Coworking & Co. - rechnet sich das?

Helge Zahrnt, Director Research, JLL, Hamburg
Quelle: JLL

Zugegeben, das hört sich nicht gut an. Coworking-Branchenriese Wework, kürzlich umbenannt in "The We Company", hat im vergangenen Jahr mehr Verlust als Umsatz gemacht. In Zahlen: Einem Umsatz von 1,8 Milliarden US-Dollar stand ein Verlust von 1,9 Milliarden US-Dollar gegenüber. Immerhin: Das Minus hat sich im ersten Halbjahr 2019 halbiert. Und, das Geld geht in die Expansion, soll also zukünftige Erträge sichern. Auch viele andere Betreiber sind noch weit von der Gewinnzone entfernt. Laut Branchenplattform "Deskmag" schrieben im vergangenen Jahr nur knapp ein Drittel aller Coworking-Standorte in Deutschland schwarze Zahlen, etwas weniger lagen im Minus und gut 40 Prozent erwirtschafteten eine schwarze Null. Weltweit sind etwas mehr Standorte profitabel. Aber auch hier kämpft ein Großteil der Standorte mit der Rentabilität. Ist der Hype der flexiblen Büroflächen also überhaupt nachhaltig?

Der Markt wächst rasant, allein in den vergangenen drei Jahren ist das Angebot an Flex-Standorten in den Big-7 um 70 Prozent gestiegen. Neben Coworking Spaces fallen darunter auch Businesscenter und sogenannte Hybrid-Modelle. In den Big-7-Standorten Deutschlands Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart wurde bereits die Marke von einer Million Quadratmeter angemieteter Fläche übersprungen. Aktuell haben die Betreiber 1,1 Millionen Quadratmeter an rund 600 Standorten unter Vertrag. Kein Wunder also, dass sich Vermieter, Banken und natürlich die Betreiber fragen, ob mit dem Geschäftsmodell überhaupt vernünftig Geld verdient werden kann. Informationen zu diesen Betriebsinterna sind allerdings meist nicht öffentlich verfügbar. Einen ersten Anhaltspunkt kann aber zumindest die sogenannte Revenue Rent Ratio, kurz RRR, liefern. Berechnet wird diese Kennzahl aus dem Quotienten der jeweils größten Positionen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite: den Mitgliedsbeiträgen und der Miete. Die RRR misst somit den Überschuss der Einnahmen aus den Mitgliedschaften über die Mietausgaben. Der Betrag, der den Wert 1 übersteigt, verbleibt als X-Faches der Mietkosten zur Deckung der weiteren Ausgaben. Je höher die RRR, desto besser also. Unter der Annahme der Vollauslastung der Standorte und auf Basis von Durchschnittswerten liegt die RRR über alle Big-7 bei 2,7. Das bedeutet, nach Abzug der Mietausgaben liegt das 1,7-Fache für die Deckung weiterer Kosten zur Verfügung. Reicht das? Naja. Beträgt der Anteil der Mietkosten an den Gesamtkosten nur 30 Prozent, reicht das 1,7-Fache zur Deckung der Gesamtkosten nicht aus.

Also alles nur heiße Luft? Nein, ganz so einfach ist es wiederum auch nicht. Stellen die Mieten bei einer RRR von 2,7 nun 40 Prozent der Gesamtkosten, ist der Standort rentabel. Die Kostenstruktur ist entscheidend. Für manche Betreiber ist eine RRR von 2,5 ein gutes Ergebnis, andere benötigen einen Wert von über 3,0, um rentabel zu sein. Zudem steht und fällt die Rentabilität mit der Belegungsquote: Senkt man sie rechnerisch auf 37 Prozent, fällt die RRR auf 1. Die Mitgliedsbeiträge decken dann gerade einmal die Miete, aber nicht mehr die weiteren Kosten. Ein solcher Standort macht Verlust. Eine Break-Even-Belegungsquote liegt üblicherweise bei 55 bis 75 Prozent. Das entspricht einer RRR von 1,5 bis 2.

Weitere zentrale Einflussgrößen auf die Rentabilität sind die Belegungsdichte (Fläche pro Arbeitsplatz) sowie die Höhe der Mitgliedsbeiträge. Da Letztere von der Wettbewerbssituation am jeweiligen Markt abhängen und in Frankfurt beispielsweise gerade ein starker Wettbewerb um die Nutzer herrscht, hat die Mainmetropole mit 2,3 die niedrigste RRR unter den Big 7. Fazit: Grundsätzlich kann man mit dem Geschäftsmodell, das den flexibel nutzbaren Bürowelten zugrunde liegt, rentabel arbeiten. Sicherlich werden aber nicht alle Betreiber überleben. Vor einer pauschalen Aussage sollte man sich jedoch hüten.

Helge Zahrnt, Director Research, JLL, Hamburg

Helge Zahrnt , Director Research, JLL, Hamburg
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