PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

BESONDERHEITEN DER WOHN- UND GEWERBEIMMOBILIENFINANZIERUNG UNTER EINEM DACH

Bernhard Heinlein Quelle: Münchener Hyp

Während die große Mehrheit der deutschen Immobilien- und Pfandbriefbanken einen ausschließlichen Fokus auf gewerbliche Immobilienfinanzierungen hat, fährt die Münchener Hypothekenbank eine zweigleisige Strategie. Das zusätzliche Standbein in der privaten Wohnimmobilienfinanzierung lohnt nicht zuletzt deshalb, weil das Institut an dieser Stelle enge Kooperationen mit vielen regionalen Genossenschaftsbanken pflegt und somit über den wertvollen Zugang zu einem äußerst dichten Filialnetz verfügt. Aufgrund dieser und weiterer spezieller Rahmenbedingungen, die der Autor im folgenden Beitrag analysiert, dürfte das Geschäftsmodell also eher eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Immobilienfinanzierungslandschaft bleiben. Red.

Manche Entwicklungen werden eines Tages so selbstverständlich, dass sie kaum mehr auffallen. Immobilienbanken, allen voran die früheren Hypothekenbanken, sind heute in der Regel Spezialisten für großvolumige gewerbliche Finanzierungen. Häuser und einzelne Wohnungen werden von ihnen nicht finanziert. Die private Immobilienfinanzierung ist vor allem Sache der regionalen Volksbanken, Raiffeisenbanken und Sparkassen sowie der Geschäftsbanken. Es ist noch keine dreißig Jahre her, da waren die Schwerpunkte noch nicht so eindeutig verteilt. Mitte der achtziger Jahre machten die Mitgliedsinstitute des Verbandes Deutscher Hypothekenbanken, dem Vorläufer des vdp, beispielsweise in großem Umfang Werbung, um ihre Finanzierungsangebote für Häuser und Wohnungen in der breiten Bevölkerung bekannt zu machen.

Die Kampagne erzielte zwar eine hohe Aufmerksamkeit, aber schon damals begann der Anteil der gewerblichen Darlehen am Finanzierungsgeschäft der Hypothekenbanken zu wachsen. Heute gibt es streng genommen nur noch zwei Spezialinstitute, die sowohl private als auch gewerbliche Immobilienfinanzierungen anbieten: Die Münchener Hyp und die WL Bank (künftig DZ Hyp). Da mag sich mancher fragen, ob in München und Münster die Uhren anders gehen. Nun sind Geschäftsmodelle und Geschäftsstrategien stets etwas sehr individuelles. Was bei einer Münchener Hyp funktioniert, muss noch lange nicht bei anderen Instituten erfolgversprechend sein. In der Tat sind wir davon überzeugt, dass unser Geschäftsmodell eher eine Besonderheit darstellt, als dass es Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Denn damit Wohn- und Gewerbeimmobilienfinanzierung unter einem Dach betrieben werden können, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Entscheidend sind dabei vor allem die Vertriebsstrukturen sowie die Prozesse in der Kreditbearbeitung und -abwicklung.

Vielfältige Herausforderungen

Den damit verbundenen Herausforderungen gerecht zu werden, ist nicht einfach, da die Finanzierung von privaten Wohnimmobilien einerseits und gewerblichen Objekten andererseits unterschiedliche Kundenansprachen, Bearbeitungs- und Steuerungsprozesse sowie IT-Unterstützung erfordern. So ist die private Wohnimmobilienfinanzierung in erster Linie ein Mengengeschäft, das eine möglichst breite Kundenansprache sowie in hohem Maße standardisierte Produkte und Prozesse erfordert. Dazu bedarf es eines ausgebauten Vertriebsnetzes, das am besten alle Regionen Deutschlands umfasst. Die Kreditprozesse müssen zudem in der Lage sein, eine Vielzahl von Geschäftsverbindungen und Transaktionen zu verarbeiten. Denn auf Schnelligkeit und Zuverlässigkeit in der Zusage, Bearbeitung und Auszahlung legen die Kunden auch in der privaten Immobilienfinanzierung hohen Wert.

Demgegenüber ist die gewerbliche Immobilienfinanzierung ein stark individuelles und komplexeres Geschäft. Gerade bei professionellen Immobilieninvestoren sind deshalb die fachliche Expertise der Bank sowie damit zusammenhängend der persönliche Kontakt entscheidend für den erfolgreichen Geschäftsabschluss. Das heißt, die Finanzierungsangebote sind in der Regel für den Kunden maßgeschneidert. Synergien zwischen den beiden Geschäftsfeldern lassen sich angesichts der so unterschiedlichen Anforderungen an Strukturen und Prozesse kaum gewinnen.

