PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

DIE HARMONISIERUNG EUROPÄISCHER COVERED BONDS AUS INVESTORENSICHT

Philipp Waldstein Quelle: MEAG

In den Anlageportfolios institutioneller Investoren spielen Pfandbriefe und Covered Bonds traditionell eine große Rolle. Dank ihrer strengen Qualitätsstandards gelten die Produkte als besonders solides Investment für diese konservative Anlegergruppe. Damit sich daran im Zuge der aktuell auf der Zielgeraden befindlichen europäischen Gesetzesharmonisierung nichts ändert, ist es nach Einschätzung des Autors entscheidend, dass die EU-Kommission keine zu lockeren Mindestanforderungen beschließt. Grundsätzlich bewertet er die Vorschläge der EU-Kommission als positiv. Gleichwohl identifiziert er in einigen Punkten noch "wesentlichen Änderungs- beziehungsweise Klarstellungsbedarf". Genau wie der vdp (siehe Interview mit Jens Tolckmitt in dieser Ausgabe) plädiert er dabei insbesondere für eine strengere Definition der bislang relativ weit gefassten Vorschriften für geeignete Deckungswerte. Red.

Im Zuge der Umsetzung der Kapitalmarktunion in Europa will die EU die Regeln für gedeckte Schuldverschreibungen europaweit harmonisieren. Der für die Finanzmarktregulierung zuständige Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis hat dazu Mitte März diesen Jahres einen entsprechenden Gesetzesentwurf für eine Harmonisierung der europäischen Covered-Bond-Gesetze vorgelegt, der im Wesentlichen aus einer neuen EU-Richtlinie für Covered Bonds und Änderungen der Kapitaladäquanzverordnung-Kriterien (CRR) besteht.

Für Deutschland sind die Vorschläge in doppelter Hinsicht besonders wichtig, da einerseits die deutschen Pfandbriefe direkt betroffen sind, andererseits wichtige und große deutsche Investoren wie Versicherungen beziehungsweise versicherungsnahe Vermögensmanager in erheblichem Umfang in Pfandbriefe und andere Covered Bonds investieren. Der Begriff Covered Bond steht für bestimmte gedeckte Schuldverschreibungen aus unterschiedlichen Ländern, die alle bestimmte Charakteristika und Qualitätsanforderungen vorweisen müssen. Covered Bonds unterscheiden sich von anderen ebenfalls gedeckten Kapitalmarktprodukten wie zum Beispiel Asset-Backed Securities (ABS) oder sogenannte Collateralized Bonds.

Europäische Entscheidung mit globalen Auswirkungen

Neben Deutschland sind Länder mit einem traditionellen und großen Covered-Bond-Markt zum Beispiel Dänemark, Frankreich und Schweden. Andere EU-Staaten sind nachgezogen und haben Covered Bonds ebenfalls als ein sehr effizientes Kapitalmarktprodukt entdeckt und ausgebaut, während wiederum dritte in der EU das Thema weniger beschäftigt. Auch außerhalb der EU ist das Produkt Covered Bond durchaus beliebt. Dies gilt sowohl aufseiten der Investoren als auch aufseiten der Emittenten.

Außerhalb der EU emittierte Covered Bonds sind nicht direkt von den Harmonisierungsplänen der EU betroffen. Allerdings werden die von der EU getroffenen Entscheidungen auch auf diese Märkte ausstrahlen. Es ist zu erwarten, dass die Regelungen der EU als eine Art Blaupause für Länder dienen werden, die neu am Covered-Bond-Markt aktiv werden wollen. Zum anderen werden aber auch bereits am Covered-Bond-Markt aktive Länder außerhalb der EU sicherstellen, die Regelungen der EU möglichst einzuhalten, um keine Nachteile im internationalen Vergleich zu haben.

Die EU-Kommission will mit der Harmonisierung von Covered Bonds diesen Markt fördern. Covered Bonds sind eine wichtige und effektive Quelle zur Refinanzierung von insbesondere privaten und gewerblichen Hypotheken, die besonderen Qualitätsanforderungen genügen müssen sowie von Krediten aus dem öffentlichen Sektor. Covered Bonds gelten aus Anlegersicht als besonders sicher, was sich auch an ihrer hohen Bonität zeigt. Daher ist es für Banken und Anleger entscheidend, dass die EU-Kommission keine zu lockeren Mindestanforderungen und Regelungen beschließt. Niedrige Qualitätsstandards könnten sich negativ auf die hohe Bonität sowie die große Beliebtheit dieses Produktes auswirken.

