründung - ist dem Bürovermittler gar das seltene Kunststück gelungen, mehr Miese (1,92 Milliarden US-Dollar) als Umsatz (1,82 Milliarden US-Dollar) zu erzielen.

Gewiss: Hohe Verluste sind für einen dynamisch expandieren Marktführer nicht zwangsläufig ein Problem. Doch es bedarf schon reichlich Fantasie, um ein solch hochdefizitäres Geschäftsmodell in ein halbwegs positives Licht zu rücken. Gerade wenn man bedenkt, dass es an den in den vergangenen Jahren brummenden Bürovermietungsmärkten von jetzt an eigentlich nur noch bergab gehen kann und darüber hinaus zunehmend Geschichten die Runde machen, wonach erste Mitarbeiter in Unternehmen, die mit flexiblen Arbeitsplätzen experimentieren, schon wieder genug davon haben.

Dass die Coworking-Branche insgesamt ihre liebe Mühe hat, die Verlustzone zu verlassen, zeigt eine aktuelle Bestandsaufnahme von BNP Paribas Real Estate (BNPPRE). Zwar ist der Anteil profitabler Coworking-Flächen weltweit im vergangenen Jahr leicht auf 42 Prozent gestiegen, aber gleichzeitig ist ein Viertel der von Wework & Co. betreuten Flächen nach wie vor unrentabel. Das restliche Drittel befand sich 2018 an der Nutzenschwelle (siehe Abbildung).

Deshalb, aber auch aufgrund einiger weiterer Probleme, sieht BNP den Markt am Beginn einer Bereinigung. Dafür spreche neben der starken Fragmentierung - es existiert (noch) eine Vielzahl kleinerer Akteure, die lediglich lokal beziehungsweise regional aktiv sind - vor allem die Tatsache, dass es für Coworker immer schwieriger wird, Flächen in den begehrten Zentren deutscher Großstädte zu finden. In Frankfurt am Main etwa zählt BNPPRE gerade einmal zwei Neuabschlüsse über knapp 10 000 Quadratmeter im ersten Halbjahr 2019, im gesamten Jahr 2018 waren es immerhin zwölf (40 000 Quadratmeter). In München ergibt sich ein ähnliches Bild, lediglich in der inoffiziellen Coworking-Hauptstadt Berlin (bislang elf Abschlüsse über rund 48 000 Quadratmeter) kann an das hohe Wachstum der Vorjahre angeknüpft werden.

Die abnehmende Dynamik beim Flächenumsatz lässt sich im Übrigen nicht nur auf den Mangel an verfügbarem Produkt zurückführen. BNPPRE berichtet auch von einer steigenden Zurückhaltung unter Projektentwicklern, mit denen Coworker gerade in Berlin offenbar verstärkt eine frühzeitige Kooperation anstreben: Viele Developer reagierten diesbezüglich skeptisch, einerseits aufgrund der aktuell komfortablen Nachfrage konventioneller Mieter, andererseits aufgrund mangelnden Vertrauens in die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells. Dieses Vertrauen gilt es für die Branchenakteure nun zügig aufzubauen - am besten mit etwas weniger kostenlosen Soja-Latte-Frappucinos und dafür mit handfesten ökonomischen Argumenten. ph

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