Zugang zu dichtem Filialnetz

Aufgrund der spezifischen Herausforderungen in der privaten Immobilienfinanzierung ist es für spezialisierte Immobilienfinanzierer deutlich aufwendiger dieses Geschäftsfeld zusätzlich zu bedienen. Dies beruht auf Entwicklungen im Bereich des Wohnungskredits, die bereits in den siebziger Jahren einsetzten. Damals erweiterten sich der Kreis der Anbieter und die Finanzierungsangebote für private Kunden. Die auf die langfristige Immobilienfinanzierung spezialisierten Hypothekenbanken verfügten aber über kein Filialnetz und hatten deshalb gegenüber den Genossenschaftsbanken, Sparkassen und Geschäftspartner schwierigere Marktchancen.

Die Münchener Hyp als Pfandbriefbank in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft kann gegenüber den meisten anderen Spezialinstituten auf die arbeitsteilige Organisation der genossenschaftlichen Finanzgruppe zurückgreifen. Damit besteht für sie der Zugang zu einem der dichtesten Filialnetze in Deutschland, dem der Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie der Sparda-Banken. Dieses Netz umfasst aktuell über 11 000 Bankstellen, auch in den entlegensten Regionen Deutschlands. Selbst wenn nicht alle Genossenschaftsbanken mit der Münchener Hyp in der privaten Immobilienfinanzierung zusammenarbeiten, so sind es derzeit drei von vier Instituten, Tendenz weiter steigend.

Die Zusammenarbeit funktioniert wie folgt: Die örtlichen Genossenschaftsbanken akquirieren die privaten Immobilienfinanzierungen bei ihren Kunden und vermitteln sie gegen eine Provision an die Münchener Hyp weiter. Dabei übernehmen die genossenschaftlichen Partnerbanken auch Teile des Bearbeitungsprozesses. Die Münchener Hyp führt das Darlehen dann in ihren Büchern. Auf diese Weise kann die Expertise kompetenter Vertriebspartner, die durch ihre örtliche Nähe ein sehr hohes Vertrauen bei den Kunden genießen, genutzt werden. Und wir sind bundesweit präsent, ohne ein eigenes Filialnetz unterhalten zu müssen. Die Zusammenarbeit ist aber auch zum Vorteil der genossenschaftlichen Partnerbanken. Diese profitieren insbesondere vor der Erweiterung ihrer Produktpalette, so zum Beispiel bei langen Zinsbindungen von mehr als zehn Jahren, ohne die damit verbundenen Zinsrisiken eingehen zu müssen.

Die Erfahrungen aus diesen gewachsenen Strukturen haben geholfen, weitere Partner für unsere Angebote in der privaten Immobilienfinanzierung zu gewinnen. Das ist zum einen die Schweizer Postfinance, mit der die Münchener Hyp seit mittlerweile zehn Jahren im Schweizer Markt für private Immobilienfinanzierungen zusammenarbeitet. Zum anderen wurde vor ebenfalls rund zehn Jahren die Zusammenarbeit mit Maklervertrieben aufgenommen. Heute gehören wir auf den entsprechenden Onlineplattformen zu den größeren Anbietern. Ein solcher Weg würde selbstverständlich auch allen anderen spezialisierten Immobilienfinanzierern offenstehen, zumal sich damit der Aufbau eines eigenen Filialnetzes erübrigen würde. In der Theorie klingt dies einfacher, als es in der Praxis tatsächlich ist. Deshalb sind auch so gut wie keine spezialisierten Immobilienfinanzierer auf den Plattformen vertreten. Der Münchener Hyp ist die Etablierung vor allem deshalb gelungen, weil bereits Erfahrungen in der privaten Immobilienfinanzierung verfügbar sind. Hierzu zählt insbesondere das Vorhandensein entsprechender leistungsfähiger Strukturen in der Marktfolge.

Vorteil höherer Stabilität

Was organisatorisch gewachsen und möglich ist, muss aber noch nicht zwingend ein tragfähiges Geschäftsmodell ergeben. Denn die entsprechenden Strukturen in Vertrieb und Marktfolge müssen doppelt vorgehalten werden, um die Wohn- und Gewerbeimmobilienfinanzierung überhaupt unter einem Dach betreiben zu können. Dennoch lohnt sich dieser zusätzliche Aufwand für die Münchener Hyp. Über zwei recht unterschiedliche Kerngeschäftsfelder zu verfügen schafft langfristig gesehen mehr Stabilität. Denn Immobilienmärkte sind volatile Märkte. Sie bewegen sich in Zyklen.

Zwar erleben auch Wohnimmobilienmärkte Phasen der Übertreibung. Gleichwohl sind die Schwankungen an den Gewerbeimmobilienmärkten deutlich ausgeprägter und das wirkt sich auf das Finanzierungsgeschäft aus. Dies war erst jüngst in den Jahren 2009 und 2010 sehr deutlich zu erleben. In der Folge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise brachen vor allem die gewerblichen Immobilienmärkte stark ein. Dies spürten die Immobilienfinanzierer schmerzhaft in der Neugeschäftsentwicklung. So ging im Jahr 2009 nach den Angaben des vdp das Neugeschäft der Mitgliedsinstitute um in der gewerblichen Immobilienfinanzierung um 46 Prozent zurück. In der Wohnimmobilienfinanzierung war der Rückgang mit 29 Prozent ebenfalls sehr ausgeprägt, wenn auch nicht ganz so deutlich.

