MIPIM-SPECIAL

FRANKFURT - POTENZIALE UND HERAUSFORDERUNGEN EINES ATTRAKTIVEN IMMOBILIENMARKTES

Ulrich Höller Quelle: GEG

Wie kaum eine andere deutsche Großstadt muss Frankfurt den Spagat zwischen Büro- und Gewerbeflächenentwicklung und der Bereitstellung ausreichend Wohnraums schaffen. Die Bevölkerung der Mainmetropole wächst und wird auch in Zukunft weiter wachsen, nicht zuletzt durch den Brexit. Aber die Flächen werden knapp. Der Autor fordert daher sowohl Bauherren als auch die Stadtplaner auf, über die bekannten Muster hinauszudenken. Stichworte sind unter anderem Revitalisierung, der neue Hochhausrahmenplan sowie das Denken und Agieren über die Stadtgrenzen hinaus. Gleichzeitig warnt er davor, Bauen durch immer neue Auflagen und Kosten unattraktiv zu machen, was seiner Meinung nach negative Folgen für den Neubau haben würde. Nur im Zusammenwirken alle Beteiligten, so sein Credo, lassen sich die Herausforderungen für alle Seiten zufriedenstellend bewältigen. Red.

Die Stadt Frankfurt am Main hat in der Überschrift einer ihrer jüngsten Pressemitteilungen die aktuelle Situation auf dem Immobilienmarkt im Stenografenstil exzellent auf den Punkt gebracht: "Nachfrage ungebrochen, Wohnbau- und Gewerbepreise steigen". Präziser und kürzer lässt sich der Frankfurter Immobilienmarkt kaum beschreiben. Unverändert werden mehr Immobilien nachgefragt als angeboten, was die Preise weiter steigen lässt. Gründe, warum Frankfurt auch in weiterer Zukunft seine Attraktivität als Standort für Unternehmen aber auch als Lebensraum für viele Menschen erhöhen dürfte, gibt es viele.

An erster Stelle dürfte stehen, dass Frankfurt zu den führenden Finanzplätzen Europas zählt. Hier findet sich nicht nur der Sitz der EZB, sondern hier sind auch über 200 Banken tätig, davon über drei Viertel Auslandsbanken. Unverändert zeichnen im boomenden Frankfurter Bankenviertel die hohe Nachfrage nach Büroimmobilien und die damit verbundenen weit überdurchschnittlich hohen Preise das Marktgeschehen aus. Ein Sondereffekt zielt in die gleiche Richtung: Durch den Brexit ist Frankfurt zu einem interessanten Standort gerade für zahlreiche Unternehmen aus der Finanzindustrie, die bislang in London logierten, geworden.

Die Frankfurter Hochschullandschaft bildet mit einem überragenden internationalen Forschungs- und Ausbildungsniveau eine renommierte Kaderschmiede gerade für die Wirtschaft vor Ort. Die zentrale geografische Lage Frankfurts in Deutschland und auch in Europa zusammen mit den exzellenten und schnellen Verbindungen, insbesondere durch den internationalen Flughafen, in die ganze Welt macht Frankfurt als Sitz für viele Unternehmen ausgesprochen attraktiv. Und Umfragen belegen immer wieder, dass sich die Anziehungskraft Frankfurts nicht hinter München, Hamburg, Köln oder Düsseldorf verstecken muss. Das Angebot, sei es an Arbeitsplätzen, an Einkaufsmöglichkeiten, an Kultur oder an Freizeitgestaltung, ist hochgeschätzt; die kurzen Wege der Stadt tun ein Übriges. Darüber hinaus bietet Frankfurt die größte Internationalität aller deutschen Städte.

