Der europäische Investmentmarkt befindet sich auf einem sehr hohen Niveau. Mit einem Transaktionsvolumen von 207 Milliarden Euro erreichte das Segment der Gewerbeimmobilien im vergangenen Jahr den dritthöchsten Wert seit 2006. Für einige Länder, nämlich Italien, die Niederlande und Schweden, sprechen wir sogar vom bisher stärksten Investmentjahr. Auch wenn im Vergleich zu 2015 ein Rückgang des europaweiten Umsatzes um 15 Prozent zu verzeichnen ist, kann nicht von geringerem Interesse seitens der Investoren gesprochen werden. Ausschlaggebend für das Schrumpfen des europäischen Gesamtvolumens ist der Rückgang der Investitionsvolumina am britischen und deutschen Markt, die gemeinsam für 55 Prozent der gesamten Investmenttätigkeit 2016 verantwortlich waren.
In Großbritannien sprechen wir von einem Minus um 31,4 Prozent, in Deutschland um 8,7 Prozent. Grund für den Einbruch ist das geringe Angebot auf diesen beiden Kernmärkten, nicht etwa mangelndes Kapital oder Interesse. Lediglich in Großbritannien führt die Diskussion rund um den Brexit zu einer gewissen Zurückhaltung bei Käufern und Verkäufern. Trotz der Verringerung des Transaktionsvolumens bleibt Großbritannien der größte Markt für den Gewerbeimmobiliensektor mit einem Umsatz von 59,1 Milliarden Euro, gefolgt von Deutschland mit 52,7 Milliarden Euro, Frankreich mit 27,4 Milliarden Euro und Schweden mit 14,8 Milliarden Euro.
Status quo der Nachfrage unverändert
Die Ausgangssituation für Investoren auf dem europäischen Markt ist zum einen geprägt von einer mangelnden Produktverfügbarkeit in den Core-Märkten, dem damit einhergehenden starken Wettbewerb um Spitzenassets und zum anderen von einer ungewissen politischen Situation in einigen Ländern. Damit bieten sich zwei Lösungswege: Investoren, die nach wie vor auf den transparenten und sicheren Kernmärkten Vermögen anlegen wollen, müssen verstärkt alternative Assetklassen in Betracht ziehen. Für die Käufer, die klassische Produkte fokussieren, sind Länder wie Polen oder die Niederlande eine Alternative.
In den europäischen Kernmärkten, zu denen Deutschland, Frankreich und Großbritannien gehören, ist zwischenzeitlich ein Punkt im aktuellen Investmentzyklus erreicht, an dem ein Mangel an großvolumigen Qualitätsassets zu einer Abschwächung der Investitionstätigkeit führt. Länder wie Italien, Niederlande und Polen können von der Suche nach Alternativen profitieren. Diese befinden sich noch in früheren Phasen ihrer jeweiligen Zyklen und bieten in einigen Marktsegmenten weiterhin Spitzenrenditen über dem Durchschnittsniveau der europäischen Core-Märkte und damit attraktive Erträge und Potenzial für weitere Renditekompression. Das Ausweichen auf die Nachbarländer findet aber nicht nur wegen der höheren erzielbaren Renditen statt, sondern auch unter dem Aspekt der Risikostreuung und der damit einhergehenden Diversifizierung der Portfolios.
Aufgrund des mangelnden verfügbaren Produktes in den etablierten Assetklassen ist in den europäischen Kernmärkten ein Blick über den Tellerrand notwendig. Investoren werden sich weiterhin auch auf alternative Anlageprodukte jenseits der herkömmlichen Gewerbeobjekte fokussieren müssen. Hierzu gehören die Assets wie studentische Wohnanlagen oder Immobilien aus dem Gesundheitssektor wie Pflegeheime. In einigen dieser Segmente sind die Spitzenrenditen bereits niedrig, bieten sie doch langfristige Ertragsstabilität und Mietwachstumspotenzial. Die Bedeutung alternativer Investmentprodukte hat 2016 im Vergleich zum Vorjahr bereits an vielen Immobilienmärkten deutlich zugenommen: In Norwegen (plus 144 Prozent), Frankreich (plus 14 Prozent), Schweden (plus 31 Prozent), Finnland (plus 30 Prozent) und Deutschland (plus 18 Prozent).
Blick über den Tellerrand nötig
Neben Studentenwohnheimen und Objekten aus dem Gesundheitsbereich spielt der Logistikimmobiliensektor eine zunehmend größere Rolle. Dies spiegelt sich auch in der Vergrößerung des Anteils wider: Von 8,7 Prozent in 2015 auf 10,8 Prozent im vergangenen Jahr. In einigen Ländern lag der Logistikinvestmentbereich sogar zwischen 15 und 20 Prozent: In den Niederlanden bei 20,1 Prozent, in Norwegen bei 17,9 Prozent und in Schweden bei 17,1 Prozent. Es ist zu erwarten, dass dieser Anteil aufgrund des Einflusses durch den Online-Handel europaweit weiter ansteigen wird, denn das Wachstum des E-Commerce ist noch lange nicht vorbei. Eine höhere Retourenquote und der Wunsch nach immer kürzeren Lieferzeiten, ganz nach dem "Same-Day-Delivery"- oder wie es einige Städte schon vor machen "One-Hour-Delivery" - Motto, wird den Bedarf nach Logistikflächen erhöhen.
Objektqualität und Mikromerkmale entscheidend
Langfristig sind Logistikimmobilien jedoch nicht mehr als alternative Assetklasse zu bezeichnen, sondern werden als Segment Teil der Traditionals, da sie bereits jetzt immer mehr einen Bestandteil von institutionellen Portfolios bilden.
Der zunehmende Wettbewerb um das begrenzte Produktangebot wird dazu führen, dass die Wahl des Landes an Bedeutung verliert und der Fokus der Investoren künftig mehr auf den Assets selbst liegt. Das zeigt das Ausweichen auf die Alternativen, sei es nun Standort oder Segment. Objektqualität und Mikromarktmerkmale stehen im Fokus bei der Selektion sowohl von Spitzen- als auch Value-Add-Investments in allen Regionen.
Grundsätzlich bleibt abzuwarten, ob das Jahr 2017 unerwartete Erschütterungen in der europäischen Politikoder Finanz arena bereithält. In jedem Fall werden Immobilien in Europa sowohl für europäische Investoren ein Thema sein, die an weniger volatilen Investments und höheren Erträgen interessiert sind als auch für internationale Investoren, denen Diversifizierung wichtig ist.