RECHT UND STEUERN

GRUNDERWERBSTEUER UND GRUNDSTEUER VOR DER REFORM: EINE BESTANDSAUFNAHME

Angelika Knaus, Foto: Ebner Stolz

Jeweils rund 14 Milliarden Euro pro Jahr spülen Grunderwerbsteuer und Grundsteuer den Bundesländern beziehungsweise Kommunen in die Kassen. Diese beiden wichtigen Einnahmequellen stehen aktuell bekanntlich vor wegweisenden Reformen. So soll zum einen das Grunderwerbsteuerrecht weiter verschärft werden. Insbesondere die sogenannten Share Deals, die dem Fiskus bereits seit längerem ein Dorn im Auge sind, dürften dabei künftig stärker besteuert werden. Und zum anderen nimmt die Reform der Grundsteuer nach jahrzehntelangen, vergeblichen Bemühungen derzeit Gestalt an. Anfang April hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Grundsteuer vorgestellt, der allerdings prompt auf Kritik - vor allem aus Bayern - stieß und somit wohl noch erheblichen Anpassungsbedarf hat. Die Autorin beleuchtet im folgenden Beitrag den Status quo bei diesen beiden essenziellen Immobiliensteuern und erklärt, worauf sich die Marktakteure künftig voraussichtlich werden einstellen müssen. Red.

Die Nachfrage nach Immobilien ist in Deutschland weiterhin hoch. Immer öfter fehlt es am Angebot oder Baugrund. Weiterhin zögern viele Eigentümer, ihre Immobilien zu verkaufen, da ihnen Alternativanlagen für den Veräußerungspreis fehlen.

Kommt es zum Verkauf, spielen die steuerlichen Themen eine nicht unbeachtliche Rolle an den Verkaufsgesprächen. Zu klären ist, welche Steuern anfallen und wer diese wirtschaftlich zu tragen hat. Im nachfolgenden Beitrag werden zwei Immobiliensteuern, die derzeit reformiert werden sollen, näher beleuchtet.

Die Grunderwerbsteuer - eine unbeliebte Steuer

Beim Kauf von Immobilien fällt Grunderwerbsteuer an. Je nach Bundesland beträgt diese derzeit zwischen 3,5 und 6,5 Prozent. Für die Bundesländer stellt die Grunderwerbsteuer eine wichtige Einnahmequelle dar. Im Jahr 2018 betrugen die Einnahmen nach einer Steigerung um 7,2 Prozent 14,1 Milliarden Euro (vgl. Monatsbericht des BMF vom 15. Januar 2019).

Und trotz der erheblichen Mehreinnahmen sind die Länderfinanzminister bestrebt, das Grunderwerbsteuerrecht weiter zu verschärfen und insbesondere Share Deals stärker zu besteuern. Bislang war es möglich, ohne Grunderwerbsteuer Anteile an immobilienhaltenden Kapitalgesellschaften zu erwerben, wenn der Käufer weniger als 95 Prozent der Anteile (unmittelbar und/ oder mittelbar) und entweder ein Dritt-Investor den Minderheitsanteil erwarb oder der bisherige Anteilseigner mit mehr als fünf Prozent beteiligt blieb.

Neuer Ergänzungstatbestand und Reduzierung der Grenze

Dieses "Modell" ist in Verruf geraten. Geplant ist nun, wie bei immobilienhaltenden Personengesellschaften, unabhängig von der Anzahl und der Beteiligungshöhe seitens der Erwerber, die Veränderung im Anteilseignerbestand (unmittelbar und mittelbar) ab mindestens 90 Prozent der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Die Länderfinanzminister gehen davon aus, dass ein Altgesellschafter kein Interesse haben wird, zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer mit mindestens zehn Prozent beteiligt zu bleiben. Dieselbe Grenze soll auch für immobilienhaltende Personengesellschaften gelten.

Bei immobilienhaltenden Personengesellschaften ist bislang eine Fünfjahresfrist einschlägig, innerhalb der Änderungen im Gesellschafterbestand nicht die bisherige 95-Prozent-Grenze überschreiten dürfen, die auf zehn Jahre ausgeweitet werden soll. Für immobilienhaltende Kapitalgesellschaften soll die Zehnjahresfrist neu eingeführt werden. In der Praxis wird diese Frist voraussichtlich zu Schwierigkeiten führen, da ein langer Zeitraum zu beobachten ist und sowohl unmittelbare als auch mittelbare Anteilsveränderungen bei der Prüfung der zudem auf 90 Prozent geminderten Schwelle einzubeziehen sind. Oft sind mittelbare Veränderungen den immobilienhaltenden Gesellschaften gar nicht bekannt (beispielsweise bei grenzüberschreitenden Investitionen). Daneben ist unklar, wie mit börsennotierten Aktiengesellschaften verfahren wird, denen in der Regel keine Informationen vorliegen, wann und in welchem Umfang ihre Anteile übertragen werden und ob sie daher zum Beispiel sogar mehrfach Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer sein könnten.