Noch weiter steigende Attraktivität

Soviel zur Ausgangslage. Worüber man nicht diskutieren braucht: Frankfurt will auch zukünftig seine Attraktivität erhalten und ausbauen. Im Zentrum steht daher, dass die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien für die Wirtschaft, die es nach Frankfurt zieht, erfüllt werden kann. Und gleichzeitig muss den Menschen, die dort arbeiten, attraktiver und bezahlbarer Wohnraum geboten werden. Der Gewerbeimmobilienmarkt wird in Frankfurt am Main wie seit Jahrzehnten vom Bürosektor - in 2017 rund 75 Prozent des Investitionsvolumens - dominiert. 2017 erzielten Büroimmobilien einen Investmentumsatz von rund 5,6 Milliarden Euro. Die Büromieten steigen in nahezu allen Lagen bei gleichzeitig sinkenden Renditen, die Spitzenmieten liegen derzeit teilweise bei über 40 Euro pro Quadratmeter. Dass in der Büroflächenvermietung trotz Rekordumsätzen in den vergangenen Jahren Frankfurt noch immer eine überdurchschnittliche Leerstandsquote - gemäß verschiedener Maklerhäuser von rund 8 Prozent - ausweist, erweckt einen falschen Eindruck, denn eine Vielzahl dieser Objekte erfüllt nicht oder nur unzureichend die gegenwärtigen und zukünftigen Anforderungen hinsichtlich Lage, Ausstattungsqualität oder Zuschnitt. Somit besteht auf der Angebotsseite ein eindeutiger Mangel an hochwertigen, zentral gelegenen Büroflächen, und es ist in den kommenden Jahren mit einem anhaltenden Nachfrageüberhang am Frankfurter Büroimmobilienmarkt zu rechnen.

Revitalisierung als Trend

Ein zunehmender Trend neben dem Neubau auf den wenigen verbleibenden Flächen ist die Revitalisierung von bestehenden Büroimmobilien in attraktiven Lagen. Aktuelles Beispiel ist der neue "Global Tower": Die GEG German Estate Group wird den denkmalschutzwürdigen Gebäudeklassiker vollständig entkernen, komplett umbauen und als Bürohaus im "Vintage-Style" mit effizienten Büroflächen auf höchstem Niveau auf dem Frankfurter Immobilienmarkt neu positionieren.

Die größten Potenziale für Büroimmobilien in Frankfurt werden weiterhin dort zu finden sein, wo man konsequent in die Höhe baut. Welche Möglichkeiten überhaupt genutzt werden können, regelt der neue Hochhausrahmenplan 2018, der gerade überarbeitet wird und den letzten aus dem Jahr 2008, in dem nur noch 10 potenzielle Standorte für neue Hochhäuser ausgewiesen sind, ersetzen soll. Die von Hochhäusern geprägte Skyline ist für Frankfurt zum Markenzeichen geworden. Mit ihren Hochhausrahmenplänen will die Stadt die Entwicklung ihrer Skyline mitgestalten. Die Politik legt so fest, an welchen Standorten und bis zu welcher Höhe neue Hochhäuser gebaut werden dürfen.

Auch wenn die Verantwortlichen sich noch sehr bedeckt mit ihren neuen Plänen halten, ist zu erwarten, dass im Hochhausrahmenplan 2018 präzise Standorte oder Grundstücke für den Neubau von Hochhäusern ausgewiesen werden, anstatt wie in der Vergangenheit mehrere potenzielle Grundstücke umfassende Hochhausstandortzonen. Gleichzeitig dürften Sondergenehmigungen für Hochhausneubauten außerhalb des Rahmenplans künftig ausgeschlossen sein. Zudem könnten erstmals auch kleinere Hochhäuser mit einer Höhe von weniger als 60 Meter aufgenommen werden. Wie der neue Hochhausrahmenplan genau ausfallen wird, darauf sind alle sehr gespannt. Er wird in jedem Fall das Potenzial an zusätzlichen Flächen genauso mitbestimmen wie seine Grenzen.

