PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

HARMONISIERUNG EUROPÄISCHER COVERED BONDS - RISIKOVIELFALT BESTEHT UNVERÄNDERT FORT

Karlo Stefan Fuchs Quelle: Scope

Als wichtiger Baustein der europäischen Kapitalmarktunion nahm das Gesetzesvorhaben zur Harmonisierung der Covered Bonds in der europäischen Union vor über fünf Jahren seinen Anfang. Mit der nun im März 2018 präsentierten, prinzipienbasierten Direktive verwirklicht die EU-Kommission nach Ansicht der Autoren wichtige Zielsetzungen. Dazu gehören vor allem der erleichterte Zugang zum Produkt für kleinere Emittenten sowie die Erweiterung der Investitionsmöglichkeiten für Anleger. Gleichwohl sehen sie insbesondere Investoren auch künftig unverändert in der Pflicht, ihre Investments sorgfältig zu prüfen. Denn die Etablierung von Mindeststandards führe nicht automatisch zu einer Angleichung der Risikoprofile von Emittenten und Covered-Bond-Programmen. Ebenso wenig gehen sie davon aus, dass Ratings eine Angleichung erfahren werden. Red.

Mit Vorlage einer Direktive zu einer prinzipienbasierten Harmonisierung der europäischen Covered-Bond-Gesetzgebungen am 12. März dieses Jahres und der Verabschiedung der Direktive vor dem Abschluss der Legislaturperiode wird die Europäische Kommission einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer EU-Kapitalmarktunion erreicht haben. Als Reaktion auf die Harmonisierungsdirektive erwartet Scope Ratings zwischen 2019 und 2020 Covered-Bond-Gesetzesnovellen in den meisten europäischen Staaten.

Investoren können durch die geplanten Vereinheitlichungen in Zukunft ihr Covered-Bond-Investmentspektrum auf weitere Länder ausweiten und künftig von höheren gesetzlichen Mindeststandards für Covered Bonds profitieren. Nach Ansicht von Scope Ratings sollten sich Investoren allerdings bewusst sein, dass auch unter Beachtung dieser Mindeststandards Emittenten das Risikoprofil von Covered Bonds stark verändern können und auch nach der Implementierung der Direktive weiterhin signifikante Unterschiede in der Kreditqualität von Covered Bonds bestehen bleiben.

Die Direktive adressiert die Mindestqualität und Sicherheit des Deckungsstocks. Covered-Bond-Ratings reflektieren allerdings auch das Kreditrisiko der emittierenden Bank. Ferner hat auch das makroökonomische Umfeld Auswirkungen auf die Kreditqualität der Bank und der Deckungsmasse.

Level Playing Field gilt nicht für die Kreditqualität

Seit der Finanzkrise haben die europäischen Aufsichtsbehörden erweiterte Möglichkeiten mit dem Ziel geschaffen, die Insolvenz einer Bank (eines Covered-Bond-Emittenten) und damit die Notwendigkeit eines potenziellen staatlichen "Bail-outs" zu vermeiden. Hierzu zählen unter anderem höhere Eigenkapitalanforderungen als auch die Möglichkeit von Bank-Restrukturierungen und die Fähigkeit einer Rekapitalisierung mittels "Bail-in". Ein alleiniger Rückgriff auf den Deckungsstock wird damit zu einem sehr unwahrscheinlichen Szenario.

Die Direktive sorgt mit einer Definition von Mindeststandards für eine gute Qualität des Deckungsstockes eines Covered Bonds. Sie hat aber nur indirekt Auswirkungen auf die Kreditqualität des Emittenten, dessen Rating der Dreh- und Angelpunkt eines jeden Covered-Bond-Ratings ist. Außerdem kann sie nicht verhindern, dass europäische Banken unterschiedlich intensivem Wettbewerb ausgesetzt sind und sich das makroökonomische Umfeld in den einzelnen Ländern unterscheidet.

Prinzipienbasierte Direktive legitimiert regulatorische Bevorzugung

Dies führt zu unterschiedlichen Ausprägungen sowohl der Kreditqualität der Bank als auch der deckungsstockfähigen Aktiva. Daher kann die Direktive keine vollständige Angleichung der Kreditqualität von Covered Bonds erreichen. Die zu erwartenden Mindeststandards führen insbesondere zu einer Klärung in Bezug auf die Insolvenzfestigkeit des Produktes. Auch künftig werden Pfandbriefe und sonstige Covered Bonds daher regelmäßig über ein höheres Rating als die emittierende Bank verfügen.

Ausgangspunkt der Direktive war eine Anfrage der Europäischen Kommission im Jahr 2013, ob die bevorzugte regulatorische Behandlung europäischer Covered Bonds auf Basis der weichen, europaweit gültigen Definitionen1) gerechtfertigt ist. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) kam damals zu dem Ergebnis, dass eine solche Bevorzugung grundsätzlich gerechtfertigt ist, die Kriterien jedoch genauer zu definieren seien, unter denen sich Covered Bonds für eine solche Bevorzugung qualifizieren.

