Viel Wind um Schwäbisch Hall

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Lange Zeit war es außergewöhnlich ruhig um die Genossenschaftliche Finanzgruppe. Sehr zum Leidwesen der berichtenden Journalisten gehörten die in der Öffentlichkeit ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten tatsächlich der Vergangenheit an. Das lag keineswegs daran, dass es diese nicht mehr gab. Im Gegenteil: Eine Bankengruppe mit Tausenden Vorständen, die sich allesamt als selbstständige Unternehmen fühlen dürfen und sollen, lebt von intensiven Diskussionen. Nur wurden diese gut moderiert hinter verschlossenen Türen ausgetragen.

Das ist jetzt mal wieder anders. Anlass ist die Vertriebsoffensive der Bausparkasse Schwäbisch Hall in der Baufinanzierung. Getragen von dem eigenen Anspruch, auch künftig wenn auch einen kleinen, aber doch noch einen Gewinn an das Mutterhaus DZ Bank abliefern zu wollen, sieht der BSH-Vorstoß vor, dass der eigene Außendienst Baufinanzierungen künftig direkt in das eigene Buch akquirieren darf. Bislang ist das nur in enger Abstimmung mit den Volks- und Raiffeisenbanken vor Ort möglich. Zwar gibt es die kleine Einschränkung nur bei Nichtkunden der genossenschaftlichen Finanzgruppe, doch den Primärbanken schwant Böses. Denn wer will das schon kontrollieren geschweige denn nachweisen können. Wettbewerb aus der eigenen Familie, von der eigenen Enkelin gar, das schmeckt gar nicht. Hinzu kommt, dass im gleichen Atemzug ein neuer Tarif (FuchsImmo Plus) angekündigt wurde, bei dem die Abschlussgebühr deutlich erhöht wurde, wovon die vermittelnden Banken aber nicht profitieren sollen. Auch das sorgt für Unmut.

Dass die Diskussionen um das richtige Vorgehen in diesem Fall nun von einigen Volksbanken in die Öffentlichkeit getragen wurden, verschafft dem Ganzen mehr Aufmerksamkeit, als es eigentlich verdient. Vielleicht hätte man den Vorstoß seitens der Haller besser, weil vorsichtiger kommunizieren können, anstatt die Institute vor nahezu vollendete Tatsachen zu stellen. Doch wirklich überraschen kann es niemanden aus der eigenen Familie wie darüber hinaus, dass derzeit im Geschäftsfeld Bausparen kaum Geld zu verdienen ist. Zwar nehmen die Kunden gerne die mageren, aber immerhin noch vorhandenen Zinsen mit, was den ungebrochen großen Vertriebserfolg dieses Lieblingsproduktes der Deutschen garantiert. Das gekoppelte Darlehen findet dagegen nur noch in seltenen Fällen den Zuspruch der Kunden. Zu groß ist der Konditionenwettbewerb am Markt, wo echte Baufinanzierungen einfach besser dastehen als die Bauspardarlehen.

Soll die BSH also nicht zum Stützungsfall verkommen und weiterhin ihre Kernkompetenzen in den Geschäftsfeldern Bausparen und Baufinanzierungen im Sinne der gesamten genossenschaftlichen Finanzgruppe aufrechterhalten, müssen die Verantwortlichen handeln. Und das geht derzeit eben nur in der Baufinanzierung. Und hier hat Schwäbisch Hall bereits im vergangenen Jahr richtig Gas gegeben. Das gesamte Neugeschäft belief sich zum Jahresende auf 23,8 Milliarden Euro, ein Plus von 8,6 Milliarden Euro. Obwohl das Bausparneugeschäft im gleichen Zeitraum um knapp 1,3 Milliarden Euro zurückging, konnten so die Provisionszahlungen an die Volks- und Raiffeisenbanken nahezu stabil gehalten werden.

Je tiefer sich die Niedrigzinsphase in die Gewinn- und Verlustrechnungen der Primärstufe gräbt, umso größer wird die Bedeutung dieser Provisionen von Verbunddienstleistern. Auseinandersetzungen hierüber gehören zu dieser Bankengruppe wie die "Hilfe zur Selbsthilfe". Von daher wird sich auch der aktuelle Wind um die Bausparkasse beziehungsweise den Baufinanzierer aus Schwäbisch Hall vermutlich bald wieder legen. P.O.

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