WOHNUNGSWESEN

PROJEKTENTWICKLUNG VON WOHNIMMOBILIEN UNTER EINFLUSS DER FLÄCHENKNAPPHEIT IN DEUTSCHEN METROPOLEN

Dr. Gerd Niklas Köster, Foto: privat

Die deutschen Metropolen zeichnen sich durch hohe Wirtschaftskraft und gute Infrastruktur aus. Dass dies Segen und Fluch zugleich ist, offenbart ein Blick auf die Wohnsituation in den prosperierenden Städten. So kann der Wohnungsneubau mit dem dynamischen Zuzug der Menschen seit Jahren nicht mehr Schritt halten. Als wesentlicher Flaschenhals gilt in diesem Zusammenhang die fehlende Verfügbarkeit von Grundstücken, entsprechend intensiv gestaltet sich der Wettbewerb unter den Projektentwicklern. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den Auswirkungen dieser angespannten Gemengelage. Red.

Die fehlende Flächenverfügbarkeit in deutschen Metropolen stellt für die Projektentwicklung von Wohnimmobilien eine zunehmende Herausforderung dar. Der Kampf um die besten innerstädtischen Wohnbauflächen hat längst begonnen. Der sichtbare Mangel an bebaubaren Grundstücken führt vermehrt zur Umwidmung ehemaliger Gewerbeflächen hin zu Wohnquartieren. Aufgrund der hierfür notwendigen Aufstellungsverfahren zur Schaffung des Baurechts steigt die Komplexität des Projektentwicklungsprozesses stetig.

Während in ländlichen Regionen Leerstände und rückläufige Preise sichtbar werden, steigt das Preisniveau für Wohnimmobilien in großen und mittelgroßen Städten seit Jahren. Diese Entwicklung und die damit gekoppelten positiven Renditeaussichten machen die Projektentwicklung von Wohnimmobilien heute zu einem der Haupttätigkeitsfelder großer Projektentwicklungsgesellschaften.

Intransparenter Grundstücksmarkt

Aufgrund der positiven Wirtschaftslage und der hohen Nachfrage nach innerstädtischem Wohnraum ist der Wettkampf unter den einzelnen "Playern" enorm. Selbst bei kleinen Grundstücksverkäufen besteht der Bieterkreis oft aus einer Vielzahl an Interessenten und der Grundstückspreis steigt mithilfe professioneller Vermarktungsstrategien innerhalb kürzester Zeit. Insgesamt ist der Grundstücksmarkt in Deutschland sehr intransparent und wird dennoch durch immer wiederkehrende Akteure bestimmt.

Die positive Konjunktur sowie der hohe Bedarf an Neubauwohnungen beschleunigen die Nachfrage nach innerstädtischen Flächen für die Realisierung von Wohnraum. Hinzu kommt, dass viele Altbestände nicht mehr den Anforderungen moderner Wohnformen entsprechen. Heute besteht eine hohe Nachfrage nach kleinen, kompakten und nachhaltig geplanten Wohnungen in einem urbanen Umfeld mit guter öffentlicher Verkehrsanbindung.

Die Verknappung der potenziellen Wohnbauflächen führt zur Verlagerung der Standortanforderungen von Wohnungsbaugesellschaften. Um überhaupt noch bezahlbaren Wohnungsbau in gewissen Mengen abbilden zu können, entstehen Großprojekte jetzt vor allem in Randlagen und die Städte wachsen in den Speckgürtel.

Dies führt dazu, dass Stadtteile, die früher weder hipp noch schick waren, plötzlich aufgrund ihres Angebots an neuen Wohnungen eine Renaissance erleben. Es führt hingegen auch zur Verdrängung des Gewerbes aus den Innenstädten. Dies hat die Wirtschaftsförderung bereits bekannt und drängt vermehrt bei der Vergabe städtischer Grundstücke auf die Schaffung integrierter Gewerbeflächen. So soll es gelingen, insbesondere Kleingewerbe in den Innenstädten zu halten.

