Investmentmarkt Deutschland: Weiter, immer weiter?

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Wohin nur mit dem vielen Geld? Institutionelle Investoren sind 2019 einmal mehr nicht um ihre Aufgabe zu beneiden. Die Einleitung der ursprünglich für dieses Jahr anberaumten "Zinswende" im Euroraum fällt vermutlich aus, gleichzeitig laufen Schritt für Schritt hochverzinste Altanleihen aus dem Bestand aus. Unverändert anspruchsvoll gestaltet es sich somit, die frei werdende und neu hinzukommende Liquidität halbwegs auskömmlich und zu vertretbaren Risiken zu allokieren. Nach einem äußerst schwachen Börsenjahr 2018 dürfte die Volatilität am Aktienmarkt aufgrund der Myriade an Unsicherheiten hoch bleiben und am Rentenmarkt sind Anleihen "selbst geschenkt noch zu teuer", wie Deutsche-Bank-Anlagestratege Ulrich Stephan kürzlich humorlos feststellte. In Deutschland etwa ist die Rendite zehnjähriger Bunds zu Jahresbeginn auf kümmerliche 0,15 Prozent gefallen, obwohl die EZB bekanntlich nur noch den Anleihebestand erhält.

Es bedarf also keiner hellseherischen Fähigkeiten, um für 2019 weitere Portfolioumschichtungen hin zu alternativen - oder mittlerweile wohl eher "alternativlosen" - Investments wie Immobilien vorherzusagen. Ein Profiteur dieser Entwicklung sollte einmal mehr der deutsche Immobilienmarkt mit dem ihm vorauseilenden Ruf als "sicherer Hafen" sein. Für rund eine halbe Billion Euro haben institutionelle Investoren in den vergangenen zehn Jahren deutsche Gewerbe- und Wohnimmobilien gekauft - davon gut 120 Milliarden Euro an Wohnimmobilien. Alleine im vergangenen Jahr flossen erstmals über 60 Milliarden Euro in Gewerbeimmobilien, die Wohnimmobilientransaktionen erreichten trotz lediglich eines Megadeals (Buwog-Übernahme durch Vonovia in Höhe von 2,9 Milliarden Euro) mit 17,6 Milliarden Euro den zweithöchsten Wert nach 2015. Dieser beispiellose Nachfrageboom hat die Immobilienkapitalwerte über praktisch alle Nutzungsarten in einem bislang unbekannten Maße steigen lassen, laut Savills haben sie sich seit 2008 in etwa jeweils verdoppelt. Und das Interesse ist ungebrochen groß: Überwältigende 97 Prozent der von EY im Rahmen des aktuellen "Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt" befragten 300 Profianleger bewerten die Aussichten für den Immobilienstandort Deutschland im Jahr 2019 als positiv - im Vorjahr lag dieser Anteil bei 94 Prozent. Es spricht somit alles für die gefühlt vierte Verlängerung des Superzyklus.

Dass dieses eindrucksvolle Bekenntnis zum deutschen Immobilienmarkt grundsätzlich nicht mit einer blinden Euphorie in einem spätzyklischen Umfeld zu verwechseln ist, wird mit Blick auf einige Detailfragen sichtbar. So berichten zum Beispiel neun von zehn Befragten, "ausgesprochen selektiv beim Ankauf vorzugehen". "Augenmaß beim Ankauf" - das scheint angesichts der starken Preisdynamik vergangener Jahre wahrhaftig keine schlechte Devise zu sein. Gerade in den deutschen Metropolen stehen Kaufpreise und Mieteinnahmen inzwischen nicht selten in einem ungesunden Verhältnis, wie die historisch niedrigen Anfangsrenditen nahe beziehungsweise unter drei Prozent belegen. Somit bliebe im Prinzip nur eine Frage: Wohin dann mit dem vielen Geld? ph

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