Erfolg schützt nicht vor Innovationen

Dabei geht aus Sicht eines deutschen institutionellen Investors nicht darum, die Alleinstellungsmerkmale des deutschen Pfandbriefs zu schützen. In Deutschland hat es sich der deutsche Pfandbriefmarkt aus unserer Anlegersicht zuweilen etwas zu leicht gemacht. Gerne hat man sich hinter den Paragrafen des strengen deutschen Pfandbriefgesetzes versteckt, um zum Beispiel Forderungen nach höherer Transparenz des Deckungsstocks abzuweisen. Investoren haben immer ein hohes Interesse, möglichst genau zu wissen, durch welche Sicherheiten ihre Anleihen gedeckt sind.

Andere Länder sind in puncto Transparenz des Deckungsstocks deutlich weiter gegangen. Zum einen bedingt durch die Notwendigkeit, die Qualität des Deckungsstocks aus Wettbewerbsgründen nachweisen zu müssen, aber in manchen Fällen auch einfach nur aus einem Innovationsgedanken, um zu zeigen, dass auch Anbieter eines traditionellen und am Markt etablierten Produkts wie der Covered Bonds durchaus auf gestiegene Anforderungen von institutionellen Investoren eingehen können. Investoren honorieren dies, und der deutsche Pfandbriefmarkt muss aufpassen, nicht in seiner glanzvollen Tradition zu erstarren.

Einheitliches Grundgerüst als Schutz vor Verwässerung

Aus Investorensicht ist eine eindeutige Klassifizierung der Covered Bonds wichtig. Nicht zielführend ist eine Erweiterung der zugelassenen Deckungswerte und Vermischung mit andersartigen Wertpapieren, wie zum Beispiel Collateralized Bonds. Der Fokus sollte stattdessen auf den traditionellen Charakteristika des Produktes liegen. Allerdings ist eine strenge Reduzierung auf den Standard der deutschen Pfandbriefe weder nötig noch sinnvoll. Eine Standardisierung soll dem Qualitätsbegriff Rechnung tragen aber kein starres Korsett darstellen. Der Standard soll sich weiter entwickeln können und er darf gerne auch den unterschiedlichen Marktgegebenheiten in und außerhalb Europas Rechnung tragen. Im Wettbewerb der Anbieter soll der Covered Bond mit Blick auf die gestiegenen und sich weiter entwickelnden Ansprüche der Anleger seine Effizienz und Marktgängigkeit verbessern.

Konkret bedeutet dies, dass nationale Besonderheiten berücksichtigt werden und genügend Platz unter dem Mantel des einheitlichen Standards finden sollten. Dieser einheitliche Standard sollte die wesentlichen im Markt vorherrschenden Charakteristika und Qualitätsstandards von Covered Bonds widerspiegeln. Es sollte sichergestellt werden, dass hierbei weder eine Verwässerung der sich über Jahre am Markt entwickelten hohen Qualitätsanforderungen noch eine Aufweichung der sich bewährten Beschränkungen bezüglich der Deckungswerte möglich sind.

Ergänzende nationale Regelungen sind gewünscht und notwendig

Die anfängliche Bestrebung seitens der EU, alle Covered Bonds in ein starres und alles umfassendes europäisches Covered-Bond-Gesetz zu pressen, hat sich in der Praxis als nicht durchführbar gezeigt. Es gibt Regelungen, wie zum Beispiel die zur Abwicklung von Insolvenzen, die zwingend einer nationalen statt europäischen Gesetzgebung unterliegen müssen. Zudem gibt es nationale Spezialitäten, wie zum Beispiel die deutsche Regelung zur Beleihungswertermittlung oder die Emissionsbegrenzungen bezüglich des regulatorischen Kapitals beziehungsweise Gesamtkapitals. Das bedeutet in der Konsequenz, dass zusätzlich zu den durch die EU vorgegebenen einheitlichen Mindestanforderungen zur Harmonisierung für Covered Bonds jedes Land "on top" noch traditionelle oder marktspezifisch notwendige Regelungen hinzufügen kann.

