Rekommunalisierung: ein teurer Spaß

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Die Rücküberführung privater Wohnungsbestände in den Besitz der öffentlichen Hand hat im Jahr 2019 richtig an Fahrt aufgenommen. Insgesamt rund 3,2 Milliarden Euro investierten Kommunen und Länder beziehungsweise deren Wohnungsunternehmen nach Angaben von Savills bundesweit in den Rückkauf von Wohnungsbeständen, damit war das Ankaufsvolumen mehr als zweieinhalb Mal so hoch (plus 269 Prozent) wie im Jahr 2018. Etwa 84 Prozent des Volumens entfiel auf den Kauf von Bestandswohnungen. Ein gewaltiger finanzieller Kraftakt mit letztlich überschaubarem Nutzen, denn unterm Strich wechselten dabei gerade einmal rund 22 700 Wohneinheiten in den öffentlichen Bestand. Wie viele Neubauwohnungen - dem doch einzig wirksamen Mittel, um der Angebotsknappheit Herr zu werden - hätte man von diesem Geld anstattdessen errichten können?

Und überhaupt: Wer profitiert von solchen Maßnahmen, die von den verantwortlichen Politikern regelmäßig als eine Art Rettungsaktion bedrohter Mieter verkauft wird? Allein der Gedanke, dass eine Ado in Berlin überhaupt noch mit dem Gedanken spielen könnte, willkürliche Mieterhöhungen oder Luxussanierungen durchzusetzen, erscheint angesichts der strengen Gesetzeslage einigermaßen absurd. Am Ende des Tages ändert sich bei solchen Transaktionen deshalb nur der Name im Grundbuch, um den Mietern ein vermeintliches Gefühl von mehr Sicherheit zu geben. Das IW Köln hat unlängst einmal untersucht, inwieweit sich kommunale, genossenschaftliche und private Vermieter in Großstädten mit mehr als 500 000 Einwohnern unterscheiden. Das Ergebnis: Alle drei Vermietergruppen renovieren in ähnlichem Umfang und die Mieter sind ähnlich zufrieden. Bei privaten Eigentümern und Wohnungsunternehmen sind die Mieten seit 2013 zwar stärker gestiegen, allerdings muss man sich hier auch klar machen: Mehr als 50 Prozent der davon betroffenen Mieter verfügen über ein Einkommen, das über dem bundesweiten Durchschnitt liegt. Schutzbedürftige sehen sicher anders aus.

Ungeachtet dessen erwarten Experten im Jahr 2020 eine Fortsetzung der Rekommunalisierungswelle. In dieses Bild passt die Ankündigung der Stadt München (aktuell im Endspurt für die bayerischen Kommunalwahlen im März 2020), für den Immobilienkauf erstmals seit 1995 wieder eine Anleihe emittieren zu wollen. Mit einer breiten Mehrheit beschloss der Stadtrat Mitte Januar auf Anregung von Oberbürgermeister Dieter Reiter die Ausgabe eines Social Bonds im Jahr 2021, zwischen 100 und 120 Millionen Euro sollen dabei zusammenkommen. Nicht immer erfolgen die Ankäufe der Stadt München übrigens freiwillig: Die vor eineinhalb Jahren verschärfte Erhaltungssatzung schreckt Investoren zunehmend ab und zwingt die Stadt im Gegenzug dazu, ihr Vorkaufsrecht in solchen Erhaltungssatzgebieten auszuüben. ph

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