Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft

Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft - von Chancen und Herausforderungen

Abbildung 1: Die größten Herausforderungen der Branche bei der Umsetzung von Smart-Home-Technologie (Angaben in Prozent) Quelle: Smart Home Initiative Deutschland e.V. (2016)

Das Zuhause von morgen ist intelligent: So werden miteinander vernetzte Haushaltsgeräte einen bedarfsgerechten Energieverbrauch gewährleisten und digitale Assistenzsysteme Antworten auf den voranschreitenden demografischen Wandel bieten. Bei der Implementierung kommt Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft eine bedeutende Rolle zu. Obgleich man sich aufgeschlossen gegenüber den neuen digitalen Technologien zeigt, ist die Verbreitung bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Neben den hohen Investitionen sorgt das oftmals vielfältige und unübersichtliche Spektrum an Möglichkeiten für Zurückhaltung. Auch der rechtliche Rahmen beim Umgang mit sensiblen Daten ist noch nicht hinreichend abgesteckt, um sich entschieden darauf einzulassen. Mittelfristig wird man auf die Konzepte des Smart Home aber wohl allein deshalb nicht verzichten, da sie ein wertvolles Instrument zur Mieterbindung darstellen. Red.

Vom Arbeitsplatz über die Mobilität bis hin ins Wohn- und Schlafzimmer schreitet die Digitalisierung aller Lebensbereiche mit ungeheurem Tempo voran. Zahlreiche Innovationen bieten ein enormes Potenzial für vernetztes und zukunftsfähiges Wohnen. Im Gebäudebereich bieten Smart-Home-Anwendungen mittlerweile Möglichkeiten wie elektronischen Gebäude- und Wohnungszutritt, Heizungsregelung und Visualisierung des Energieverbrauchs. Die verfügbaren Technologien reichen von technischen Assistenzsystemen bis hin zur komplett zentralen Wohnungssteuerung.

Digitale Lösungen im Sinne aller Beteiligten

Die Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft bietet in vielen Bereichen wertvolle Chancen. Besonders hervorzuheben ist der Energiesektor. Gerade in der Verbrauchserfassung und -abrechnung sowie als Energieerzeuger sind Wohnungsunternehmen hier zunehmend tätig. Auch in der digitalen Bestandsbewirtschaftung sind unsere Unternehmen sehr aktiv. Eine ganze Reihe von Prozessen sind schon seit vielen Jahren im Zusammenhang mit wohnungswirtschaftlichen Softwareprogrammen digitalisiert, wie zum Beispiel die Handwerkerbeauftragung, der Zahlungsverkehr oder auch der Rechnungsservice. Dies erleichtert die Arbeit für Auftraggeber, Dienstleister und -empfänger sowie Mieter gleichermaßen.

Eine nationale Vorreiterrolle haben einzelne Unternehmen bereits im Bereich technischer Assistenzsysteme, auch Ambient Assisted Living (AAL) genannt, in der Mieterbetreuung übernommen: Anwesenheits- und Sturzsensoren sowie Türöffner sind hier prominente Beispiele. Barrierereduziertes Wohnen wird im Zuge des demografischen Wandels und einer zunehmend alternden Gesellschaft immer mehr Relevanz erfahren. Die KfW fördert bereits heute den Einbau technischer Assistenzsysteme, weitere wichtige Impulse könnte die Politik setzen.

Potenzial erkannt

Aus einer aktuellen Studie, die die Smart Home Initiative Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen mm1 und dem GdW vorgelegt hat, geht hervor, dass 40 Prozent der Wohnungs- und Immobilienunternehmen bis 2017 Smart-Home- oder AAL-Technologien in ihren Liegenschaften einsetzen wollen. An der Studie nahmen bundesweit rund 500 Akteure der deutschen Wohnungswirtschaft teil. Die Studie zeigt, dass die deutsche Wohnungswirtschaft das Potenzial vernetzter, intelligenter Technologien für sich erkannt hat. Gleichzeitig gibt es aber noch einen hohen Informationsbedarf hinsichtlich des Marktangebots.

Die intelligente Vernetzung von Geräten gilt als eines der größten Technologie-Wachstumsfelder der kommenden Jahre. Smart Home wird künftig die Lebensqualität verbessern und den effektiven Umgang mit Ressourcen erleichtern. Senioren und pflegebedürftige Menschen werden mittels AAL-Technologien mehr Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben in gewohnter Umgebung erfahren. Stand heute liegt die Verbreitung von Smart-Home-Technologien jedoch noch hinter den Erwartungen zurück.

Verbesserung der Rahmenbedingungen

Der Wohnungswirtschaft könnte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung des Smart-Home-Marktes in Deutschland zukommen. Keine andere Branche verfügt über so direkten Zugang und Einfluss auf die technische Ausstattung von Immobilien. Professionell gewerbliche Vermieter verwalten mit rund 8,3 Millionen Wohnungen heute gut 20 Prozent des Wohnungsmarktes.