Die Verschärfungen treffen nicht nur Immobilieninvestoren, sondern alle immobilienhaltenden Gesellschaften. Aufgrund der hohen Steuersätze stellt die Grunderwerbsteuer zwischenzeitlich einen erheblichen Kostenblock dar. Regelmäßig wird beim Kauf von Immobilien die wirtschaftliche Last der Steuer auf den Käufer abgewälzt, obwohl Verkäufer und Käufer nach dem Gesetz Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer sind. Wie bei immobilienhaltenden Personengesellschaften schon bisher der Fall, soll nun auch bei immobilienhaltenden Kapitalgesellschaften die Gesellschaft Steuerschuldnerin der Grunderwerbsteuer werden. Dies wird vermutlich bei der Kaufpreisermittlung zu beachten sein und dürfte die künftigen Kaufpreise für Anteilserwerbe reduzieren.

Daneben muss davon ausgegangen werden, dass bei mehr Transaktionen als bisher Grunderwerbsteuer ausgelöst wird. Unklar ist derzeit, wann die Zehnjahresfrist erstmalig zur Anwendung kommen soll und ab wann Anteilserwerbe als Zählmoment (mit oder ohne Rückwirkung) zu beachten sind. Hier droht ein erhebliches Steuerrisiko.

Die Grundsteuer - eine vernachlässigte Steuer

Nach jahrzehntelangen Reformbemühungen zur Änderung der Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer hat nun das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 10. April 2018 entschieden, dass die bisherigen Regelungen verfassungswidrig sind. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu finden.

Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre angewendet werden, längstens bis zum 31. Dezember 2024. Sollte eine Neuregelung bis zum 31. Dezember 2019 hingegen nicht erzielt werden, darf die Grundsteuer auf Basis der bisherigen Einheitsbewertung ab dem 1. Januar 2020 nicht mehr erhoben werden. Es drohen damit auf Ebene der Städte und Gemeinden Steuerausfälle in Höhe von 14 Milliarden Euro.

Am 1. Februar 2019 haben sich Bund und Länder auf Eckpunkte für die Grundsteuerreform geeinigt. Das Bundesministerium der Finanzen hat zwischenzeitlich einen Referentenentwurf des Grundsteuer- und Bewertungsrechts in die Ressortabstimmung eingebracht. Der bislang vorgesehene Termin für den Kabinettsbeschluss Ende April ist dem Vernehmen nach nicht mehr zu halten, da vorab noch verfassungsrechtliche Bedenken besprochen werden sollen.

Ziele: Aufkommensneutralität und automatisiertes Verfahren

Vorab: Die Grundsteuerreform soll aufkommensneutral erfolgen. Eine Maßnahme, um das Aufkommen möglichst gleichbleibend zu halten, besteht darin, die sogenannte Steuermesszahl, mit der der neu ermittelte Grundsteuerwert zunächst multipliziert wird, erheblich zu reduzieren (bislang: 3,5 von Tausend, neu: 0,34 von Tausend). Erst in einem zweiten Schritt wird dann der gemeindliche Hebesatz angewendet. Ziel des Gesetzgebers ist, dem bisherigen sogenannten Messbetragsvolumen möglichst nahe zu kommen.

Daneben enthält der Referentenentwurf einen Appell an die Gemeinden, die durch die Neubewertung resultierenden Belastungsverschiebungen durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen. Ob dies letztlich so erfolgen wird, bleibt jedoch offen. Für den sozialen Wohnungsbau, für kommunale und genossenschaftliche Wohnungsgesellschaften sowie für Vereine und gemeinnützige Unternehmen sieht der Entwurf eine Reduzierung der Steuermesszahl um 25 Prozent vor.

Die Erhebung der Grundsteuer erfolgt in einem Massenverfahren. Die Finanzverwaltung geht von 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten in Deutschland aus. Die Ermittlung der Einheitswerte soll künftig regelmäßig alle sieben Jahre stattfinden, um nicht erneut vor dem Bundesverfassungsgericht zu landen. Um dies zu erreichen, ist eine weitgehend automatisierte Ermittlung geplant. Beispielsweise sollen die Erklärungen elektronisch eingereicht oder gescannt werden und rein automationsgestützt weiterverarbeitet werden.

