Drei unerwartete Comebacks

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Als Janet Yellen am 3. Februar 2018 ihren letzten Arbeitstag an der Spitze der Fed verbrachte, hätte sie es wohl kaum für möglich gehalten, dass sie knapp drei Jahre später als erste Frau die Leitung des US-Finanzministeriums übernehmen würde. Ganz ähnlich wird es Mario Draghi ergangen sein: Hätte man dem gebürtigen Römer bei seinem Abschied als EZB-Präsident am 31. Oktober 2019 prophezeit, dass er knapp 15 Monate später neuer italienischer Ministerpräsident sein würde - er hätte bestimmt herzhaft gelacht. Und doch ist es nun also genauso gekommen. Einfach unglaublich, in welchen Zeiten wir leben!

Realkredite: Konditionen Stand 18. Februar 2021 Quelle: Interhyp AG

Sowohl Yellen als auch Draghi werden in ihren neuen Ämtern mit Sicherheit regelmäßig an einige ihrer prägnantesten Forderungen aus alten Notenbank-Tagen konfrontiert werden. Dazu gehört beispielsweise die, dass die Zentralbanken der Fiskalpolitik nicht alles an Arbeit abnehmen können. "Mehr Investitionen und Strukturreformen" - das war gerade mit Blick auf den Süden Europas ein gern bemühtes, wenn auch kaum gelebtes Mantra von Draghi während seiner achtjährigen Amtszeit als EZB-Präsident. Nun kann er beweisen, wie ernst er es gemeint hat. In Italien gibt es bekanntlich eine ganze Menge zu reformieren.

Das ist zweifellos einfacher gesagt als getan, aber immerhin können sich Draghi und Yellen bei all ihren anstehenden Herausforderungen zumindest auf eines verlassen: die Schützenhilfe ihrer alten Arbeitgeber. So ließen weder Christine Lagarde noch Jerome Powell auf den ersten Notenbanksitzungen von EZB und Fed im Jahr 2021 Zweifel daran aufkommen, dass die ultraexpansive Geldpolitik noch ein ganze Weile Bestand haben wird. Auf kurze Sicht steht dabei natürlich unverändert der Kampf gegen die Corona-Krise im Mittelpunkt. Im Euroraum leidet die Wirtschaft zu Jahresanfang unter den Eindämmungsmaßnahmen im Rahmen der zweiten Corona-Welle. Ein kleiner Trost ist, dass die Beschränkungen des Wirtschaftsleben bei Weitem nicht so gravierende ökonomische Ausmaße wie im Frühjahr 2020 anzunehmen scheinen. Das legen zumindest die zuletzt halbwegs robusten Stimmungsbarometer nahe.

Neben Yellen und Draghi feierte jüngst schließlich auch noch die Inflation ein nicht für möglich gehaltenes Comeback. Für Aufsehen an den Finanzmärkten sorgte vor allem die Entwicklung der Teuerungsrate in Deutschland. Hatte der für die EZB-Geldpolitik maßgebliche harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI hierzulande im Dezember noch bei minus 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gelegen, so sprang er im Januar überraschend stark auf 1,6 Prozent. Auch im Euroraum drehte die Inflation im Januar mit 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat wieder deutlich ins Plus. Natürlich waren hier einige Sondereffekte am Werk. Gleichwohl gibt es mehrere Indizien, die für einen weiteren Aufwärtstrend bei den Preisen sprechen. So ist mit voranschreitenden Impfkampagnen sowie Beendigungen der Lockdowns mit kräftigen Nachholeffekten beim Konsum zu rechnen. Nicht zu unterschätzen sind auch die ab März anstehenden Ölpreiseffekte: Die Rohölpreise liegen derzeit bei rund 50 Euro pro Barrel, das ist in etwa doppelt so viel wie vor einem Jahr, und das wird sich in höheren Teuerungsraten bemerkbar machen.

Für die Zentralbanker ist die Perspektive auf eine nachhaltige Wiederbelebung der Inflation einerseits eine erfreuliche Nachricht, andererseits birgt das Ganze natürlich immer auch ein potenzielles Dilemma. Denn sollte sich die Inflation tatsächlich wieder dauerhaft in Richtung Zwei-Prozent-Marke bewegen, so stiege im Umkehrschluss der Druck, geldpolitisch zu straffen. Diesen Zusammenhang lernt jeder VWL-Student in der ersten Makrovorlesung. Doch wie viel Verlass ist darauf noch? Vor allem im Fall der EZB hat sich die Reaktionsfunktion in den vergangenen Jahren doch deutlich verändert und der Zusammenhalt des Währungsraums dürfte im Zweifelsfall wichtiger sein als das Inflationsmandat. Vielleicht hat Mario Draghi doch geahnt, was das Schicksal für ihn im Anschluss an die EZB noch bereithält. ph

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