PFANDBRIEFE UND COVERED BONDS

PFANDBRIEFBANKEN LEISTEN EINEN BEITRAG ZUR ERREICHUNG DER KLIMAZIELE

Sascha Kullig, Foto: vdp

Seine Innovationsfähigkeit hat der Pfandbrief über die Zeit bekanntlich immer wieder unter Beweis gestellt. Ein Paradebeispiel dafür aus der jüngeren Vergangenheit stellt die Möglichkeit zur Refinanzierung nachhaltiger Kredite in Form von "grünen" beziehungsweise "sozialen" Pfandbriefen dar. Der Autor skizziert im folgenden Beitrag die Bemühungen des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp), diesem Segment mithilfe der Etablierung geeigneter Kriterien einen weiteren Schub zu verleihen und noch mehr Pfandbriefbanken dafür zu animieren. Mit Blick auf den enorm großen Hype um das Thema Sustainable Finance rät er gleichwohl zur Mäßigung vonseiten der Regulatorik: Die derzeit zahlreichen gesetzgeberischen Initiativen verschiedenster Akteure gefährden seiner Ansicht nach die Entwicklung dieser hoffnungsvollen Assetklasse. Red.

Sustainable Finance ist derzeit allgegenwärtig. Keine Finanzmarkt-Konferenz oder -Publikation kommt ohne das Thema Nachhaltigkeit aus. Und das ist auch gut so. Denn bis auf ein paar ewig Gestrige haben alle erkannt, dass jetzt gehandelt werden muss, wollen wir den Klimawandel und seine negativen Auswirkungen zumindest eingrenzen.

Großes Einsparpotenzial im Gebäudesektor

Auch die deutschen Pfandbriefbanken haben frühzeitig erkannt, dass es Zeit ist, zu handeln. Bekanntlich trägt der Gebäudesektor in einem nicht unerheblichen Maße zum Energieverbrauch und damit CO2-Ausstoß bei. Gebäude sind für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland verantwortlich. Hier gilt es, anzusetzen. Die Pfandbriefbanken können dies nur indirekt, denn sie bauen oder renovieren keine Gebäude selbst.

Was sie aber leisten können, ist bei der Finanzierung entsprechender Vorhaben Anreize für energieeffiziente Gebäude zu schaffen. Das gilt sowohl für Gewerbe- wie auch Wohnimmobilien. Entsprechend haben einige Pfandbriefbanken "grüne" Immobilienfinanzierungen im Angebot, bei denen sie ihren Kunden günstigere Konditionen anbieten als bei der Finanzierung herkömmlicher Immobilien.

Anreizsetzung ist notwendig

Solche Angebote sind im aktuellen Marktumfeld jedoch nicht einfach zu realisieren. Das liegt einerseits an dem ohnehin schon niedrigen Zinsniveau und dem intensiven Wettbewerb, was zu niedrigen Margen führt. Zudem hält sich die Bereitschaft der Kreditnehmer, umfangreiche Informationen über die Energieeffizienz der zu finanzierenden Immobilie zur Verfügung zu stellen, häufig in Grenzen. Die Banken verfügen mithin nicht immer über ausreichende Daten zur energetischen Beurteilung der Immobilie, zumal die Energieausweise trotz gesetzlicher Vorschriften nicht immer vorliegen. Hier könnte ein zentrales, webbasiertes und frei zugängliches Register eine große Hilfe darstellen.

Unabhängig von der Datenverfügbarkeit gibt es ein weiteres Problem: Die energetische Sanierung einer Immobilie entpuppt sich oft als wenig attraktiv für den Besitzer. Die Kosten einer Sanierung übersteigen häufig die Summe aus Wertsteigerung der Immobilie und Einsparung durch geringere Heizkosten. Diese Lücke können auch die erwähnten günstigeren Konditionen der Pfandbriefbanken nicht schließen. Vielmehr sind hier staatliche Anreize gefragt, damit möglichst viele Immobilienbesitzer ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele auch wirklich leisten können.

All diesen Unwägbarkeiten zum Trotz versuchen die Pfandbriefbanken, die Finanzierung grüner Immobilien populärer zu machen. So engagieren sie sich in der vom Europäischen Hypothekenverband geführten und von der EU-Kommission finanzierten "Energy Efficient Mortgage Initiative". Ziel dieser Initiative ist es, über eine gemeinsame Definition grüne Immobilienfinanzierungen zu fördern. Durch Sammeln und Auswerten relevanter Daten soll zudem untersucht werden, ob grüne Immobilien in der Regel eine geringere Ausfallwahrscheinlichkeit und/oder Ausfallschwere als herkömmliche Immobilienfinanzierungen aufweisen.