Die Vergabeverfahren von städtischen Grundstücken werden somit immer komplexer und die Teilnehmer immer internationaler. Aufgrund der hohen Nachfrage nach städtischen Wohnbauflächen rücken zunehmend private Flächen in den Fokus von Projektentwicklern. Aufgrund des Niedrigzinsniveaus sowie fehlender Reinvestitionsmöglichkeiten scheuen viele Privatpersonen momentan jedoch den Verkauf. Denn nicht selten ist die Rendite auf das Grundstück mit Baurecht höher als auf das realisierte Objekt.

Vergabeverfahren zunehmend komplexer und internationaler

Insbesondere ehemalige Unternehmensareale werden nun mit aufwendigen Vermarktungsverfahren an Projektentwickler verkauft. Anschließend werden diese meist bis zur Baurechtsschaffung entwickelt und in einzelnen Baufeldern zur Realisierung weiterveräußert. Die hohen Erlöserwartungen der Zwischeninvestoren und die steigenden Baukosten schlagen sich letztendlich im Quadratmeterpreis der Wohnfläche nieder.

Die hohen Preise für innerstädtischen Wohnraum sind auch darauf zurückzuführen, dass in Wohnimmobilien heute wieder gern investiert wird. Selbst Großinvestoren wie zum Beispiel Versicherungen und Pensionskassen haben Wohnimmobilien als festen Bestandteil in ihre Portfolios aufgenommen.

In Abbildung 1 wird der Geldumsatz von Wohnimmobilien gemäß dem durch die Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland erstellten "Immobilienmarktbericht Deutschland 2019" aufgezeigt. Wie hier zu sehen, hat der Geldumsatz mit Wohnimmobilien im Jahr 2018 mit 180,5 Milliarden Euro den Höchststand seit 2009 erreicht. Es ist demnach ein kontinuierliches Wachstum erkennbar. Mit zwei Dritteln des gesamten Geldumsatzes vertreten Wohnimmobilien damit mittlerweile den größten Marktanteil auf dem Immobilienmarkt insgesamt.

Die hohe Investitionsbereitschaft der Investoren schlägt sich auch in den Grundstückspreisen nieder. Ein Beispiel für den rasanten Anstieg der Grundstückspreise findet man in Berlin. Seit einigen Jahren ist Berlin bei internationalen Investoren sehr gefragt. Aufgrund der steigenden Zuzugsraten sowie der hohen Bedeutung im internationalen Städteranking sind nunmehr Immobilienunternehmer aus der ganzen Welt an Berlin interessiert. Was als Katalysator für die Entwicklung neuer Wohnimmobilien gewertet werden kann, erhöht gleichzeitig den Druck auf die regionalen Wohnungsbaugesellschaften. Anders als in Hamburg, wo die Stadt vor allem in ihren Randgebieten wächst, hat Berlin noch viele innerstädtische Entwicklungsflächen, die jetzt wieder neuen Wohnnutzungen zugeführt werden müssen.

Rasant steigende Grundstückspreise

Dass die Investitionsbereitschaft in Grundstücke für Wohnimmobilien seit Jahren steigt, verdeutlicht auch Abbildung 2. In ihr wird die Entwicklung des Geldumsatzes von Bauplätzen für Mehrfamilienhäuser aufgezeigt und im Zeitraum 2009 bis 2018 lässt sich ein fortlaufendes Wachstum konstatieren. Der Umsatz, der mit den Bauplätzen erzielt wurde, hat sich demnach verdoppelt.

Besonders hervorsticht der steile Anstieg im Jahr 2017. Seither stagniert diese Entwicklung jedoch, sodass im Jahr 2018 bereits ein Minus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen ist. Dieser sichtbare Rückgang des Geldumsatzes ist insbesondere auf die rückläufige Anzahl an Transaktionen am Grundstücksmarkt zurückzuführen.

