Institutionelle Investoren, die sich an den deutschen Wohn- und Büroimmobilienmärkten engagieren, sehen sich derzeit mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Der mehrjährige starke Preisanstieg schwächt sich zwar ab, doch ist das Preisniveau weiterhin hoch. Zudem hat der immer schärfere Käuferwettbewerb das Angebot an investmentfähigen Immobilien deutlich reduziert.
Langwieriges Sondieren für risikoaverse Investoren
Insbesondere Investorengruppen aus dem Bereich der Sparkassen, der Versicherer oder auch kirchlicher Institutionen, die einen tendenziell langfristigen Anlagehorizont haben, risikoavers agieren und dementsprechend eher auf Werterhalt und moderate, sukzessive Wertsteigerungen als auf kurzfristige starke Wertzuwächse und eine baldige Weiterveräußerung setzen, müssen inzwischen oft deutlich länger sondieren, um mit ihrer Anlagestrategie kompatible Investmentchancen identifizieren zu können. An den Wohnimmobilienmärkten kommen dazu noch die aktuellen Diskussionen um die Deckelung von Mieten oder gar die Enteignung großer privatwirtschaftlicher Wohnungsunternehmen, die für eine gewisse Verunsicherung sorgen.
Ein weiteres Wachstum des Portfoliowertes und der Erträge lässt sich unter diesen Umständen nur mit einer entsprechend tiefen Marktdurchdringung durch weitere Akquisitionen erreichen und das Potenzial für Mietwachstum im Bestand ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen eher begrenzt. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass marktbedingte Wertsteigerungen im Vergleich zur jüngsten Vergangenheit nicht in dieser Dynamik weiter voranschreiten werden oder auch vorübergehend ausbleiben können.
Potenzial für Wertzuwächse und Ertragssteigerungen
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie dennoch Wertzuwächse und Ertragssteigerungen generiert werden können, die beispielsweise für ein Versicherungsunternehmen notwendig sind, um dessen Versicherten gegenüber gegebene Zusagen einhalten zu können. Eine Möglichkeit dazu sind Nachverdichtungsmaßnahmen innerhalb des Bestandsportfolios. So können beispielsweise bislang unbebaute Grundstücksflächen für Neu- oder Anbauten genutzt, Bestandsgebäude aufgestockt, Dachgeschosse ausgebaut oder auch bislang anderweitig genutzte Flächen - beispielsweise Laden- oder Büroräume - zu Wohnungen umgebaut werden.
Derartige Nachverdichtungsmaßnahmen bieten den Vorteil, dass die Ertragsbasis verbreitert und damit der Wert der entsprechenden Immobilien gesteigert werden kann, ohne dass dafür neue Grundstücke erworben werden müssen. Zudem ist der Investor bereits gut mit dem Standort und dessen Besonderheiten vertraut und kann deshalb die Nachverdichtungsmaßnahmen nutzen, um die Liegenschaft insgesamt noch besser innerhalb des jeweiligen lokalen Marktes zu positionieren.
Auf die konkreten Bedürfnisse der Bewohner eingehen
Das betrifft beispielsweise die Wohnungsgrößen, die Grundrissgestaltung, das Ausstattungsniveau oder auch die Gestaltung der Außenanlagen. In einer stark von jungen Familien nachgefragten Lage mit Schulen und Kitas in der näheren Umgebung könnten dann tendenziell größere Wohnungen mit mehr Zimmern, und im Bereich der Außenanlagen mehr Spielplätze, Fahrradständer und Stellflächen für Kinderwagen vorgesehen werden. Bei einer eher von Senioren bevorzugten Lage würden sich dagegen eher kleinere Wohnungen mit einem bis drei Zimmern und eine mehr parkartige Gestaltung der Grünflächen mit zahlreichen Sitzgelegenheiten empfehlen.
