Grunderwerbsteuer: Neuregelung mit Webfehlern

Im Spätherbst 2018 haben sich die Finanzminister der Bundesländer auf ein Konzept für eine Verschärfung des Grunderwerbsteuerrechts geeinigt. Die Reformvorschläge sehen unter anderem eine Absenkung der Beteiligungsquote von derzeit mindestens 95 Prozent auf mindestens 90 Prozent der Anteile an einer Gesellschaft vor. Zudem sollen die Haltefristen für Gesellschafter von Personengesellschaften von fünf auf zehn Jahre verlängert werden und diese Haltefristen erstmals auch für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften gelten. Halten beispielsweise A und B jeweils 50 Prozent der Anteile einer GmbH mit inländischem Grundbesitz, so würde Grunderwerbsteuer ausgelöst, wenn A in Jahr 1 seine GmbH-Anteile an C und wenn B in Jahr 7 40 Prozent der Anteile an der GmbH an D veräußern würde.

Die geplante Neuregelung enthält erhebliche Webfehler. So würde etwa bei börsennotierten Gesellschaften Grunderwerbsteuer ausgelöst, wenn mindestens 90 Prozent der Aktien innerhalb von zehn Jahren gehandelt würden. Die Gesellschaft hat hierauf keinerlei Einfluss, müsste allerdings die Grunderwerbsteuer in einem solchen Fall tragen. Dabei ist auch nicht ersichtlich, wie der Vorstand von einer derartigen Grunderwerbsteuerpflicht Kenntnis erlangen kann. Wertpapieraufsichtsrechtliche Mitteilungspflichten sind hierbei jedenfalls nur begrenzt tauglich.

Auch die Verlängerung der Fünfjahresfrist auf zehn Jahre erscheint unnötig und führt zu erheblichen Komplikationen in der Praxis. Eine derart lange Frist ist dem Steuerrecht fremd. Üblich sind die derzeit im Grunderwerbsteuergesetz geltenden fünf Jahre. Fünf Jahre gelten auch bei anderen steuerlichen Regelungen (zum Beispiel im Rahmen von Spaltungen oder dem Wegfall von Verlustvorträgen). Eine Nachschau von zehn Jahren würde bei Reorganisationen und Zusammenschlüssen zu erheblichem Mehraufwand bei Beratern und der Finanzverwaltung führen.

In jedem Falle sollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Neuregelung lediglich Vorgänge betrifft, die nach Inkrafttreten der Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes umgesetzt werden. Bei einer Anwendung auf bereits umgesetzte Vorgänge läge nach unserer Einschätzung ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz vor (sogenanntes Rückwirkungsverbot). Bei bereits getätigten Transaktionen ist eine Rückbeziehung nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig.

Durch die Reformvorschläge würden Erwerbe und Unternehmenszusammenschlüsse völlig unnötig erschwert. Dem Wirtschaftsstandort Deutschland hilft dies jedenfalls nicht. Der Gesetzgeber sollte die genannten Belastungen für Unternehmen im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens bedenken.

Dr. Johannes Frey, Partner, Dr. Frank-M. Schwarz, Associate Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP, Frankfurt am Main

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