Die daraufhin erarbeitete Blaupause einer prinzipienbasierten Direktive wird zu einer einheitlichen Definition von europäischen Covered Bonds führen. Lediglich solche Covered Bonds, die dieser Direktive entsprechen, werden in Zukunft von den Privilegierungen, zum Beispiel in der EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten (BRRD), der Kapitaladäquanzverordnung (CRR) sowie Liquiditätsanforderungen (LCR), profitieren können. Die Definition ergibt sich künftig aus der nationalen Umsetzung der Direktive mit Verweis auf die CRR welche wiederum Anforderungen an die Art der Besicherung beschreibt (zum Beispiel LTV Limits).

Die Kernelemente eines Covered Bonds werden im Wesentlichen den im Jahr 2016 von der EBA etablierten "Best-practice-Regeln" folgen. Diese wurden aus den existierenden europäischen Covered-Bond-Gesetzen abgeleitet. Infolgedessen werden Anpassungen dieser Gesetze in den meisten Ländern notwendig sein. Aufgrund der Orientierung an bestehenden Gesetzen werden jedoch Implikationen auf diese Märkte und Ratings in den meisten Fällen überschaubar bleiben.

Das Ziel der Kommission mithilfe der Mindeststandards die Risikoprofile der EU-Covered-Bonds anzugleichen und die in der Staatsschuldenkrise beobachtete Volatilität der Kreditqualität zu reduzieren, ist jedoch nur bedingt erfolgversprechend. Der wesentliche Risikotreiber für die Bestimmung der ratingunterstützenden Überdeckung ist die Fristeninkongruenz zwischen Aktiv- und Passivseite. Die Direktive fokussiert hier im Wesentlichen auf die Sicherstellung der kurzfristigen Liquidität (siehe Kasten). Bezüglich der strukturellen Inkongruenz finden sich keine speziellen Ausführungen in der Direktive.

Verpasste Chance hinsichtlich wesentlicher Risikotreiber

Aus Sicht von Scope wird hier die Chance verpasst, den größten und häufig nicht sehr transparenten Risikotreiber eines Covered Bonds einzugrenzen. Dass dieses Risiko nicht stärker reglementiert wird, ist verwunderlich, da im Rahmen der "Harmonisierungs-Auswirkungsstudie"2) die Reduzierung dieses Risikotreibers von Marktteilnehmern als zweitwichtigster Punkt genannt wurde, den die Harmonisierung erreichen sollte. Investoren müssen damit weiterhin ein waches Auge haben, inwieweit dieses Risiko vom Emittenten gemanagt oder mittels "Pass-through-Strukturen" auf sie abgewälzt wird. Ebenso werden Zinsänderungsrisiken in der Direktive nur indirekt adressiert. In den meisten Ländern der EU sind Hypothekendarlehen für gewöhnlich variabel verzinst, während insbesondere von Investoren bevorzugte, großvolumige und liquide Covered Bonds mit fixer Verzinsung emittiert werden. Es gibt keine zwingende Verpflichtung, Zinsänderungsrisiken zu eliminieren und die Sensitivität gegenüber Veränderungen in der Zinsstruktur kann - muss aber nicht - in der nationalen Umsetzung adressiert werden.

Auch offene Fremdwährungspositionen können das Marktrisiko erheblich beeinflussen und unterscheiden sich deutlich mit Blick auf die europäischen Programme. So werden Fremdwährungsbonds emittiert, die gar nicht oder nicht perfekt durch entsprechende Deckungswerte (natürlich) gehedgt werden. Neben den direkt ersichtlichen Fremdwährungsrisiken dürfen Investoren auch nicht die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen auf die Kreditqualität außer Acht lassen. Sofern das Einkommen der Darlehensnehmer nicht der Währung der Forderung entspricht (zum Beispiel Altbestände von Hypothekendarlehen in Schweizer Franken in einigen Teilen Osteuropas und Österreich) können Änderungen im Wechselkurs erhebliche Auswirkung auf die Zahlungsfähigkeit und damit die Ausfallwahrscheinlichkeit der Deckungswerte haben.

Die Möglichkeit, Zins- und Währungsrisiken durch Derivate zu reduzieren, bleibt bestehen. Die Struktur und Transparenz solcher risikoreduzierenden Geschäfte als auch ihre individuellen Ausprägungen können sich jedoch weiterhin stark unterscheiden. Ob nun Basispunkt-, Mikro- oder Makro-Hedges eingesetzt werden, kann erhebliche Auswirkung auf potentiell verbleibende offene Positionen haben. Ein perfektes Hedging wird vor allem dann komplex (und teuer), wenn Unsicherheit bezüglich der Laufzeiten bestehen. Dies ist der Fall, wenn Derivate auf der Aktivseite eingesetzt werden oder eine Laufzeitverlängerung (Pass-through) getriggert wird. Solche Derivate sind nicht nur teuer, sondern in Abhängigkeit der Komplexität und Volumen kaum austauschbar. Ferner unterscheiden sich auch die Risikoprofile der unterliegenden Deckungswerte nicht nur anhand der lokalen Märkte, in denen sich die Sicherheit befindet. Covered Bonds besichert durch Hypothekenforderungen können wohnwirtschaftliche (private) und gewerbliche Forderungen in Deckung nehmen. In manchen Legislationen werden die Deckungsstöcke getrennt (teilweise in Dänemark) in anderen finden sich gemischte Portfolios (zum Beispiel in Deutschland und Polen).