Sollte dies der Fall sein, ließen sich geringere Eigenkapitalanforderungen für grüne Immobilienfinanzierungen rechtfertigen. Die notwendige Analyse wird nicht einfach sein und Zeit benötigen. Insbesondere die Datenverfügbarkeit stellt sich auch hier als große Herausforderung dar. Geduld ist also gefragt.

Zur kompletten Abbildung der Wertschöpfungskette einer Bank gehört auch die Passivseite, also die Kapitalbeschaffung. Und hier gehören die Pfandbriefbanken zu den aktivsten Kreditinstituten in Europa. Sie emittieren sowohl unbesicherte grüne Schuldverschreibungen als auch grüne, ökologisch nachhaltige oder soziale Pfandbriefe. Mit einem Emissionsvolumen von 3,5 Milliarden Euro per Ende 2018 liegen sie im Segment von Green Covered Bonds weltweit auf dem Spitzenplatz. Unbestrittener Marktführer ist hier die Berlin Hyp, die bisher auch die Markenrechte an dem Namen "Grüner Pfandbrief" besaß. In diesem Jahr hat sie die Wortmarke dankenswerterweise auf den Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) übertragen.

Eignungskriterien zur Stärkung des Segments

Die im Verband organisierten und in dem Segment aktiven Pfandbriefbanken erarbeiten derzeit Eignungskriterien, die Pfandbriefbanken künftig erfüllen sollen, wenn sie einen grünen Pfandbrief emittieren. Ziel ist es, dem Segment weiteren Schub zu verleihen und noch mehr Pfandbriefbanken zu animieren, sich hier zu engagieren. Dabei gilt es abzuwägen. Natürlich steht der Beitrag der Pfandbriefbanken im Vordergrund, genügend privates Kapital zu generieren, um die Finanzierungslücke zu schließen, damit die Erderwärmung auf maximal zwei Grad begrenzt werden kann. Zu diesem auf der Pariser Klimakonferenz 2015 formulierten Ziel bekennen sich die Pfandbriefbanken. Es geht um eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Gebäudesektor auf etwa 70 Millionen Tonnen im Jahr 2030 und einer CO2-Neutralität bis 2050.

Um diese langfristigen Ziele zu erreichen, müssen kurzfristig ambitionierte, aber auch machbare Etappenziele gesteckt werden. Dies gilt sowohl für die Real- als auch die Finanzwirtschaft. Denn nur dann können ausreichend Kreditinstitute gewonnen werden, um gemeinsam diesen Weg zu gehen. Entsprechend werden die Eignungskriterien für grüne Pfandbriefe anspruchsvolle und ausbaufähige Anforderungen an die deckungsfähigen Immobilienfinanzierungen stellen. Allen beteiligten Partnern ist bewusst, dass diese Kriterien kontinuierlich weiterentwickelt werden müssen.

Ein hohes Maß an Transparenz

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Transparenz, denn Investoren wollen wissen, in was sie investieren. Die Emittenten verpflichten sich daher, detaillierte Informationen über grüne Pfandbriefe auf ihrer eigenen Internetseite und künftig auch auf einer Internetseite des vdp zu veröffentlichen. Hierzu gehören insbesondere Informationen zu den sich qualifizierenden Vermögenswerten in der Deckungsmasse, der sogenannte Green Bond Framework des Emittenten und der von einer unabhängigen, qualifizierten Partei erstellte sogenannte "External Review".

Die Green Bond Frameworks der deutschen Pfandbriefbanken bauen alle auf den Green Bond Principles der International Capital Market Association (ICMA) auf, die sich im Markt als Standard etabliert haben. Die Prinzipien verlangen von den Emittenten Regelungen zur Verwendung der Emissionserlöse, für die individuelle Projektauswahl, das Management der Erlöse und für das Reporting festzulegen. Sie setzen daher vor allem den Rahmen für Green Bonds, während die konkreten Anforderungen individuell festgelegt werden. Die jeweiligen Pfandbriefbanken gehen dabei im Detail durchaus unterschiedliche Wege, grundsätzlich wird aber am Energieverbrauch beziehungsweise -bedarf angesetzt. So haben die meisten Banken Höchstwerte für den Energiebedarf eines Gebäudes in Abhängigkeit vom Gebäudetyp festgelegt. Als Nachweis wird häufig der Energieausweis verwendet. Da dieser aber wie erwähnt nicht immer vorliegt, erlauben einige Emittenten alternativ auch das Abstellen auf Mindestniveaus bestimmter Zertifikate, zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB).

Einen anderen Weg geht die Climate Bond Initiative (CBI), die sich die Förderung des Green-Bond-Marktes zur Erreichung der Klimaziele auf die Fahnen geschrieben hat. Für die Zertifizierung von Green Bonds durch die CBI müssen die Immobilien einen bestimmten Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten, und zwar in Abhängigkeit von der Laufzeit des angestrebten Bonds. Die Zielmarke ist dabei die Klimaneutralität bis zum Jahr 2050.

