INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

SOZIAL GEFÖRDERTER WOHNUNGSBAU: EIN INSTITUTIONELLES FONDSPRODUKT?

Thomas Meyer, Foto: WERTGRUND

Es besteht zweifellos ein eklatanter Mangel an sozial gefördertem Wohnraum in Deutschland. Klar ist in diesem Zusammenhang auch, dass die öffentliche Hand diesem Problem nicht alleine wird Herr werden können. Die Einbindung privatwirtschaftlicher Kräfte sollte deshalb Priorität genießen, doch nicht zuletzt die komplexen und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Gesetzesgrundlagen erschweren es Investoren, einen Beitrag zu leisten. Der Autor des vorliegenden Beitrags beleuchtet die sich derzeit im preisgebundenen Wohnsegment bietenden Chancen und Herausforderungen für institutionelle Investoren. Allen Widrigkeiten zum Trotz identifiziert er dabei zahlreiche Argumente für einen Einstieg. Insbesondere für defensiv und langfristig aufgestellte Anleger stellt der sozial geförderte Wohnungsbau demnach eine attraktive und relevante Anlagealternative dar. Red.

Es mag den Anschein haben, als sprächen Politiker und Immobilienspezialisten zurzeit nicht dieselbe Sprache - zumindest, wenn es um Wohnimmobilien geht. Anstatt gegen steigende Angebotsmieten durch mehr Neubau vorzugehen, sollen in Berlin die Bestandsmieten eingefroren werden. Einige Stimmen aus der Politik fordern, den so genannten "Mietendeckel" in anderen Städten wie Bremen oder gar bundesweit einzuführen.

Überschaubarer Druck auf die Verkehrswerte

Dabei empfinden einer von Wertgrund in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach erstellten repräsentativen Umfrage zufolge lediglich 37 Prozent der Bestandsmieter in den fünf größten deutschen Städten ihre Nettokaltmiete als große oder sehr große Belastung. Zudem sind 83 Prozent der Mieter in den Top-5-Städten zufrieden bis sehr zufrieden mit ihrer Wohnsituation.

Die Verkehrswerte von Wohnimmobilien werden aller Voraussicht nach nicht signifikant sinken, da eine gedeckelte Miete durch die Reduktion des Liegenschaftszinssatzes in den meisten Fällen kompensiert werden dürfte, denn eine hohe und stabile Vermietungsquote steht für eine höhere Investitionssicherheit und damit Wertstabilität. Trotzdem ist die Verunsicherung unter Investoren derzeit sehr groß.

Für institutionelle Investoren mit langfristigem Anlagehorizont ergibt sich vor diesem Hintergrund daher die berechtigte Frage, wie sie erstens wertstabil, zweitens mit Optimierungspotenzial und drittens im Einklang mit bundes-, landes- und kommunalpolitischen Zielen nachhaltige Wohnimmobilieninvestments tätigen können. Die Antwort findet sich ausgerechnet in einem Segment, das unter Investoren lange Zeit für Stirnrunzeln sorgte: der sozial geförderte Wohnungsbau. Aber warum ist das so und wo liegen die besonderen Potenziale?

Enorme Nachfrage stößt auf schwindendes Angebot

Zur Jahrtausendwende existierten in der Bundesrepublik Deutschland etwa 2,58 Millionen geförderte Wohneinheiten. Diese Anzahl hat sich inzwischen mehr als halbiert: Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. zählte im Jahr 2016 nur noch 1,24 Millionen Einheiten. In diesem Zeitraum fielen immer mehr Wohnungen aus der Preisbindung, während nur sehr begrenzt neue Sozialwohnungen geschaffen wurden. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat errechnet, dass sich die Anzahl der sozial geförderten Wohnungen jedes Jahr um 70 000 Einheiten reduziert, während dem Bundesbauministerium zufolge etwa 80 000 Wohnungen pro Jahr zusätzlich neu geschaffen werden müssten.

Steigende Grundstücks- und Baukosten drängen immer mehr Entwickler im freifinanzierten Wohnungsbau in Richtung höherpreisiges Segment - während das Angebot für Wohnungen mit moderatem Mietpreisniveau nach und nach sinkt. Hinzu kommt, dass heutzutage ein breiter Ausschnitt der Bevölkerung Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein hat. In Berlin waren es einer Erhebung aus dem Jahr 2013 zufolge ganze 60 Prozent der Bevölkerung. Sinkendes Angebot und steigende Nachfrage haben dafür gesorgt, dass sich die Betroffenen in der Regel auf jahrelange Wartezeiten einstellen müssen, bevor ihnen eine geförderte Wohnung zugewiesen wird.