Strategien für neue Wohnflächen

Mindestens so wichtig wie die Schaffung von hochwertigen und modernen Gewerbeflächen ist es, die Nachfrage nach Wohnimmobilien für all diejenigen, die in Frankfurt arbeiten und leben wollen, in gleicher Weise zu befriedigen. Den Schlüssel dafür halten die Kommunen in der Hand, die als einzige in der Lage sind, neue Flächen als Bauland auszuweisen und mit ihren Planungsvorgaben großen Einfluss darauf haben, wie effizient vorhandenes Bauland oder bestehende Bebauungen genutzt werden können. Ganz grundsätzlich lassen sich unterschiedliche Strategien identifizieren, mit denen man neue Wohnflächen schaffen kann.

Mit der Gewerbe- und Industrieflächenkonversion nimmt die Stadtplanung eine Umnutzung vorhandener Gewerbeflächen für Wohnraum vor. Ein gutes Beispiel dafür ist das im letzten Jahrzehnt entstandene, inzwischen sehr bekannte, Europaviertel in Frankfurt. Auf dem Areal des ehemaligen Hauptgüterbahnhofs in Frankfurt entstand ein völlig neuer Stadtteil mit Wohnraum, Gewerbeflächen und auch öffentlicher Nutzung. Mit städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen lassen sich sowohl neue Orte schaffen als auch vorhandene Orte zu neuen Siedlungsgebieten entwickeln. Entscheidend für den Erfolg ist dabei, dass die Planung der Kommune interessierten Investoren nicht nur Baumöglichkeiten eröffnet, sondern auch eine Struktur vorgibt, sodass die künftigen Einwohner attraktive Einkaufsgelegenheiten, Schulen, medizinische Versorgungseinrichtungen aber auch Dienstleistungsangebote vorfinden. Ein gelungenes Beispiel ist der neu entstandene Stadtbezirk Riedberg, aber auch das geplante Ernst-May-Viertel.

Nachverdichtung erschließt die Nutzung freistehender Flächen innerhalb einer bereits bestehenden Bebauung. Dies umfasst die Schließung von Baulücken oder den Abriss einzelner Gebäude um dort Neubauten mit einem größeren Flächenangebot zu errichten. Des Weiteren umfasst dies die Aufstockung von vorhandene Bauten oder die Umwandlung von offener Bebauung zu Blockrand-Bebauungen. Gerade die Geschichte der Frankfurter Innenstadt zeigt hier gute und vorbildliche Beispiele.

Ein aktueller Trend, der in den vergangenen Jahren auch Deutschland erreicht hat, hilft ebenfalls neue Potenziale zu erschließen: Das Leben im Hochhaus erfährt einen positiven Imagewandel. Kosmopolite Menschen auf der ganzen Welt sehnen sich inzwischen nach exklusiven Wohnimmobilien in besten Citylagen. Der Grund für den Sinneswandel ist einfach: Aus den Wohnsilos der siebziger Jahre, die oft isoliert in sozial schwierigen Randgebieten von Großstädten entstanden waren, sind heute Hochhäuser geworden, die nicht mehr alleine Wohnzwecken dienen, sondern den Anspruch haben, ihre Bewohner sowohl sozial als auch bezüglich einer guten Verkehrsanbindung in die Stadt zu integrieren und ihnen gleichzeitig Versorgung aber auch erstklassigen Komfort, wie Fitnessgelegenheiten oder Restaurants zu bieten, ohne dass man das Haus verlassen muss. Von spektakulären Ausblicken, die dem Hochhaus vorbehalten sind, einmal ganz abgesehen. In Frankfurt sind derzeit immerhin 20 Wohnhochhäuser in Planung.

Für mediales Aufsehen hat die Bekanntgabe des Riverpark Tower gesorgt, einem Projekt, bei dem Gewerbeflächen in Wohnraum umgewandelt werden. Konkret: die GEG German Estate Group wird einen bislang gewerblich genutzten Büroturm in direkter Mainlage zu einem offenen und transparenten Wohnturm umwandeln und damit ein echtes Landmark in der Frankfurter Skyline entwickeln.