Keine Entbindung für Investoren von individueller Kreditbeurteilung

Aber auch gewerbliche Forderungen können sich erheblich in ihrem Risikoprofil unterscheiden. Dabei unterscheiden sich granulare Portfolios aus hypothekarisch besicherte Forderungen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) mit vollem Rückgriff auf den Darlehensnehmer (Spanien, Italien) von großvolumige Objektentwicklungen und SPV-Strukturen (unter anderem in Deutschland, Polen und teilweise in Dänemark).

Das weiterhin erklärte Ziel der Kommission, durch die Harmonisierung der europäischen Covered-Bond-Gesetze, Investitionsmöglichkeiten zu erweitern, das Volumen neuer Emissionen und die Anzahl aktiver Emittenten zu erhöhen, dürfte mit der Direktive verwirklicht werden. Mit der Direktive werden rechtliche Hürden abgebaut und es wird eine Blaupause für neue Legislationen etabliert. Auch das Pooling von Forderungen unterschiedlicher Institute sowie die Möglichkeit das Programm als "European Covered Bond" zu labeln, sollte kleinere Emittenten und Ländern mit geringer oder keiner Emissionstätigkeit dazu ermutigen, sich dem Covered-Bond-Markt zu öffnen.

Die Vorschläge der Kommission führen allerdings nicht notwendigerweise auch zu einer Angleichung der Risikoprofile aller Emittenten und Covered-Bond-Programme. Ebenso wenig wird sie dazu führen, dass sich Ratings angleichen. Marktteilnehmer müssen sich nach wie vor über die Märkte und deren Risiken bewusst sein, wenn Investitionsentscheidungen getroffen werden.

Fußnoten

1) Kernkriterien für Pfandbriefe und sonstige Covered Bonds sind in 52 (4) der Richtlinie betreffend bestimmter Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW beziehungsweise UCITS) als auch § 129 (7) der Kapitaladäquanzverordnung (CRR) bestimmt.

2) European Comission: Covered Bonds in the European Union: "Harmonisation of legal frameworks and market behaviours", April 2017, S.50; Reduzierung der fragmentierten Gesetze: 74 Prozent; Reduzierung von Fristeninkongruenzen 68 Prozent.

3) Siehe https://ec.europa.eu.

DER AUTOR KARLO STEFAN FUCHS, Head of Covered Bond Ratings, Scope Ratings GmbH, Berlin
DER AUTOR MATHIAS PLEISSNER, Senior Covered Bond Analyst, Scope Ratings GmbH, Berlin
 
Kernelemente der Direktive Kernelemente eines europäischen Covered Bonds3) sind der Rückgriff auf den Emittenten sowie Rückgriff auf die Deckungsmasse ("dual recourse"). Weiterhin wird die Insolvenzfestigkeit der Deckungsstockaktiva und das Weiterbestehen der Forderungen aus den Covered Bonds (keine vorzeitige Fälligstellung) kodifiziert. Die Deckungsmasse muss auch im Insolvenz- und Abwicklungsfall abgrenz- und identifizierbar sein. Sie hat aus hochqualitativen und homogenen Deckungswerten zu bestehen, deren Merkmale sich aus der CRR ableiten. Derivate können zur Absicherung von Risiken genutzt werden, und im Gegensatz zu nicht im Deckungsstock registrierten Derivaten darf die Insolvenz des Emittenten kein Kündigungsgrund sein.Liquiditätsengpässe sollen durch einen Puffer aus liquiden Deckungswerten aufgefangen werden. Dieser deckt die Nettoabflüsse der kommenden 180 Tage. Laufzeitverlängerungen (Soft Bullet beziehungsweise Pass-Through) sind möglich, sofern deren Ausgestaltung nicht übermäßig komplex sind und eine Aktivierung nicht im Auftrag des Emittenten erfolgen kann. Die Deckungsrechnung erfolgt auf nomineller Basis und berücksichtigt neben Ansprüchen aus Zins- und Kapitalrückzahlungen auch operationelle Kosten.Kleinere Institute sollen die Möglichkeit einer günstigeren Refinanzierung erhalten, indem ein Pooling von Deckungswerten der Institute zur gemeinsamen Emission eines Bonds ermöglicht wird. Neben den genannten strukturellen Eigenschaften führt der Kommissionsvorschlag einen optionalen Einsatz eines Treuhänders auf, etabliert höhere Anforderungen und Befugnisse einer öffentlichen Aufsicht und führt Transparenzvorgaben und Pflichten zur Berichterstattung ein.
Mathias Pleissner , Senior Covered Bond Analyst, Scope Ratings GmbH, Berlin

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