Politik: wichtige Impulse, komplexe rechtliche Grundlagen

Inzwischen wurde der Mangel an Sozialwohnungen von der Bundespolitik als entscheidende gesellschaftliche Herausforderung erkannt. In jüngerer Vergangenheit wurde - trotz der Länderhoheit - beispielsweise Artikel 104d des Grundgesetzes angepasst, wodurch nun auch auf Bundesebene Fördermittel für gesamtgesellschaftliche Zwecke wie den sozial geförderten Wohnungsbau bereitgestellt werden können. Ein weiterer Punkt ist die unlängst beschlossene Sonder-AfA für den privatwirtschaftlichen Wohnungsbau, die mit weiteren Förderprogrammen kompatibel ist.

Die teilweise deutlichen Unterschiede in den Ländergesetzgebungen stellen hingegen eine erschwerende Vorbedingung für Investments in den sozial geförderten Wohnungsbau dar: Welche Bauvorhaben gefördert werden und wie lange die Mietpreisbindung dauert, unterscheidet sich je nach Bundesland - 15 Jahre sind genauso möglich wie 35. Hinzu kommen lokale Förderprogramme, die sich auf einzelne Regionen beschränken sowie die Forderungen mancher Kommunen, geförderte und freifinanzierte Wohnungen in Objekten zu durchmischen.

Der Föderalismus und die Ansprüche mancher Kommunen sind teilweise ein großes Hindernis für privatwirtschaftliche Immobilienentwickler im sozial geförderten Segment, da sich diese von Projekt zu Projekt komplett neu ausrichten müssen. Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen eignen sich aktuell nur wenige Bundesländer wie zum Beispiel Nordrhein-Westfalen oder Hessen für ein institutionelles Immobilieninvestment im sozial geförderten Wohnungsbau. Berlin hingegen verfolgt eine zu restriktive Regulierung mit langen Preisbindungen und zahlreichen weiteren Auflagen, die ein privatwirtschaftliches Engagement beinahe unmöglich machen.

Stabiler Cashflow und Wertsteigerungspotenziale

Für defensiv und langfristig orientierte institutionelle Investoren handelt es sich beim sozial geförderten Wohnungsbau trotz dieser komplexen Vorbedingungen um eine relevante Anlagealternative. Dafür gibt es mehrere Gründe. Die Quadratmeterpreise fallen beim Ankauf deutlich niedriger aus als für frei finanzierte Projektentwicklungen in vergleichbarer Lage. Den moderaten Anfangsrenditen von zwei bis 2,5 Prozent für gemäß KfW-55-Energiestandard errichtete, sozial geförderte Wohnimmobilien steht eine äußerst hohe Stabilität gegenüber: Der große Nachfrageüberhang und die langen Wartelisten sorgen dafür, dass in den Immobilien höchstwahrscheinlich über die gesamte Zeitspanne der Mietpreisbindung hinweg Vollvermietung herrscht.

Wichtig dabei sind zwei Punkte: Erstens sollte der Eigentümer - beziehungsweise seine Hausverwaltung - ganz wie bei klassischen Wohninvestments die Möglichkeit zur Mieterauswahl besitzen. Zweitens sollte die Mietpreisbindung einen Zeitraum von 15 bis maximal 20 Jahren nicht überschreiten. Denn nach Auslaufen der Bindung kann die Miete im gesetzlich erlaubten Rahmen an die marktüblichen Preisniveaus angepasst werden. Dies wiederum erhöht auch die Verkehrswerte der Immobilien enorm und schafft günstige Voraussetzungen für einen möglichen späteren Verkauf.

Hinzu kommt, dass vor allem Stiftungen, Versorgungswerke oder Pensionskassen nicht mehr nur ökologische, sondern insbesondere auch soziale Nachhaltigkeitskriterien verfolgen. Der sozial geförderte Wohnungsbau bietet für diesen "Mission-Investing-Ansatz" eine Alternative für das Immobiliensegment. Das gesamtgesellschaftlich relevante Problem könnte zumindest angegangen werden, wenn diese institutionellen Gelder für den sozial geförderten Wohnungsbau aktiviert werden, die ansonsten womöglich in anderen Anlageformen allokiert würden.