Die neue EU-Richtlinie enthält deshalb nur sogenannte Mindeststandards für Wertpapiere, die den Namen "European Covered Bonds" tragen dürfen und somit regulativ anerkannt sind. Die finalen Regelungen werden wohl in fast allen relevanten nationalen Märkten durch entsprechende länderspezifische Bestimmungen erweitert werden. Die Harmonisierung von Covered Bonds durch die EU umfasst also nur das unbedingt notwendige Rahmenwerk, das einzuhalten ist, um regulativ anerkannte Covered Bonds zu emittieren. Es bietet wie bisher von den Investoren gewohnt genügend Raum für unterschiedliche Relative-Value-Bewertungen zwischen den verschiedenen am Markt aktiven Ländern.

Kritische Würdigung der Vorschläge

Die Vorschläge der EU-Kommission zur Regelung der europäischen Covered Bonds sind insgesamt als positiv zu bewerten. Die EU hat sich in ihrem Vorschlag weitgehend an den Empfehlungen der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde orientiert, die Ende 2016 vorgelegt wurden. Allerdings besteht aus Sicht der Investoren in einigen Punkten noch wesentlicher Änderungs- beziehungsweise Klarstellungsbedarf. Die Hautpunkte hierbei sind:

- Im Artikel 6 des Vorschlages der EU-Kommission wird auf die Definition der geeigneten Deckungswerte eingegangen. Nach unseren Auffassung ist hier die Definition zu weit gefasst. Neben den klassischen Deckungswerten (insbesondere Hypotheken und öffentliche Forderungen) sollen auch nicht näher definierte "andere Vermögenswerte hoher Qualität" unter bestimmten Bedingungen als Deckungswerte zulässig sein. Damit Investoren hinreichende Klarheit haben, muss nach unserer Auffassung festgelegt werden, was hier mit anderen Vermögenswerten hoher Qualität gemeint ist beziehungsweise welche Vermögenswerte nicht unter diese Definition fallen können. Wie zuvor erwähnt, sollte im Rahmen der Harmonisierung keine Vermischung mit anderen gedeckten Schuldverschreibungen stattfinden.

- Die Einrichtung von Mindeststandards wäre unseres Erachtens auch in Bezug auf den Artikel 10 der Covered-Bond-Richtlinie wünschenswert. Die hier erwähnte Vorgabe eines "ausreichenden Maß an Homogenität" der Deckungsmasse könnte bei der nationalen Umsetzung zu einer zu weiten Auslegung führen. Das bedeutet, dass ein Deckungsstock, der mit privaten Hypotheken am Markt platziert wird, für Investoren unerwartet zu einem hohen Anteil aus gewerblichen Hypotheken besteht oder mit Schiffskrediten angereichert werden kann. Für Investoren ist nicht nur die Transparenz des Deckungsstocks beim Erwerb wichtig, sondern auch dessen mögliche Entwicklung im Zeitablauf während der Haltedauer. Bis zu welchen Grad ein Deckungsstock aus gemischten Assets bestehen kann und wo hier die Grenzen gesetzt werden, ist die entscheidende Frage.

- Die Covered-Bond-Richtlinie ermöglicht in Artikel 14 den EU-Ländern in puncto Transparenz der Deckungsstockdaten hohe Flexibilität. Dies könnte dazu führen, dass die Bereitstellung der Deckungsstockdaten unter die aktuell üblichen Transparenzstandards fallen könnte. Investoren haben über das Covered Bond Investor Council (CBIC) zusammen mit Emittenten über Jahre an einem harmonisierten Transparenztemplate (HTT) gearbeitet: Das HTT ist seit einiger Zeit durch das Europäische Covered Bond Council (ECBC) in Verbindung mit dem ECBC Covered Bond Label verfügbar. Aus Investorensicht wäre es wünschenswert, wenn das HTT in den Er wägungsgründen zu Beginn der Covered-Bond-Richtlinie als hoher Transparenzstandard erwähnt wird.