Umfassende Anzeige- und Meldepflichten

Daneben sieht der Referentenentwurf umfassende Anzeige- und Meldepflichten seitens der Grundstückseigentümer als auch von Bundes- und Landesbehörden vor. Die Grundstückseigentümer haben auf Anforderung Angaben zu den Kauf-, Miet- und Pachtpreisen zu machen. Die nach Bundesund Landesrecht zuständigen Behörden sollen rechtliche und tatsächliche Umstände mitteilen, die ihnen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt werden. Den Grundbuchämtern wird auferlegt, die Eintragung eines neuen Eigentümers oder Erbbauberechtigten mitzuteilen.

Unbebaute Grundstücke sollen nach ihrer Fläche multipliziert mit dem Bodenrichtwert bewertet werden. Es ist vorgesehen, dass die Bodenrichtwerte von den Gutachterausschüssen auf den Hauptfeststellungszeitpunkt ermittelt, veröffentlicht und elektronisch an die zuständigen Finanzbehörden übermittelt werden.

Bebaute Grundstücken sollen vorrangig in einem vereinfachten Ertragswertverfahren bewertet werden. Kann für Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und Teileigentum auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermittelt werden, soll ein vereinfachtes Sachwertverfahren als Auffangverfahren zur Anwendung kommen.

Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren

Dem Ertragswertverfahren liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der objektivreale Wert eines Grundstücks aus seinem nachhaltig erzielbaren Reinertrag ermitteln lässt (Sollertrag). Daher soll in einem ersten Schritt der über die Restnutzungsdauer des Gebäudes kapitalisierte jährliche Reinertrag des bebauten Grundstücks und der über die Restnutzungsdauer des Gebäudes abgezinste Bodenwert ermittelt werden.

Bei Wohngrundstücken (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) soll ein vorgegebener durchschnittlicher Sollertrag in Form der aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmiete je Quadratmeter Wohnfläche angesetzt werden. Hierbei sind Zu- und Abschläge für Unterschiede beim Mietniveau in den Gemeinden sowie in Großstädten ab 600 000 Einwohnern vorgesehen.

Das Sachwertverfahren ist als Auffanglösung insbesondere für Nichtwohngrundstücke, für die auf dem Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermittelt werden kann, vorgesehen. Der Sachwert ermittelt sich aus dem Bodenwert und Gebäudewert, dessen Summe dann im zweiten Schritt mittels einer Wertzahl (Marktanpassungsfaktor) an die objektiv-realen Marktbedingungen angepasst werden soll. Im Ergebnis ist somit auch das Sachwertverfahren als typisiertes und damit vereinfachtes Verfahren ausgestaltet.

Parallele Geltung des alten und neuen Rechts

Die erste Hauptfeststellung nach neuem Recht soll zum 1. Januar 2022 erfolgen, wobei die Anwendung der neuen Grundsteuerwerte aber erst zum 1. Januar 2025 vorgesehen ist. Die bisherigen Einheitswerte bleiben damit bis zum 31. Dezember 2024 maßgeblich.

Neben dem vorgenannten Entwurf wurde darüber hinaus auch ein Gesetzentwurf zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken, die sogenannte Grundsteuer C, in die Ressortabstimmung eingebracht.

Grundsteuer C zur Reduzierung des Wohnungsmangels

Ziel dieser Gesetzesinitiative ist es, Anreize zu schaffen, baureife Grundstücke zu bebauen und den Wohnungsmangel insbesondere in Ballungsräumen zu reduzieren. Angesprochen sind in diesem Zusammenhang Investoren, die baureife Grundstücke trotz Wohnungsnot lediglich als Spekulationsobjekt halten.

Dazu sollen die Gemeinden die Möglichkeit erhalten, einen erhöhten, einheitlichen Hebesatz auf baureife Grundstücke festzusetzen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Preiswirkung auf die Gesamtkosten von Bauvorhaben nicht ausgeschlossen werden kann.

DIE AUTORIN ANGELIKA KNAUS LL.M., Steuerberaterin und Senior Managerin, Ebner Stolz, Stuttgart
Angelika Knaus , Steuerberaterin und Senior Managerin, Ebner Stolz
Noch keine Bewertungen vorhanden


X