Goldener Konjunkturherbst beeindruckt Draghi nicht

Realkredite: Konditionen Stand 21. November 2017 Quelle: Dr. Klein Privatkunden AG

Allen politischen Unsicherheiten zum Trotz läuft es in der Eurozone konjunkturell derzeit unverändert richtig gut: Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat legte das preis- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal 2017 um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu, die Jahresrate kletterte damit auf satte 2,5 Prozent. Dabei zeigten alle Euroländer eine positive Entwicklung, wobei neben Deutschland gerade auch Sorgenkinder wie Italien, Spanien und Frankreich überdurchschnittlich gewachsen sind. Und so dürfte es zunächst auch weitergehen, denn wichtige konjunkturelle Frühindikatoren wie der ZEW-Ausblick haben sich zuletzt noch einmal verbessert.

Der gegenwärtige Wirtschaftsaufschwung in Europa ist also so dynamisch und breit aufgestellt wie seit langer Zeit nicht mehr. Besonders erfreulich: Der Aufwärtstrend kommt zusehends auch am Arbeitsmarkt an. Auf unter neun Prozent (8,9 Prozent) fiel die Arbeitslosenquote in der Eurozone im September 2017. Dies ist der niedrigste Stand seit Januar 2009. Abgesehen von der unverändert geringen Inflation, die im Oktober in der Eurozone bei 1,4 Prozent lag, sind dies gewichtige Argumente für die EZB, ihren Ende Oktober vorsichtig eingeschlagenen Pfad hin zu einer Normalisierung der Geldpolitik noch konsequenter zu beschreiten. EZB-Präsident Mario Draghi zeigt sich vom goldenen Konjunkturherbst bislang jedoch unbeeindruckt. In einer Rede vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments stellte er unlängst klar, dass die Wirtschaft im Euroraum "weiterhin auf die geldpolitische Hilfe angewiesen" bleibe. Das klingt ganz so, als bedarf es noch einiger weiterer konjunktureller "Meilensteine", bevor Draghis Zweifel zerstreut sind und er sich klar zum Einstieg in den Ausstieg bekennt.

Fest steht: Ab Januar 2018 wird das Volumen der monatlichen Wertpapierankäufe bekanntlich auf 30 Milliarden Euro halbiert, wobei das Programm bis mindestens September 2018 fortgesetzt wird. Viele Investoren werden sich bereits die Frage stellen, was im Anschluss daran passiert. Die Aussagen aus dem innersten Zirkel der EZB sind dabei im Moment nicht sonderlich hilfreich. Im Widerspruch zu Draghis ausgeprägtem Skeptizismus hat Direktoriumsmitglied Yves Mersch jüngst verkündet, dass Marktteilnehmer, die eine Verlängerung der Wertpapierankäufe über den September hinaus erwarten, falsch liegen. An den europäischen Rentenmärkten schenkt man Merschs Äußerung bislang jedenfalls keinen Glauben: Die dortigen Spreads haben noch immer keinen rechten Aufwind erfahren.

In den USA heißt es unterdessen langsam Abschied zu nehmen von Janet Yellen. Sie wird im Februar 2018 vom ehemaligen Investmentbanker Jerome Powell an der Spitze der Fed abgelöst. Powell gilt als moderat und es wird allgemein erwartet, dass er den eingeschlagenen Kurs der kleinen Zinsschritte Yellens fortsetzen wird und darüber hinaus auch den billionenschweren Wertpapierbestand der Fed weiter behutsam abbauen wird.

Stichwort "kleine Zinsschritte": Die Chancen, dass die scheidende Fed-Präsidentin in der letzten FOMC-Sitzung des Jahres noch einmal leicht an der Zinsschraube dreht, stehen gut. Gestützt würde diese Maßnahme von den überwiegend positiven US-Wirtschaftsdaten: Zwar lagen die Arbeitsmarktdaten Anfang November leicht unter den Erwartungen. Gleichzeitig stiegen im Oktober die Verbraucherpreise (ohne Energie) geringfügig auf 1,8 Prozent.

Weiterhin günstig sind die Zeiten für deutsche Häuslebauer. Der von der Dr. Klein Privatkunden AG ermittelte Bestzins für Immobiliendarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung lag Ende November bei gerade einmal 0,93 Prozent.

Der überraschende Abbruch der Sondierungsgespräche in Berlin hinterließ also keine negativen Spuren am Markt für Baufinanzierungszinsen. ph

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