Das Produkt: entweder in Reinform oder zur Beimischung

Ein entsprechendes Fondsprodukt als offener Spezial-AIF kann anteilig oder vollständig aus sozial geförderten Wohnimmobilien bestehen. Für einen Mischfonds eignen sich zum Beispiel Inklusionswohnungen, Wohneinheiten mit Generalmietverträgen mit sozialen beziehungsweise karitativen Einrichtungen - wie beispielsweise kirchlichen Institutionen - oder auch studentisches Wohnen im bezahlbaren Segment. Hier sollte der Fondsmanager jedoch genau darauf achten, dass sämtliche Immobilientypen die ESG-Kriterien (Environment, Social and Governance) der Investoren erfüllen. Bei einem zu stark gemischten Portfolio kommt es hierbei eventuell zu Widersprüchen, weshalb der Fonds für einige Akteure zu speziell oder aus Governance-Gründen nicht mehr investmentfähig wäre.

Bei einem Fonds, der einzig aus sozial geförderten Wohneinheiten besteht, bietet sich eine Mischung aus Neubauprojekten und Bestandsimmobilien an. Auf diese Weise kann während der Bauphase der Projekte bereits ein positives Fondsergebnis aus den Bestandsobjekten erwirtschaftet werden. Wird ein entsprechendes Portfolio so strukturiert, dass sowohl Projektentwicklungen als auch Bestandsobjekte mit unterschiedlichen Restbindungslaufzeiten angekauft werden, lässt sich ein Produkt mit einem stetigen Cashflow schaffen, der sich nach und nach steigert, und sich die relativ niedrige Anfangsrendite konstant positiv entwickelt.

Mischung aus Neubau und Bestand ermöglicht Diversifizierung

Auf diese Weise lässt sich ein Fonds auch überregional diversifizieren - trotz teilweise deutlich unterschiedlicher Preisbindungsdauer. Und im Sinne einer Risikostreuung kommen auch Objekte in Bundesländern infrage, die für sich allein genommen nicht unbedingt attraktive Zielregionen für Investments in den sozial geförderten Wohnungsbau darstellen.

Zudem ermöglicht es eine Mischung aus Neubau- und Bestandsimmobilien in manchen Fällen auch, die Projekte höher zu beleihen, um die Förderdarlehen voll auszuschöpfen. Auf Fondsebene existieren für institutionelle Investoren übrigens keine besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich von denjenigen konventioneller Wohnimmobilienfonds unterscheiden würden.

Die Zielgruppe für einen solchen Fonds besteht hier klar in Investoren wie Stiftungen, Kirchen oder langfristige institutionelle Anleger, die stark am Gemeinwohl orientiert sind. Vor diesem Hintergrund ist ein geringeres Mindestinvestitionsvolumen als bei klassischen Spezialfonds sinnvoll, damit sich beispielsweise auch kleinere Stiftungen beteiligen können. Für internationale Akteure, die vor allem unter dem Gesichtspunkt des Werterhalts investieren, ist das Produkt aufgrund seiner komplexen rechtlichen und politischen Vorbedingungen in aller Regel jedoch schwer zu vermitteln.

Warum nur als Spezialfonds?

Es klingt beinahe wie eine Utopie: Ein Sparprodukt für die breite Gesellschaft, das den sozial geförderten Wohnungsbau ankurbelt. Vorerst wird dies zumindest in Reinform jedoch nicht zur Realität, da ein entsprechendes Fondsprodukt nur dann die oben erwähnte Rendite von zwei bis 2,5 Prozent erhält, wenn es so die möglichen Förderdarlehen maximal ausschöpft.

Die schärferen Eigenkapitalregulierungen für offene Publikumsfonds würden einen Fonds, der allein aus sozial geförderten Wohneinheiten besteht, unwirtschaftlich machen. Als Beimischung in einen defensiv orientierten Publikumsfonds jedoch eignen sich Immobilien im preisgebundenen oder preisgedämpften Segment ideal. Für Fondsmanager wird es daher sowohl im institutionellen als auch im privaten Segment in Zukunft immer wichtiger, Produkte und Zugänge zum sozial geförderten Wohnungsbau zu schaffen, die sowohl unter ökonomischen als auch sozialen Kriterien den Vorstellungen der Anleger entsprechen.

DER AUTOR THOMAS MEYER Vorsitzender des Vorstands, WERTGRUND Immobilien AG, München
Thomas Meyer , Vorsitzender des Vorstands, WERTGRUND Immobilien AG, München
Noch keine Bewertungen vorhanden


X