Verglichen mit einem Neubau "auf der grünen Wiese" sind Nachverdichtungsmaßnahmen also Projektentwicklungen, bei denen die charakteristischen Projektentwicklungsrisiken deutlich reduziert sind. Der Initiator einer solchen Maßnahme weiß schließlich bereits aus oft langjähriger Erfahrung, dass der betreffende Standort und das dortige Basisinvestment gut "funktionieren".
Um geeignete Liegenschaften für wertsteigernde Nachverdichtungsmaßnahmen zu identifizieren, empfiehlt sich ein laufendes Screening des gesamten Portfolios anhand eines vorher festgelegten Kriterienkataloges. Dieser umfasst zum Beispiel Fragen des Baurechts, Angaben zur Art und zum Zustand der bereits vorhandenen Bebauung ebenso wie Einschätzungen dazu, welche Wohnungsgrößen und -zuschnitte in der betreffenden Mikrolage voraussichtlich am stärksten nachgefragt werden.
Laufendes Screening des gesamten Portfolios
Auf dieser Basis sollten dann zunächst Machbarkeitsstudien zu ausgewählten Liegenschaften erstellt werden, die eine vergleichende Beurteilung verschiedener möglicher Nachverdichtungsprojekte erlauben. Im Rahmen dieser Machbarkeitsstudien, die auch - nach entsprechenden Vorgaben - von externen Planern erstellt werden können, werden die vorhandenen Nachverdichtungspotenziale und bestimmte notwendige Voraussetzungen abgeklärt.
So ist beispielsweise festzustellen, ob bereits Baurecht besteht oder ob dieses erst noch geschaffen werden muss, ob eine Baugenehmigung nach § 34 des Baugesetzbuches erteilt werden könnte oder ob ein Bebauungsplan existiert beziehungsweise in Vorbereitung ist und mit welchen Kosten das einzelne Projekt voraussichtlich verbunden wäre.
Erste grobe Beurteilung der Wirtschaftlichkeit
Unter Berücksichtigung des zu hebenden Flächenpotenzials und der voraussichtlich erzielbaren Mieterträge lässt sich dann eine erste grobe Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von eventuellen Nachverdichtungsmaßnahmen vornehmen. Mittels eines Ampelsystems können die einzelnen Liegenschaften innerhalb des Portfolios dann systematisch klassifiziert und in einem Ranking geordnet werden. Aus diesem Ranking ergibt sich dann wiederum, mit welcher Priorität beziehungsweise in welcher Reihenfolge die einzelnen Projekte realisiert werden sollen.
Dabei prüft das Team der Projektentwicklung in den frühen Leistungsphasen noch einmal, ob die maximalen Nachverdichtungspotenziale auch tatsächlich ausgenutzt wurden. Je größer die Flächen, die sich durch Nachverdichtung auf einem bestimmten Grundstück zusätzlich generieren ließen, desto höher die Position dieses Nachverdichtungsprojektes innerhalb des Rankings.
Damit Nachverdichtungsprojekte gelingen und den erhofften positiven Effekt auf den Portfoliowert und die Ertragsbasis haben, sind zwei Erfolgsfaktoren unabdingbar: ein systematisches Vorgehen mit standardisierten internen Prozessen und das Vorhalten entsprechender Inhouse-Ressourcen in Form eines eigenen Projetentwicklungsteams. Nur so kann gewährleistet werden, dass die jeweils folgenden Projekte von den Erfahrungen aus den vorangegangenen profitieren und ein immer größerer Erfahrungsschatz aufgebaut wird, der für eine effektive Steuerung der zweifellos notwendigen externen Dienstleister und Auftragnehmer bei einem Nachverdichtungsprojekt notwendig ist und vor allem bei einer Vielzahl ähnlicher Nachverdichtungsmaßnahmen an einem Standort - beispielsweise in einer Metropole wie Berlin oder Hamburg - attraktive Skaleneffekte ermöglicht.
