MIPIM-SPECIAL

BLOCKCHAIN-BASIERTE SECURITY TOKENS: EINFACH UND GÜNSTIG IN IMMOBILIEN INVESTIEREN

Martina Hertwig, Foto: Ann-Christine Krings

Die Blockchain-Technologie eröffnet Investoren inzwischen die Möglichkeit, über Security Tokens sicher und kostengünstig in Immobilien zu investieren. Der Markt hat das Thema schon für sich entdeckt: Erste Security Token Offerings (STOs) im Immobilienbereich sind bereits erfolgt, weitere befinden sich in Planung. Der deutsche Gesetzgeber hinkt dagegen noch hinterher. So lässt insbesondere ein zivilrechtlicher Rahmen weiter auf sich warten. Die Autorin gibt im folgenden Beitrag einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen. Red.

Security Tokens sind digitale elektronische Wertpapiere, die ihren Wert aus externen, handelbaren Vermögensgegenständen beziehen. Im Unterschied zu klassischen Wertpapieren entsprechen sie digitalen Vermögensgegenständen, die aus intelligenten Verträgen (Smart Contracts, Computerprogrammen) bestehen. Diese sind in existierenden Blockchains dezentral und sicher vor Verlust und Fälschung gespeichert. Blockchain-basierte Security Tokens ermöglichen enorme Effizienzgewinne. Ganze Transaktionsprozesse können end-to-end digital abgewickelt werden - in Zukunft ohne Zeit- und Kostenaufwand für Intermediäre wie Clearing-Stellen, Payment-Agents und Settlement-Agents.

Für institutionelle und private Investoren geeignet

Von der Möglichkeit über Security Tokens effizienter in Immobilien investieren zu können, profitieren nicht nur kapitalstarke institutionelle Investoren, sondern in Zukunft auch Privatanleger mit kleineren Budgets. Immobilieninvestments sind nicht mehr auf große Losgrößen beschränkt, sondern lassen sich durch Security Tokens in beliebig kleine Einheiten unterteilen, ohne dabei nennenswerte Zusatzkosten zu verursachen. Dadurch kann eine breitere Anlegerschaft erreicht werden, als bisher mit klassisch verbrieften Immobilieninvestments.

Die Blockchain-Technologie und die darauf aufbauenden Security Tokens sind aktuell in der Immobilienwirtschaft ein virulentes Thema. Unter den bisher erfolgten Security Token Offerings (STOs) erfolgten drei im Immobilienbereich. Pionier in Deutschland ist das Fintech-Unternehmen Bitbond, das im Februar 2019 als erstes deutsches Unternehmen die Zulassung der BaFin für die Emission von Security Tokens erhielt - für nachrangige Schuldverschreibungen ohne Immobilienbezug.

Exporo ermöglichte schließlich im Juli 2019 die Zeichnung einer Anleihe für ein Ärztehaus in Hamburg Poppenbüttel über Security Tokens ab einem Mindestbetrag von 1 000 Euro. Brickblock erhielt im November 2019 die BaFin-Genehmigung für die Emission digitaler Genussrechte an einer Wohnimmobilie in Wiesbaden im Wert von 2,2 Millionen Euro. Klickown und Bitbond verkündeten im Januar 2020, Kleinanlegern die Investition in ein denkmalgeschütztes Wohn- und Geschäftshaus in Lüneburg ab einem Mindestanlagebetrag von zehn Euro zu ermöglichen. Wertgrund plant die "Tokenisierung" von Anteilen im Wert von zwei Millionen Euro an Spezialfonds und befindet sich mit diesem Projekt derzeit in einer Testphase. Gemessen am Emissionsvolumen sorgte bisher die Fundament Group im September 2019 für das größte Aufsehen, als ihr die BaFin die Freigabe für ihren German Real Estate Token erteilte. Das Unternehmen hat Zugriff auf die 6,7 Milliarden Euro umfassende Projektpipeline der Bauwens Group und wollte zunächst Security Tokens im Wert von 250 Millionen Euro emittieren, reichte aber alsbald einen Nachtrag ihres Wertpapierprospekts bei der BaFin ein, um das Emissionsvolumen auf 500 Millionen Euro zu erhöhen.

Mit den ersten BaFin-Zulassungen und STOs ist der Markt bereits weiter als der rechtliche Rahmen, obwohl es politisch gewollt und im Koalitionsvertrag der Großen Koalition festgeschrieben ist, Deutschland als führenden Digitalisierungs- und Fintech-Standort zu stärken. Unter Wahrung des Anlegerschutzes sollen elektronische Wertpapiere ausdrücklich ermöglicht werden. Ein zivilrechtlicher Rahmen, der die dazu notwendige Rechts- und Anwendungssicherheit bietet, liegt noch nicht vor. Die Bundesregierung und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) sollten alles daran setzen, diesen möglichst schnell zu schaffen.

Markt ist weiter als zivilrechtlicher Rahmen

Laut einer Studie des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) und des Schweizer Security-Token-Provider Blockstate könnte die Ausgangsposition für Deutschland, um im Bereich der Security Tokens eine führende Position einzunehmen, nicht besser sein: Mit bereits 20 Unternehmen, die eine aktive Rolle im globalen Ökosystem digitaler Wertpapiere spielen, allein zehn davon in der Funktion als Emissionsdienstleister, ist Deutschland innerhalb Europas bereits an der Spitze und liegt weltweit hinter den USA auf Platz 2. Ob dieser Vorsprung gehalten und ausgebaut oder verspielt wird, hängt nun in erster Linie vom Gesetzgeber ab.

