Kommunen: Gewitterwolke Investitionsstau

Angesichts der anhaltenden Trockenperiode wäre vielen in diesen Tagen sogar ein ordentliches Gewitter recht. Hauptsache ein bisschen Abkühlung und Erfrischung für Fauna, Flora und Menschen. Doch größtenteils ist davon wenig zu sehen. Über den deutschen Kommunen brauen sich dagegen ziemlich dunkle Gewitterwolken zusammen. Und die sind alles andere als erfreulich, denn sie lassen auch den Blick in die Zukunft mehr oder wenig trüb aussehen.

Zwar steigen die Einnahmen aus den verschiedenen Quellen wie Grundsteuer A und B, Gewerbesteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Verkehrssteuern, Biersteuer oder anderen Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungskreis stetig an. Im vergangenen Jahr allein um 6,6 Prozent auf 105,2 Milliarden Euro. Hinzu kommen eine wachsende Bevölkerung, eine anhaltend gute konjunkturelle Lage, ausgesprochen niedrige Fremdfinanzierungskosten sowie gesunken Schuldenstände. Das führt zu einer haushaltspolitischen Großwetterlage mit einem Haushaltsüberschuss bei den Kommunen von über zehn Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

Allerdings wird dieses Geld in erster Linie zum Schuldenabbau verbraucht und nicht für die Beseitigung von bekannten Problemen oder Projekten für die Zukunftsfähigkeit genutzt. Es wird schlicht zu wenig investiert. Auf rund 157 Milliarden Euro ist der Investitionsstau in den Kommunen inzwischen angewachsen. Zu dieser aktuellen Einschätzung kommt das Kommunalpanel der staatlichen Förderbank KfW. Besorgniserregend dabei ist, dass das Bildungssystem, also Investitionen in Schulen, Kindergärten und ähnliches mittlerweile den höchsten Rückstand aufweisen und somit den langjährigen Spitzenreiter Straßenbau und Verkehrsinfrastruktur abgelöst haben.

Knapp 48 Milliarden Euro oder 30 Prozent des Rückstands entfallen auf Schulen und Bildung, knapp 39 Milliarden Euro oder 24 Prozent auf Verkehrsinfrastruktur. Während gerade bei Straßen 37 Prozent des Investitionsrückstands von den befragten Kämmerern auf Versäumnisse in der Vergangenheit, sprich auf unterlassene Instandhaltung, zurückgeführt wird, sind es bei den Schulen nur 26 Prozent. Dort sind 23 Prozent des Investitionsrückstands durch Ausbaunotwendigkeiten bedingt.

Deutliche Zuwächse bei den zukünftigen Investitionsrückständen erwartet rund ein Drittel der befragten Kommunen auf dem (sozialen) Wohnungsmarkt. Hier scheinen vor allem wachsende Städte betroffen, die an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoßen, wenn es darum geht, für die Zugezogenen adäquaten und bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Neben der Vollauslastung der privaten Bauwirtschaft und steigenden Baustoffpreisen verschärfen sich laut Kommunalpanel inzwischen auch die Flächenkonkurrenzen innerhalb der Städte, sodass es immer schwieriger wird, notwendige Flächen sowohl für Unternehmensansiedlungen als auch für die Schaffung von neuem Wohnraum auszuweisen.

Selbstverständlich sind Zahlen dieser Art immer interpretationswürdig und können in Diskussionen für die eine wie die andere Position genutzt werden. Aber sie zeigen das Dilemma der Kommunen, die nicht mehr allen Anforderungen, die aus Demografie, Zuzug, Altlasten und ähnlichem resultieren, gerecht werden können. Erleichterungen beziehungsweise Anreize für mehr öffentlich-rechtliche Partnerschaften können hier ein Ansatzpunkt sein. Aber auch nur einer. Und die Zeit drängt, denn ewig wird der Konjunkturhochsommer nicht mehr anhalten, sodass nicht nur die Kosten für Versäumnisse mit jedem Jahr steigen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit sinkender Einnahmen wächst. P.O.

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