Zudem ermöglicht ein eigenes Projektentwicklungsteam es, im Zuge der Prüfung von Ankaufsmöglichkeiten schon frühzeitig fundierte Beurteilungen möglicher Nachverdichtungspotenziale vorzunehmen, die dann in die Investmententscheidung mit einfließen können. Darüber hinaus gibt es noch zwei weitere wichtige Argumente für ein internes Planungs- und Steuerungsteam. Zum einen wäre mit externen Partnern kein so nahtloses Projektcontrolling und keine so zeitnahe und detaillierte Kostenverfolgung gewährleistet, wie dies mit eigenen Ressourcen möglich ist, und zum anderen würden das im Laufe eines Projekts angesammelte Wissen und die Erfahrungen jedes Mal wieder abfließen.
Wertvolle Erfahrungen für zukünftige Projekte
Werden Projektentwicklungen dagegen im eigenen Haus realisiert, stehen die gewonnenen Erfahrungen jeweils für alle folgenden Projekte zur Verfügung. Vor allem aber lässt sich eine maßgeschneiderte Nachverdichtung entsprechend den Standards des eigenen Unternehmens von einem "Projektentwicklungsbüro im eigenen Haus" besser und reibungsloser umsetzen, sodass Ziele auf der Ebene des Gesamtportfolios wie die Erhöhung der Nachhaltigkeit, die Optimierung der Mietwohnungsfläche oder die künftige Reduzierung von Instandhaltungsaufwand erreicht werden.
Die Projektentwicklung aus der Hand zu geben und nicht selbst zu realisieren, widerspräche darüber hinaus dem 360-Grad-Ansatz des Immobilienmanagements, wie ihn beispielsweise die Deutsche Investment verfolgt. Dieser basiert auf einer Vereinigung aller relevanten immobilienwirtschaftlichen Disziplinen in der eigenen Unternehmensgruppe. Er erfordert einerseits relativ hohe Investitionen, weil im Bereich Projektentwicklung immobilienwirtschaftliche, juristische, planerische und baufachliche Kompetenzen in Verbindung mit detaillierten Markt- und Standortkenntnissen erforderlich sind und künftige Trends möglichst früh adaptiert werden müssen.
Den zum Aufbau dieser Kompetenzen erforderlichen Investitionen steht jedoch ein signifikanter Wettbewerbsvorteil gegenüber. Denn die dem 360-Grad-Ansatz zugrundeliegende ganzheitliche Betrachtungsweise der Immobilie behält stets alle Phasen des Immobilienlebenszyklus im Blick. Im Falle einer Nachverdichtung schließt dies neben dem Neubau, Anbau, Aufbau und Ausbau auch eine umfassende Berücksichtigung des vorhandenen Bestandes und seiner Optimierungsmöglichkeiten ein.
Alle Phasen des Lebenszyklus im Blick
So können beispielsweise im Zuge von Nachverdichtungsprojekten Maßnahmen umgesetzt werden, die den Mietern der bereits vorhandenen Bestandswohnungen zugutekämen und deren Akzeptanz für die Nachverdichtung erhöhen, wie etwa der Anbau von Balkonen oder der Anbau beziehungsweise Einbau von Aufzügen. Damit können die Ertragskraft der betreffenden Investments gestärkt, Kosten reduziert und die Nachhaltigkeit und Langlebigkeit der Bauten erhöht werden. Der Kreis schließt sich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Nachverdichtung im Bestand unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen am Wohnungsmarkt, aber auch an den Büromärkten, künftig stark an Bedeutung gewinnen dürfte. Dies gilt umso mehr, als die in Berlin und anderen Städten diskutierten Mietendeckel nach aktuellem Stand Erstvermietungen von neu errichteten Wohnungen nicht betreffen würden.
Nachverdichtung erlaubt es, "stille Reserven" innerhalb eines Immobilienportfolios zu erschließen, das Portfolio insgesamt zu verjüngen und die Ertragsbasis nachhaltig zu verbreitern, ohne dass dazu weitere Ankäufe erforderlich wären. Um damit auch tatsächlich den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, sollten entsprechende Entwicklungsmaßnahmen im Bestand jedoch durch ein internes Projektentwicklungsteam und nicht durch externe Dienstleister geplant und gesteuert werden.