GroKo zerreibt sich an der Schicksalsfrage

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Manch ein Immobilienprofi dürfte verwundert die Stirn gerunzelt haben. Denn nach Monaten, teils Jahren zäher Verhandlungen und Verschiebungen immobilienrechtlicher Großprojekte schien die GroKo zu Herbstbeginn förmlich von der Arbeitswut gepackt. So konnten sowohl für die Mietspiegelreform als auch die WEG-Reform endlich Gesetzentwürfe präsentiert werden. Und nicht nur das: Es handelte sich dabei zugleich um Werke, die von den Betroffenen - Mietern und Vermietern, Wohneigentümern und Verwaltern - jeweils mit dem Prädikat "gelungen" versehen wurden. Ein höchst seltener Vorgang, weshalb sich Christine Lambrecht und Horst Seehofer, deren Ministerien (Justiz und Bau) die Reformpakete gemeinsam erarbeitet hatten, zur Abwechslung durchaus auch einmal loben lassen durften.

Doch die Harmonie währte nur wenige Tage. Zum Verhängnis wurde der GroKo dabei besagte Arbeitswut, die den dritten Gesetzentwurf mit Immobilienbezug innerhalb kürzester Zeit hervorbrachte: das Baulandmobilisierungsgesetz. "Sofern die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde (...) besonders gefährdet ist, bedarf bei bereits bestehenden Wohngebäuden die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum (...) der Genehmigung. Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen." So sollte der neu in das Baugesetzbuch (BauGB) eingefügte § 250 lauten und den Ländern damit zugleich ein (weiteres) Instrument an die Hand geben, um die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Eigentlich. Doch Horst Seehofer persönlich ließ den Passus dem Vernehmen nach kurzerhand streichen und brüskierte damit die SPD. Auf nicht weniger als "Wortbruch" und "Einknicken vor der Immobilienlobby" lauteten die anschließenden Vorwürfe der Genossen. Unabhängig davon, was ein solches Umwandlungsverbot überhaupt in einem Baulandmobilisierungsgesetz zu suchen hat (nämlich gar nichts), lässt sich der neu entflammte GroKo-Konflikt unterm Strich auf die immer wiederkehrende "Schicksalsfrage" am deutschen Wohnungsmarkt herunterbrechen: Was ist die richtige Balance aus Regulierung und marktwirtschaftlichen Kräften, um den zweifellos vorhandenen Engpässen Herr zu werden?

Dass es mit dem Kurs der vergangenen Jahre, sprich immer weiteren Verboten und Eingriffen, nicht nur nicht getan ist, sondern man damit auch schnell vom Regen in die Traufe gerät, zeigen exemplarisch die ersten Horrorzahlen zum Berliner Mietendeckel: Das Angebot an Mietwohnungen hat sich in der Hauptstadt innerhalb kürzester Zeit halbiert. Dieser regulatorische Fehlgriff sollte nicht zuletzt mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr Mahnung genug sein, dass eine Neukalibrierung des wohnungspolitischen Kurses nottut. Der aktuelle Entwurf zum Baulandmobilisierungsgesetz bildet da im Übrigen keine Ausnahme: Anstelle von Maßnahmen zur Beschleunigung und Vereinfachung von Prozessen reiht sich darin eine Neubaubremse an die nächste. ph

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