MIPIM-SPECIAL

FRAGE AN JOHN BOTHE: WIE KANN MAN MIT NIEDRIGEM LEVERAGE NOCH RENDITE ERZIELEN?

John Bothe, Foto: Silberlake Real Estate Group

Der klassische Fremdkapitalmarkt ist nun schon seit Jahren in einer Ausnahmesituation - nie war das Geld so billig und der Immobilienmarkt derart teuer wie heute. Zinssätze von zwei bis 2,5 Prozent für Projektentwicklerkredite im Seniorloan-Bereich sind mittlerweile die Norm. Wer heute noch möglichst viele Opportunitäten mitnehmen möchte, muss höher hebeln. Auch die Zeiten, als Entwickler oder Investoren 25 Prozent des nötigen Kapitals zur Verfügung stellten und den Rest über Banken finanzieren ließen, sind vorbei. Mittlerweile werden rund 20 Prozent der gewerblichen Immobilienfinanzierungen nicht mehr von Banken gestemmt - Tendenz stark steigend. Stattdessen drängen Versicherungen, Pensionskassen und sogar Privatanleger in den Markt. Letztere speziell in Form von Mezzanine-Krediten, die sich mittlerweile auch unter Entwicklern großer Beliebtheit erfreuen. Schließlich bieten sie die Möglichkeit, den Eigenkapitalanteil weiter zu drücken und über die Hebelwirkung überhaupt noch attraktive Renditen zu erzielen.

Mezzanine-Boom birgt Risiken

Zusätzlich entsteht durch das traditionelle Beleihungswertermittlungsverfahren eine Lücke zwischen Markt- und Beleihungswerten. Während Letzterer von den Banken als Benchmark für die Kreditsumme angelegt wird, entspricht Ersterer dem tatsächlich gezahlten Preis. Diese Lücke lässt sich nur mit Eigenkapital oder Mezzanine-Krediten schließen, wobei Eigenkapital zwar die deutlich risikoärmere Variante ist, zugleich aber auch die wesentlich teurere. Mit Mezzanine-Kapital kann das unternehmerische Risiko diversifiziert und zum Teil an die Investoren weitergegeben werden, zusätzlich lassen sich die Finanzierungslücken kurzfristig schließen. Diese Vorteile führen zu einer wachsenden Nachfrage: In einer 2018 durchgeführten Befragung gaben 50 Prozent der Bauträger an diese Form der Finanzierung zu nutzen - heute dürfte der Anteil wesentlich höher liegen.

Doch bei all diesen Vorteilen gilt es die Risiken dieser Finanzierungsform im Blick zu behalten, insbesondere sind die Zinsen im Vergleich zu klassischen Kreditformen relativ hoch: bei vorliegendem Baurecht zwischen acht und zehn Prozent, und bei ausstehendem Baurecht und weiteren Projektentwicklungsrisiken können sogar bis zu 20 Prozent fällig werden. Das schränkt die Marge des Projektentwicklungsgeschäfts stark ein und erhöht das Risiko bei unvorhergesehen Problemen oder Zeitverzögerungen immens.

Die kurzen Laufzeiten dieser Kreditform lassen zudem kaum Raum für die üblichen Überraschungen in diesem Geschäft - früher konnten unerwartete Ausgaben durch einen entsprechend dimensionierten Eigenkapitalpuffer aufgewogen werden. Doch das ist nicht möglich, wenn das Eigenkapital von vornherein auf Kante genäht wird. Dann nämlich muss ein zusätzlicher Mezzanine-Kredit mit entsprechend hohen Zinskosten aufgenommen werden. Der Trend, dass die Entwickler immer größere und komplexere Projekte mit immer mehr Unwägbarkeiten eingehen, nur weil die Margen klein und die Mezzanine-Kredite zu Hauf verfügbar sind führt zu immensen Risiken am Markt und wird vielen von ihnen früher oder später das Genick brechen.

Wie aber kann der Immobilieninvestor mit einem niedrigen Leverage überhaupt noch eine zufriedenstellende Rendite erzielen? Vor allem Geduld ist dabei gefragt: Zwar lässt niemand gerne sein Geld im Negativzinszeitalter ohne Verzinsung herumliegen, aber eine gesunde Eigenkapitalbasis in Verbindung mit einer geduldigen Anlagestrategie ohne Verzinsungsdruck birgt den Vorteil, dass man günstige Einstiegsmöglichkeiten schnell und kurzfristig nutzen kann - sei es eine Zwangsversteigerung oder eine Marktkorrektur, die es bei einem angemessenen Cash-Polster erlaubt, in größerem Umfang in den Markt einzusteigen.

Geduld ist gefragt

Denn die Gewinner von übermorgen entstehen in der Krise von morgen - wobei niemand einen Crash erwartet oder herbeisehnt. Aber nicht nur das DIW erwartet Preiskorrekturen in den deutschen Großstädten. Und angesichts der hohen Mieten und Kaufpreise wäre das nicht nur eine gute Nachricht für die Privathaushalte, sondern auch für Investoren. Was in Zukunft zählen wird, um überhaupt noch Renditen mit gesunder Eigenkapitalbasis zu erzielen, sind folgende Punkte:

- Ein Plan für jedes Objekt: Oftmals werden Portfolios erst im Nachgang bereinigt, es kann sich durchaus mehr lohnen, gezielt auf Einzelankäufe zu setzen. Auch Assetklassen im Abschwung oder renovierungsbedürftige Objekte können für eine Umnutzung interessant sein.

- Lagen mit Perspektive: Eine gute ÖPNV-Anbindung und eine intakte Nahversorgung können C-Lagen in attraktive Standorte verwandeln. Auch innerstädtisch gibt es Lagen, die entweder nicht gut angebunden sind oder nicht den besten Ruf genießen.

- Verstehen der Zielgruppe: Senioren, junge Familien und Studenten haben jeweils andere Ansprüche an Lage und Kosten und brauchen entsprechend zielgruppengerechte Produkte. Ein Studentenwohnheim wird nicht in der Vorstadt funktionieren - und ein Einfamilienhaus nicht mitten im Stadtzentrum.

Ohne Fremdkapital geht es natürlich trotzdem nicht, und die klassischen Bankdarlehen sollten ausgeschöpft werden - die Mezzanine-Finanzierung sollte aber nur von erfahrenen Profis und mit Augenmaß eingesetzt werden.

DER AUTOR JOHN BOTHE Geschäftsführer und Gründer, Silberlake Real Estate Group, Düsseldorf
John Bothe , Geschäftsführer und Gründer, Silberlake Real Estate Group, Düsseldorf
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