Offene Immobilienfonds behaupten sich (noch)

Philipp Hafner, Redakteur, Foto: Verlag Helmut Richardi

Der Blick auf die Wertentwicklung des persönlichen Depots dürfte zuletzt nur den wenigsten Privatanlegern Freude bereitet haben, insbesondere die Monate März und April waren für das Gros der gängigen Assetklassen von teils drastischen Verlusten geprägt. Um Letztere einigermaßen in Grenzen zu halten, standen die Zeichen deshalb vielerorts auf Verkauf. Exemplarisch lässt sich dies an der Quartalsauswertung des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) für die Monate Januar bis einschließlich März 2020 ablesen: Im Bereich der offenen Publikumsfonds stand ein Netto-Mittelabzug in Höhe von 13,9 Milliarden Euro zu Buche - das schwächste Quartal der vergangenen drei Jahre. Einen der ganz wenigen Lichtblicke in diesem ungemütlichen Umfeld boten die offenen Immobilienfonds (OIFs), denen im ersten Quartal nicht nur 3,9 Milliarden Euro (netto) an frischen Geldern zuflossen, sondern die zugleich auch renditetechnisch ihre hohe Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellten. So blieb nach Angaben von Scope die durchschnittliche Performance der OIFs in den ersten drei Monaten des Jahres 2020 mit einem Wertzuwachs von etwa 0,3 Prozent positiv. "Die offenen Immobilienfonds sind in der Covid-19-Krise ihrem Ruf als Stabilitätsanker gerecht geworden", lautet das Fazit von Scope-Expertin Sonja Knorr.

Völlig ungeschoren durch die Krise werden die Produkte gleichwohl nicht kommen, das zeigt sich auch deutlich in den Mitte Juni aktualisierten Ratings von Scope: Vor allem aufgrund gestiegener Risiken und gesunkener Ertragsperspektiven in einzelnen Immobiliensegmenten (insbesondere Einzelhandel und Hotel) wurden 12 der insgesamt 15 von Scope gerateten Fonds herabgestuft. Darunter befinden sich mit dem Deka Immobilien Europa, dem Hausinvest und dem UniImmo Europa auch die drei größten Branchen-Flaggschiffe, die jeweils um einen Notch herabgesetzt wurden. Alles aber kein Grund zur Panik, schließlich befänden sich die Ratings damit noch immer auf einem vergleichsweise hohen Niveau, wie Knorr betont: "Das durchschnittliche Rating der OIFs liegt bei "a", was aus Anlegersicht eine gute risikoadjustierte Rendite erwarten lässt."

Für das Gesamtjahr erwartet die Berliner Ratingagentur im Übrigen OIF-Renditen in einer Bandbreite zwischen 1,5 und 2,0 Prozent - das wäre rund ein Prozentpunkt weniger als im Vorjahr, verglichen mit so manch anderer Assetklasse jedoch noch ein akzeptabler Rückgang. Da Prognosen jeglicher Art in Zeiten von Corona aber bekanntlich eine kurze Halbwertszeit haben können, ist auch diese sicher mit gewisser Vorsicht zu genießen. Noch dazu wenn man bedenkt, dass der Immobilienmarkt wie ein schwerfälliger Öltanker ist, der üblicherweise erst mit mehreren Monaten Verzögerung auf wirtschaftliche Auf- und Abschwünge reagiert. Grundsätzlich ist es aber definitiv beruhigend festzustellen, dass die derzeitige Verfassung der offenen Immobilienfonds nicht im Entferntesten an die zu Zeiten der Finanzkrise 2008 erinnert. Bestes Beispiel dafür ist die Liquiditätssituation: Damals kollabierten 18 OIFs mit einem Vermögen von insgesamt 26 Milliarden Euro infolge akuter Liquiditätsprobleme und mussten im Anschluss mehr schlecht als recht abgewickelt werden. Heute verfügen die Produkte über ein auskömmliches Polster von durchschnittlich knapp 20 Prozent des Fondsvermögens und Anzeichen für außergewöhnliche Mittelabflüsse sucht man vergebens. Das liegt zum einen sicher an den 2013 eingeführten Mindesthalte- und Kündigungsfristen im Rahmen der Rückgabe von Anteilsscheinen, zum anderen spricht aber eben auch viel für das nachhaltige Vertrauen der Anleger in die Solidität des Segments - wie sonst könnte etwa eine BNP Paribas REIM inmitten der Corona-Krise den Einstieg ins Publikumsfondsgeschäft wagen? ph

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