Auch die Münchener Hyp hat 2009 nach einem noch sehr erfolgreichen Jahr 2008 das Neugeschäft in der gewerblichen Immobilienfinanzierung massiv zurückgefahren und erst in den Folgejahren wieder sukzessive aufgebaut. In der privaten Immobilienfinanzierung hingegen konnte im Jahr 2009 das Ergebnis auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden.

Erleichterte Refinanzierung

Die Investoren an den Kapitalmärkten hatten ebenfalls die stabilere Entwicklung bei den privaten Wohnimmobilien honoriert. Zwar hatten auch wir während der Finanzmarktkrise zwischenzeitlich höhere Aufschläge zu zahlen, konnten uns aber weiterhin jederzeit zu angemessenen Konditionen refinanzieren. Ausschlaggebend dafür war die hohe Granularität privater Wohnimmobilien in den Deckungsmassen, wodurch die Risiken breiter gestreut werden.

Die stabilisierende Wirkung der beiden Geschäftsfelder wird schließlich auch von den Anteilseignern der Münchener Hyp geschätzt. Dies sind die Mitglieder der Genossenschaft - sowohl Privatpersonen als auch Banken und Institutionen der genossenschaftlichen Finanzgruppe, die die überwiegende Mehrheit der Anteile halten. Genossenschaftsteile haben einen festen Wert und sind nicht handelbar. Die Erwartungen der privaten Eigentümer sind somit nicht primär auf den Unternehmenswert, sondern auf eine angemessene Verzinsung in Form einer attraktiven Dividende ausgerichtet. Diese nachhaltig zu erwirtschaften, erfordert eben auch ein Geschäftsmodell, das möglichst stabile Erträge generiert. Die institutionellen Anteilseigner sind selbstverständlich ebenfalls an einer attraktiven Dividende interessiert.

Diese höhere Stabilität des Geschäftsmodells hat dennoch ihren Preis. Die erzielbaren Renditen in der privaten Immobilienfinanzierung sind für einen Immobilienfinanzierer, der sich vornehmlich über den Kapitalmarkt refinanziert, niedriger als im gewerblichen Finanzierungsgeschäft. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens unterschieden sich die Produkte in der privaten Immobilienfinanzierung in der Ausgestaltung nur wenig. Das wesentliche Differenzierungskriterium ist in der Regel die Kondition. Gerade bei der Immobilieneuphorie der vergangenen Jahre gerät der Preis aber immer mehr unter Druck.

Zweitens herrschen durch das Internet und die zahlreichen Onlineplattformen eine für die Kunden sehr vorteilhafte Transparenz über die Leistungen und Konditionen der Anbieter in der privaten Immobilienfinanzierung. Diese sind dadurch gezwungen, ihre Produkte und Services permanent zu optimieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Um unter diesen Rahmenbedingungen die private Wohnimmobilienfinanzierung angemessen profitabel betrieben zu können, müssen entsprechende Volumina generiert werden. Das geht nur in der Fläche. Dies wiederum lässt sich nur in Verbindung mit Kooperationspartnern erzielen, die über entsprechende Filialnetze oder etablierte Plattformlösungen verfügen. Diese selbst zu unterhalten, ist für Spezialbanken zu aufwendig und damit unrentabel.

Richtige Balance entscheidend

Damit Wohn- und Gewerbeimmobilienfinanzierung unter einem Dach ein rentables und stabiles Geschäftsmodell ergeben, müssen also einige Voraussetzungen erfüllt sein. Das reicht, wie dargelegt, von den Vertriebsstrukturen über die Marktfolge und die Refinanzierung bis zur Rechtsforum. Darüber hinaus ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, stets die richtige Balance zwischen diesen beiden Geschäftsfeldern zu finden.

Schlägt das Pendel in Boomphasen des Marktes zu stark in eine Richtung aus, kann sich die stabilisierende Wirkung der zwei Geschäftsfelder in einer Abschwungphase des Marktes möglicherweise nicht vollständig oder im Extremfall überhaupt nicht entfalten. Insofern wird das Geschäftsmodell der Münchener Hyp wohl eher eine Ausnahme bleiben und nicht zum Vorbild für andere Spezialfinanzierer werden. Für uns aber ist es die richtige Mischung, um als mittelständische Immobilien- und Pfandbriefbank weiterhin eigenständig im Konzert der Immobilienfinanzierer mitzuspielen.

DER AUTOR BERNHARD HEINLEIN, Mitglied des Vorstands, Münchener Hypothekenbank eG, München
Noch keine Bewertungen vorhanden


X