Wohnungsmarkt: Falsche Signale

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

"Hört die Signale!" Hinter diesem Schlachtruf versammeln sich seit vielen Jahrzehnten die Arbeiter, die gefühlten "Knechte", um gegen Unterdrückung und für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Und wenn man auf den deutschen Wohnungsmarkt schaut, kommen einem diese Zeilen wieder in den Sinn. Es passt ja auch so schön: Immer weiter steigende Preise und Mieten sorgen dafür, dass sich die "Reichen" immer mehr die Taschen füllen können, dass sich die "Armen" schon lange gar keine und dass sich selbst die Mittelschicht, das Bürgertum, nur noch schwer eine Bleibe in einer der begehrten Metropolen leisten kann. Skrupellose Spekulanten haben weder das Interesse der Menschen, noch das der Städte im Sinn, sondern nur die eigene Gewinn- und Verlustrechnung, so die gängige Argumentation. Von Marktversagen ist die Rede. Von einer überforderten Politik, die zuschaue, statt einzugreifen, wo doch endlich etwas getan werden müsse. Und die Volksvertreter, die natürlich ihre eigene Wiederwahl im Sinn haben, erhören diese Rufe. Und senden damit genau die falschen Signale.

Denn wo soll neuer Wohnraum - bezahlbar oder luxuriös - herkommen, wenn er nicht von privaten Investoren gebaut wird? Warum ist der teure Rückkauf von Bestandswohnungen richtig? - Er sorgt doch gar nicht für ein Mehr an Wohnungen, was allein eine Entlastung des Marktes darstellen könnte. Warum wird immer nur über die absoluten Brennpunkte gesprochen? Im Umland der großen Städte und auf den Land gibt es mehr als genug Wohnraum zu von jedermann bezahlbaren Preisen. Woher kommt eigentlich dieser Anspruch, dass bezahlbarer Wohnraum auch in einem absolut überhitzten Markt vorhanden sein muss? Wer hinterfragt eigentlich mal die Rolle der Städte und Kommunen, die Bauen immer teurer machen? All das führt vermutlich nur zu einem: zu einer wachsenden Verunsicherung bei den privaten Investoren, die natürlich immer noch gutes Geld mit Immobilien verdienen, das soll gar nicht bezweifelt werden. Entsprechend ist der von der Nord-LB-Tochter Deutsche Hypo veröffentliche Index zum Immobilienklima im Juni um 3,1 Prozent auf 117,1 Punkte abgestürzt. Nie in den vergangenen sechseinhalb Jahren sahen die Experten die Entwicklung pessimistischer. In einer Studie der genossenschaftlichen DZ Bank heißt es: "Wenig hilfreich sind Markteingriffe wie Mietdeckel. Das verschreckt Anleger und macht den Neubau unattraktiv. Besser ist es, den Platz in den Innenstädten etwa durch Nachverdichtung bestmöglich auszunutzen. Die damit verbundenen Bürgerproteste dürften aber zunehmen."

Wäre es da nicht besser, den Menschen reinen Wein einzuschenken und endlich mal Klartext zu reden, dass sich auf absehbare Zeit eben nicht mehr jeder in den Innenstadtlagen eine Wohnung leisten kann? Und müsste es nicht vielmehr Aufgabe der Politik sein, vernünftige Konzepte für ein größere Attraktivität der Fläche zu entwickeln, mit einem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, der dann zu erschwinglichen Preisen genutzt werden kann, mit vernünftigen Internetverbindungen, der Ansiedelung von öffentlichen Arbeitgebern was wiederum Effekte für den Einzelhandel, die Banken und damit auch die Menschen haben würde? Aber das macht ja Mühe. P.O.

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