Auch wenn es in Zukunft immer schwieriger wird, überhaupt noch das passende Grundstück zu finden, beginnen jetzt goldene Zeiten für Projektentwickler, die über belastbare Netzwerke verfügen und es schaffen, brachliegende Grundstücke wieder marktfähig zu machen. Hierbei ist vor allem der Zeitpunkt der Flächenverfügbarkeit entscheidend. Es muss dem Projektentwickler möglichst schnell gelingen, eine Fläche inklusive Baurecht wieder bebaubar zu machen.

Das stellt auch die Behörden vor neue Herausforderungen. Wurden jahrelang kaum neue Wohnbauflächen ausgewiesen, steht dies heute wieder an der Tagesordnung. Hinzu kommen die sozialen Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit. So steigt der Anteil der bei Großprojekten zu realisierenden Sozialwohnungen seit Jahren. Dies führt dazu, dass Projektentwickler in Projektpartnerschaften mit kommunalen Wohnungsgenossenschaften treten, die dann wiederum die geforderten Sozialwohnungen für den eigenen Bestand realisieren.

Städte stehen heute im Wettbewerb, sie müssen genug bezahlbaren Wohnraum bieten, um auch als potenzieller Unternehmensstandort für Großkonzerne infrage zu kommen. Bei den Unternehmensansiedlungen prüfen Großunternehmen die Wohnungsverfügbarkeit und deren Attraktivität heute ganz genau. In Zeiten der Werteverschiebung wählen Mitarbeiter ihren Arbeitgeber nicht mehr nur nach dem Gehalt, sondern vor allem nach der Attraktivität des Wohnstandortes.

Bundespolitische Unterstützung nimmt Fahrt auf

Große Ziele für den Wohnungsmarkt verfolgt auch die Bundesregierung. Sie versteht den Wohnungsbau als soziale, relevante Angelegenheit und hat vor, mit ihrer "Wohnraumoffensive" 1,5 Millionen neue Wohnung zu schaffen. Gleichzeitig versucht die Bundesregierung durch die Schaffung von "Mustertypgenehmigungen" die Genehmigungsverfahren für den Bau von Wohnimmobilien zu vereinfachen und so schließlich zu beschleunigen. Um hierbei noch mehr Bürokratie zu vermeiden, wird insbesondere die Digitalisierung der für die Realisierung notwendigen Verfahren vorangetrieben.

Um insgesamt die Flächenverfügbarkeit für die Realisierung von Wohnimmobilien zu erhöhen, ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) aufgefordert, nicht mehr benötigte Flächen an Kommunen und deren Wohnungsbaugesellschaften für die Errichtung neuer Wohnung zu verkaufen.

So wechselten alleine im Jahr 2018 Grundstücke für insgesamt 5 700 Wohneinheiten den Besitzer. Hierin enthalten waren Flächen für insgesamt 1 100 Sozialwohnungen. Als Ziel für das Jahr 2019 sollten bereits Flächen für die Realisierung von insgesamt 8 000 Wohneinheiten veräußert werden. Ob dieses Ziel erreicht wurde, ist jedoch noch unklar.

Die politische Unterstützung zur Schaffung neuer Wohnbauflächen ist dennoch positiv. Letztendlich bleibt den Projektentwicklern nur die Hoffnung auf die Vereinfachung der Genehmigungsverfahren, die Relativierung der stark gestiegenen Baupreise sowie den Abzug internationaler Großinvestoren. Diese blockieren vermehrt den Grundstücksmarkt und erschweren das wirtschaftliche Bereitstellen von bezahlbarem Wohnraum.

DER AUTOR DR. GERD NIKLAS KÖSTER, Projektentwickler, ab März 2020 Studiendekan Immobilienwirtschaft, Hochschule Fresenius, Hamburg
Dr. Gerd Niklas Köster , Studiendekan Immobilienwirtschaft, Hochschule Fresenius, Hamburg

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