Über die Stadtgrenzen hinaus denken

Frankfurt hält mit Sicherheit noch eine ganze Reihe weiterer Objekte bereit, welche das Potenzial zur Umnutzung von Büro in Wohnen haben. Allerdings ist bei der Auswahl der Objekte mit Bedacht vorzugehen; oftmals entscheiden Nuancen, wie Laufweite oder Deckenhöhen über Erfolg und Misserfolg solcher Projekte aus Investorenoder Projektentwicklersicht.

Trotz der vorhandenen und auch immer wieder genutzten Potenziale bleibt das Thema "Schaffung insbesondere von bezahlbarem Wohnraum" in Frankfurt eine Herausforderung und steht in der politischen Auseinandersetzung mit an erster Stelle. Das liegt vor allem daran, dass die Dynamik der Nachfrage unverändert hoch bleibt und mit der zunehmenden Ausschöpfung der bestehenden Potenziale die erschließbaren Flächenreserven im Stadtgebiet immer kleiner werden. Daher ist Frankfurt in höherem Maße als andere deutsche Großstädte auf Abstimmung und enge Kooperation mit den umliegenden Gemeinden beziehungsweise dem Regionalverband angewiesen, um gegebenenfalls dort neuen Wohnraum zu schaffen. Hier ist die Politik gefordert, über die Stadtgrenzen hinaus kreativ Lösungen zu suchen und zu finden.

Bei der öffentlichen Diskussion um bezahlbaren Wohnraum stellt sich insbesondere die Frage, wie man zu ausreichenden Wohnflächen für einkommensschwächere Menschen und Familien kommen kann. Geförderter Wohnungsbau bildet dabei immer wieder ein zentrales Thema: In Frankfurt gilt derzeit, dass bei Neubauvorhaben eine Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnraum vorzusehen ist. Kontrovers wird über eine Ausweitung der Anwendung der Wohnungsförderungsgesetze diskutiert, zum Beispiel die Verlängerung der Bindungsfristen. Dabei darf man nicht übersehen, dass Wohnbauvorhaben in Frankfurt zum überwiegenden Teil von privaten Investoren realisiert werden; die haben in dem aktuellen Wettbewerbsumfeld einerseits mit steigenden Bodenpreisen aber auch mit steigenden Baukosten zu kalkulieren und müssen gleichzeitig eine dem Risiko angemessene Rendite erwirtschaften.

Augenmaß bei der Reglementierung

Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass nach jahrelang uneindeutigen Regelungen, jetzt klare und für alle Bauherren gleichsam geltende Regeln herrschen. Eine zu starke Reglementierung führt jedoch dazu, dass alternative Investitionen attraktiver werden, was sich negativ auf die Neubauaktivitäten auswirken könnte. Hier sind die Kommunen aufgefordert mit Augenmaß und Sensibilität vorzugehen.

Die Praxis zeigt: Die Vielfalt der Möglichkeiten und auch der Potenziale ist groß. Sie zu erkennen und dann auch intelligent zu heben und zu realisieren ist allerdings keine einfache Aufgabe. Alle Stakeholder, von den Entscheidern in einer Kommune über die Experten, die solche Prozesse zu strukturieren verstehen, bis hin zu den Investoren, die interessiert und motiviert werden wollen, und den betroffenen Bürgern müssen einen effizienten Weg entwickeln, um mit vertretbaren Aufwand zu einem guten und realisierbaren Ergebnis zu gelangen, das auch am Markt auf Akzeptanz stößt.

DER AUTOR ULRICH HÖLLER, Vorsitzender des Vorstands, GEG German Estate Group AG, Frankfurt am Main
Ulrich Höller , Geschäftsführender Gesellschafter, ABG Real Estate Group
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