Das BMF legte im März 2019 immerhin ein Eckpunktepapier zum elektronischen Wertpapier als Diskussionsgrundlage vor. Ein Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz ist seit längerem geplant, lässt aber noch auf sich warten, obwohl die Bundesregierung die Verabschiedung des Gesetzes bereits für Ende 2019 angekündigt hat. Das Eckpunktepapier des BMF sieht zunächst vor, Blockchain-basierte Tokens nur für Schuldverschreibungen zuzulassen. Perspektivisch soll sich der Wertpapierbereich der Blockchain-Technologie weiter öffnen, bis hin zur elektronischen Aktie. Die bereits erteilten BaFin-Zulassungen von Security Tokens und der nach wie vor fehlende rechtliche Rahmen scheinen sich auf den ersten Blick gegenseitig zu widersprechen. Der Widerspruch löst sich dann auf, wenn man versteht, dass die BaFin eine rein aufsichtsrechtliche Prüfung von Finanzprodukten vornimmt, die sich im Wesentlichen auf die Handelbarkeit von Wertpapieren bezieht und die zivilrechtliche Dimension außen vor lässt.

Um den Anleger vor Manipulation, Betrug und Datenmissbrauch zu schützen und Geldwäsche zu verhindern, sollten elektronische Wertpapiere in Anlehnung an die Handhabung physischer Wertpapiere in einem Wertpapierregister registriert werden, das auf einer Blockchain geführt wird. Das Register könnte unter staatlicher Aufsicht stehen und öffentlich und im Internet zugänglich sein. Die Registrierungsanforderungen an elektronische Wertpapiere sollten ähnlich denen sein, die aktuell für physische Wertpapiere gelten. In der Praxis wird die Aufgabe der Registerführung voraussichtlich von Banken mit KWG-Zulassung übernommen.

Blick in die Gegenwart ...

Aktuell läuft heute eine Anleihebegebung in Form von Security Tokens wie folgt ab: Der Emittent erstellt einen klassischen Wertpapierprospekt und legt darin fest, welche Blockchain und welche Token-Form genutzt wird. Die BaFin prüft den Prospekt und genehmigt ihn. Weitere Intermediäre sind aktuell nicht notwendig. Eine staatlich beaufsichtigte Bank könnte in Zukunft notwendig sein, das Register mit den elektronischen Wertpapieren zu führen.

Ist der Vermögensgegenstand erst einmal tokenisiert, so sind die technischen Risiken elektronisch verbriefter Vermögensgegenstände durch die dezentrale Blockchain-Technologie aus der Anlegerperspektive äußerst gering. Zu beachten bleibt dennoch, dass der Wert der Tokens ebenso wie bei physischen Wertpapieren vom realen Vermögensgegenstand abhängt, den er repräsentiert. Das Augenmerk sollte demnach auf dem Investment selbst - also auf der Immobilie mit allen ihren Chancen und Risiken liegen.

... und in die Zukunft

In der Anfangsphase werden elektronische Wertpapiere vorwiegend professionellen und semiprofessionellen Anlegern vorbehalten sein. Ist der Anlegerschutz beispielsweise durch geprüfte und überwachte Intermediäre sichergestellt, wird sich die Welt der Security Tokens mit ihren Kostenvorteilen und der einfacheren Zeichen- und Handelbarkeit aber schnell auch dem Privatanleger öffnen. Die aktuelle Marktdynamik gibt Anlass zur Annahme, dass konservativ geschätzt in fünf Jahren mindestens zehn Prozent aller Wertpapiertransaktionen auf Blockchain-Basis ab gewickelt werden. Nicht nur Schuldverschreibungen, sondern auch Aktien und andere Wertpapiere werden dann tokenisiert sein.

Da Intermediäre und aufwendige Prozesse, wie sie heute noch üblich sind, entfallen, werden die Transaktionskosten erheblich sinken und die Transaktions- und Umschlagsgeschwindigkeiten für elektronische Wertpapiere deutlich ansteigen. Es werden sich Standards etablieren, die ebenso wie die Regulierung und Überwachung für eine höhere Transparenz und Sicherheit sorgen und die Handelbarkeit von Security Tokens gewährleisten beziehungsweise erhöhen. Parallel dazu werden Sekundärmärkte und Handelsplätze entstehen, auf denen die standardisierten Security Tokens gehandelt werden.

Blockchain-basierte Security Tokens haben das Potenzial, viele Hürden zu beseitigen, die bisher Investoren daran gehindert haben, in Immobilien zu investieren: Sie senken die Transaktionskosten, reduzieren die Transaktionszeiten, erhöhen die Transparenz, erhöhen die Fungibilität und Liquidität von Immobilieninvestments und ermöglichen dadurch kurzfristige Investitionen und kurze Halteperioden.

Die Frage, ob sich diese elektronischen Wertpapiere durchsetzen werden, ist sowohl durch die jüngsten Marktentwicklungen als auch durch das klare Bekenntnis der Politik bereits eindeutig positiv beantwortet. Die Frage in welcher Geschwindigkeit das stattfinden wird, hängt in erster Linie davon ab, wie schnell der Gesetzgeber einen rechtlichen Rahmen schafft, der den Anlegern und Emittenten Rechtssicherheit bietet.

DIE AUTORIN MARTINA HERTWIG Partnerin, Baker Tilly GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hamburg
Martina Hertwig , Partnerin, Baker Tilly GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hamburg

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