Vonovia: Verkehrte Welt?

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Mietpreisbremse, Baugebot, Vorkaufsrechte, Enteignungen, Genehmigungswahnsinn: Wer sich im deutschen Wohnungsmarkt tummelt, ist Kummer und Gegenwind gewohnt. Und nun auch noch Corona. Doch anders als die meisten Unternehmen der Bundesrepublik kann Vonovia-Chef Rolf Buch äußerst zufrieden auf das abgelaufene Geschäftsjahr 2020 zurückblicken. "Unsere Zahlen sind ein bisschen langweilig, sie sind wie immer besser als im Vorjahr", sagte Buch gleich zu Beginn der Bilanzpressekonferenz natürlich nicht ohne Stolz. Denn es ist schon bemerkenswert, was Deutschlands größter Wohnungskonzern im abgelaufenen Jahr erreicht hat: Das operative Ergebnis legte im ersten Jahr der Corona-Pandemie um 10,6 Prozent auf 1,348 Milliarden Euro zu, das adjusted Ebitda um 8,5 Prozent auf 1,910 Milliarden Euro. Der Verkehrswert der Immobilien stieg um 4,9 Milliarden Euro auf 58,9 Milliarden Euro. Hier müssen noch 700 Millionen Euro aus Akquisitionen, Verkäufen, Neubau und Währung hinzugerechnet werden. Der Verschuldungsgrad sank weiter, um 3,7 Prozentpunkte auf 39,4 Prozent. Die Durchschnittslaufzeit der Verbindlichkeiten liegt bei 7,9 Prozent. Da kann man sich auch mal großzügig zeigen: Die Dividende wurde von 1,57 auf 1,69 Prozent erhöht, was einer Dividendenrendite von 3,2 Prozent entspricht.

Bleiben die eher weichen Faktoren, die für die Menschen aber eine große Bedeutung haben können. Denn Buch betonte, dass das Versprechen "niemand muss aus seiner Wohnung ausziehen" weiterhin gilt und bis zum Ende der Corona-Krise gelten wird. Schon 2020 hat die Vonovia eigenen Angaben zufolge vorübergehend komplett auf Mieterhöhungen und Kündigungen verzichtet. Dann das Stichwort Nachhaltigkeit: Der Wohnungskonzern hat einen verbindlichen Klimapfad für einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis 2020 festgelegt. Im Zentrum stehen dabei Quartiere, denn diese sind laut Buch der "Schlüssel, um die ESG-Vorgaben zu erfüllen". Über die sogenannte Sektorenkoppelung soll der Energiebedarf vor Ort autark erzeugt und auch verbraucht werden. Insgesamt entwickelt Vonovia derzeit 14 Quartiere mit rund 8 000 Wohnungen in diese Richtung. Dennoch sanken die Aufwendungen für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau im abgelaufenen Geschäftsjahr um 1,8 Prozent auf 1,936 Milliarden Euro. Buch begründet das vor allem mit der Verzögerung von Baumaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie und der langatmigen Genehmigungspraxis. Für das laufende Jahr geht Buch von weiterem Wachstum und weiter steigenden Zahlen aus. Kleiner Wermutstropfen: Er rechnet damit, dass das Verfassungsgericht das Gesetz zum Berliner Mietendeckel zwar als verfassungswidrig einstuft, die Politik auf dieses Urteil aber reagieren wird. Darauf müsse man sich einstellen. Ein Übergreifen auf andere Bundesländer sei aber sehr unwahrscheinlich. Und nur ein solches hätte vermutlich ernsthafte Folgen für die Vonovia. Ansonsten bleibt es vermutlich eher weiter langweilig. P.O.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X