Smart-Home-Lösungen, die eine Visualisierung des Strom- oder Gasverbrauchs ermöglichen, versprechen Einsparpotenziale im Energiebereich. Auch damit kann die Wohnungswirtschaft einen weiteren Teil zum Erfolg der Energiewende beitragen.

Es wäre ratsam den Leistungskatalog der Pflegekassen um IT-gestützte Monitoringsysteme zu erweitern. Zudem sollten auch Wohnungsunternehmen Investitionszuschüsse im Rahmen des KfW-Programms "Altersgerecht Umbauen" in Anspruch nehmen können. Steuerliche Vergünstigungen für die Mieter oder für die Unternehmen können zusätzliche Anreize bieten, solche Systeme einzubauen.

Unbeantwortete Frage des Datenschutzes

Um die digitale Revolution im Bereich Wohnen langfristig zum Erfolg zu führen, sind noch einige Hürden zu bewältigen, die insbesondere in punkto Sicherheit und Kosten bestehen. Der effektive Nutzen smarter Technik muss dabei stets im Mittelpunkt stehen, denn nicht alles, was technisch machbar ist, ist für den Mieter auch sinnvoll. Für den, der in diese Technologien investiert, muss es wirtschaftlich bleiben, und die Nutzer müssen eine deutliche Aufwertung ihrer Lebensqualität erfahren können. Beim Thema Datenschutz muss ein gangbarer Mittelweg zwischen Datennutzung und gleichzeitiger Datensicherheit gefunden werden.

Was häufig fehlt, ist ein umfassendes Digitalisierungskonzept als Teil einer Unternehmensstrategie. Auch deshalb hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) eine Studie beauftragt, die eine ganzheitliche Sicht auf die Digitalisierungsaktivitäten innerhalb der Branche liefern und bestehende Potenziale, aber auch Risiken aufzeigen soll.

Es hat bereits eine große Entwicklung stattgefunden, aber in einigen Bereichen stehen die Unternehmen häufig noch am Anfang des Digitalisierungsprozesses. Dies betrifft zum Beispiel den Aufbau von Mieterportalen in Richtung eines multifunktionalen Informations- und Serviceportals. Eine der großen Aufgaben für unsere Branche lautet also nun, die Digitalisierung für eigene Wertschöpfungspotenziale zu erschließen. Es gilt, Chancen zu erkennen, sie zu nutzen wissen und herausfordernde Situationen mit Know-how zu meistern.

Im Überblick: Die Ergebnisse der Smart-Home-Studie

- 40 Prozent der Befragten wollen bis 2017 Smart-Home- oder AAL-Technologien in ihren Liegenschaften einsetzen.

- Als wichtigstes künftiges Einsatzfeld für Smart-Home- und AAL-Lösungen bewerten Umfrageteilnehmer, neben gesetzlich vorgeschriebener Rauchmelder, den Bereich Energiemanagement. Hierzu zählen Energieverbrauchsmessung, -visualisierung und -abrechnung sowie Heizungssteuerung. Bedeutend ist auch die Überwachung und Steuerung des Raumklimas zur Schimmelvermeidung.

- Wohnungs- und Immobiliengesellschaften sehen die Investition in Smart-Home- und AAL-Lösungen als Instrument der Mieter- und Kundenbindung. 85 Prozent nennen dies als Hauptmotiv möglicher Investitionen.

- Knapp 60 Prozent der Umfrageteilnehmer fühlen sich über die Angebote am Markt nicht ausreichend informiert.

- 80 Prozent planen nicht, Smart-Homeund AAL-Kompetenz im eigenen Unternehmen aufzubauen, sondern bevorzugen die Zusammenarbeit mit externen Partnern.

- Fast 60 Prozent sehen in Architekten und Planern sowie spezialisierten Beratungsunternehmen die präferierten Partner ihrer Wahl und verorten hier die entsprechende Fachkompetenz.

- Die Investitionsbereitschaft der Branche liegt im geringinvestiven Bereich. Drei Viertel der Befragten sind bereit, bis zu 20 Euro pro Quadratmeter für eine Smart-Home- oder AAL-Lösung zu investieren.

- Lediglich 20 Prozent sehen in Smart- Home- und AAL-Lösungen ein Instrument für Kostensenkungen, nur 8 Prozent ein Instrument für Umsatzsteigerungen.

- Die befragten Immobilien- und Wohnungsgesellschaften erwarten, dass in den kommenden Jahren bis zu 20 Prozent der Mieter smarte und bis zu 30 Prozent altersgerechte Wohnungen nachfragen werden.

Der Autor

Axel Gedaschko Präsident, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin

Axel Gedaschko , Präsident , GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V., Berlin

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X