- Die Formulierung des Artikels 16, welcher sich mit den Anforderungen für den Liquiditätspuffer beschäftigt, lässt aus Investorensicht zu viel Spielraum. Möglicherweise könnten die von Banken vorzuhaltenden liquiden Vermögenswerte zur Erfüllung der Mindestliquiditätsquote (LCR) Anforderungen auf den Liquiditätspuffer für das Covered-Bond-Programm angerechnet werden. Der außerhalb der Deckungsmasse vorzuhaltende LCR-Puffer würde nicht den gleichen Schutz für Covered-Bond-Investoren bieten wie der Covered Bond spezifische Liquiditätspuffer innerhalb einer Deckungsmasse. Eine eventuelle Anrechnung des allgemeinen LCR-Puffers auf den Liquiditätspuffer wird von Investoren kritisch gesehen.

- Klarstellungsbedarf besteht aus Investorensicht auch bei Artikel 17, der auf die Konditionen von Strukturen mit verlängerbaren Laufzeiten eingeht. Aus unserer Sicht ist der Trigger für eine solche Laufzeitenverlängerung zu ungenau. Die Formulierung in der Covered-Bond-Richtlinie ist zu schwach. Sie lautet lediglich, "die Entscheidung darf nicht im Ermessenspielraum des Emittenten liegen". Dagegen sollte eine Verlängerung der Laufzeit nur vorgenommen werden dürfen, "um die Insolvenz des Deckungsstocks zu verhindern".

Eine Harmonisierung von Covered Bonds kann nur soweit erfolgen, insofern keine Aufweichung oder Verwässerung des harten und von Investoren nachgefragten Qualitätsstandards droht. Der Mitte März von der EU-Kommission unterbreitete Vorschlag einer Covered-Bond-Richtlinie hat bislang eher den Charakter von Mindestanforderungen für gedeckte Schuldverschreibungen, die den Namen "European Covered Bonds" tragen dürfen und somit regulativ als Covered Bonds anerkannt werden. Da diese Mindestanforderungen in der Regel durch spezielle nationale Regelungen für Covered Bonds ergänzt werden, ist es nicht verwunderlich, dass die vorgeschlagene Covered-Bond-Richtlinie als schwächer im Vergleich zu einem durchschnittlichen existierenden Covered-Bond-Gesetz eingestuft werden muss. Aus politischer Sicht ist das derzeitige Ergebnis nicht verwunderlich, muss doch mit Blick auf den finalen Einigungsprozess noch ein gemeinsamer Nenner zwischen den 28 Mitgliedstaaten gefunden werden.

Beurteilung abhängig von Ausgestaltung des Artikels 6

Sollten die angesprochenen Punkte, die noch Änderungs- beziehungsweise Klarstellungsbedarf erfordern, für Investoren zufriedenstellend gelöst werden können, so würde dies unsere positive Bewertung der Covered-Bond-Richtlinie der EU-Kommission unterstreichen. Mit die kritischste Frage hierzu ist, ob sich EU-Parlament und EU-Ministerrat in dem laufenden Gesetzgebungsverfahren auf eine Ausweitung der erlaubten Deckungswerte auf "andere Vermögenswerte hoher Qualität" verständigen (Artikel 6) oder es bei den bisher bekannten Deckungswerten (insbesondere Hypotheken und öffentliche Forderungen) belassen. Sollte es zu einer Ausweitung kommen, wäre die Einbindung der Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zwecks genauer Eingrenzung der Deckungswerte zu begrüßen. Die Covered-Bond-Richtlinie stellt eine mustergültige und vorbildliche Orientierung für alle Länder dar, die noch kein Covered-Bond-Gesetz haben, aber eines verabschieden möchten. Eine Verbreiterung des Covered-Bond-Marktes auf weitere Länder würde die Möglichkeiten der Investoren zur Diversifikation und zu Relative-Value-Trades erweitern. Gerade in der aktuellen Phase am Ende eines langen Ankaufprogramms seitens der Zentralbanken ist es wichtig, dass der Covered-Bond-Markt für aktive, neue und zurückkehrende Investoren gute und attraktive Anlagemöglichkeiten zu bieten hat.

DER AUTOR PHILIPP WALDSTEIN, Geschäftsführer, MEAG, München
 
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