Die Investoren interessiert nicht nur, wie die Banken die Emissionserlöse verwenden wollen, sondern vor allem, welchen Beitrag ihre Investments zum Klimaschutz tatsächlich leisten. Vor diesem Hintergrund bekommt das Impact Reporting eine zunehmend größere Bedeutung. Daher veröffentlichen die Pfandbriefbanken diesbezügliche Informationen künftig auch auf der Internetseite des vdp. Den steigenden Anforderungen der Investoren wird dadurch Rechnung getragen, dass kontinuierlich an einer Verbesserung des Impact Reporting gearbeitet werden wird.

Die Industrieinitiativen belegen die hohe Dynamik im Markt. Diese gilt es nicht nur zu erhalten, sondern zu verstärken. Regulatorische Aktivitäten können ihren Beitrag dazu leisten, sie könnten aber auch das Gegenteil erreichen. Wie immer ist es ein schmaler Grat, den es zu beschreiten gilt. Die regulatorischen Initiativen der EU-Kommission sind ein gutes Beispiel hierfür. Zu Recht genießt das Thema auf EU-Ebene oberste Priorität, und so begrüßen die Pfandbriefbanken nicht nur den "EU Action Plan on Financing Sustainable Growth". Im Grundsatz halten sie auch die meisten der im Rahmen des Aktionsplans veröffentlichten Verordnungsvorschläge der EU-Kommission für sinnvoll. Nicht zuletzt die Änderungswünsche so mancher EU-Parlamentarier bezüglich der Verordnungsvorschläge über Veröffentlichungspflichten, Benchmarks und zur Taxonomie haben indes gezeigt, wie schnell das notwendige Augenmaß verloren gehen kann.

Regulatorik muss fördern, nicht behindern

Darüber hinaus steckt der Teufel bekanntlich im Detail. Mit Blick auf die sogenannte Taxonomie wird das Ziel, mithilfe eines einheitlichen Verständnisses grüner Aktivitäten den Markt zu fördern und gleichzeitig das so gefürchtete "green washing" zu verhindern, sicherlich von fast allen geteilt. Die Frage ist nur, was ist grün und wer bestimmt das? Die von der EU-Kommission eingesetzte Technical Expert Group (TEG) hat technische Kriterien für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten in verschiedenen Sektoren vorgeschlagen, wobei der Fokus zunächst auf den beiden Zielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel liegt.

Im ersten Vorschlag der TEG decken die technischen Kriterien für den Gebäudesektor lediglich den Neubau und Renovierungen ab. Der Neubau macht aber lediglich rund ein Prozent des existierenden Gebäudebestands aus, die Lücke zwischen Aufwand und Ertrag bei Renovierungen wurde bereits erwähnt. Es ist also dringend geboten, auch die Bestandsfinanzierung zu berücksichtigen. Sie macht den größten Teil des Finanzierungsmarktes im Gebäudesektor aus und ist daher im besonderen Maße geeignet, die erforderlichen finanziellen Mit tel in die gewünschte Richtung zu lenken. Generell sollten die Kriterien bestehende Industrieinitiativen berücksichtigen, praxisorientiert sowie ambitioniert sein, aber die Messlatte nicht von Anfang an auf die höchste Stufe legen. Zudem wäre zu überlegen, regulatorisch nur einen Rahmen statt detaillierten technischen Kriterien vorzugeben. Ansonsten droht aus dem erhofften "shifting the trillions" ein "searching the millions" zu werden.

Koordination statt Kakophonie

Diese Gefahr wird noch dadurch verstärkt, dass Gesetzgeber, Notenbanken, Standardsetzer und multilaterale Organisationen auf allen Ebenen, das heißt national, europäisch und weltweit sich parallel mit dem Thema befassen und über Regeln nachdenken. Die Musik spielt so schnell an so vielen Orten, dass vermutlich nicht nur den Kreditinstituten mitunter schwindelig dabei wird und sie nicht mehr wissen, woran sie sich orientieren sollen. Diese Entwicklung ist kontraproduktiv, schreckt sie doch interessierte Adressen von einem Engagement in dem Segment ab. Um diese Kakophonie abzustellen, sollten alle wesentlichen Parteien ihre diesbezüglichen Aktivitäten zügig koordinieren.

Die Pfandbriefbanken und der vdp leisten ihren Beitrag dazu, das in Paris formulierte Klimaziel zu erreichen. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt dabei der Pfandbrief, der nicht zum ersten Mal in seiner 250-jährigen Erfolgsgeschichte zeigt, dass Tradition und Innovation Hand in Hand gehen können.

DER AUTOR SASCHA KULLIG Bereichsleiter Pfandbrief, Kapitalmarkt und Investor Relations, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
Sascha Kullig , Bereichsleiter Pfandbrief, Kapitalmarkt und Investor Relations, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
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